Praxis
Zwei Bassdrums und ein Floortom dienen als Schallquellen
Wie die meisten modernen Bassdrum-Mikrofone ist das ND68 ein Plug-and-Play-Teil ohne Allüren. Lob verdient der Clip, welcher das Mic am hinteren, verjüngten Teil umschließt und daher nicht dessen Gesamtbreite vergrößert. Das minimal größere Gehäuse fällt ebenfalls nicht negativ auf, zumal die Korbbreite identisch zum Vorgängermodell ist. Praktischerweise verwende ich das alte 868 selber seit Jahren, weshalb der direkte Vergleich naheliegt. Als weiteres Referenzgerät kommt ein für die Bassdrum-Abnahme optimiertes Großmembran Kondensatormikrofon zum Einsatz, das Sontronics DM 1-B. Obwohl für den Bassdrum-Einsatz vorgesehen, würde ich beide Modelle eher zu den neutaleren Vertretern ihrer Art zählen. Um den Test abzurunden, habe ich alle Soundfiles zudem mit einem Subkick eingespielt, ein zu einem Subbass-Mikro umfunktionierten Lautsprecher der Firma Solomon. Als Klangquellen dienen mir zwei unterschiedlich gebaute Bassdrums, einmal eine kleinere Buchen-Variante der Firma Wahan in 20×14 Zoll sowie eine große Acryl-Bassdrum in 24×13 Zoll, ebenfalls vom Mainzer Trommelbauer. Beide Instrumente sind nur wenig bedämpft, wobei die kleinere Holz-Bassdrum eher als Allrounder zu verstehen ist, während die große Acryl-Wumme ordentlich Luft bewegt und einen eher klassischen, mittigen Ton erzeugt. Am Standtom kamen sowohl das ND68 als auch der Vorgänger zum Einsatz, hier diente mir ein Pearl Masters Tom aus Birkenholz mit Verstärkungsreifen als Sound-Quelle.
Das ND68 formt den Sound weniger vor als einige Konkurrenten
Schon der Soundcheck offenbart es: Das neue ND68 ist weder ein Allrounder nach Art des RE20 oder Sennheiser MD 421, noch ein brutaler „Sound-Former“ vom Schlage eines Beta 52A oder gar Audix D6. Electro-Voice verfolgen offenbar weiter den Weg, den sie mit dem N/D 868 eingeschlagen haben: Vorformung ja, extreme Kick- und Bassanhebung nein.
Klangbeispiele mit der 20 Zoll Wahan Buche Bassdrum
Die kleinere Holz-Bassdrum ist mit einem klaren, eher tief gestimmten Powerstroke 3 Schlagfell sowie einem Renaissance Ambassador Resonanzfell mit sechs Zoll großer Ventilationsöffnung ausgestattet. In dieser Öffnung wurden auch die Mikrofone positioniert. Im Inneren der Trommel liegt ein Stück Schaumstoff, welches beide Felle leicht bedämpft. Insgesamt liefert das ND68 einen runden, aufgeräumten Ton mit schneller Ansprache. Sehr gut gefällt mir persönlich die Natürlichkeit und Dynamik, die es offen und realistisch klingen lassen. Im Vergleich mit dem 868 muss man zunächst genauer hinhören, um einen Unterschied wahrzunehmen. Dann wird aber deutlich, dass das ND68 straffer in den Bässen und etwas aufgeräumter in den Mitten und Höhen rüber kommt. Gerade bei den Übersprechungen von Snare und Hi-Hat hat das 868 etwas mehr „Dosencharakter“. Im Verbund mit den anderen Mikros wirkt die aktuelle Version etwas frischer und sauberer, wenngleich es sich hier wirklich nicht um Welten handelt. In Kombination mit dem Subbass Solomon klingt das Sontronics am natürlichsten, für welches Mikrofon man sich aus dem Trio in diesem Fall entscheidet, bleibt allerdings eine Frage der konkreten Anwendung und im Übrigen Geschmackssache. Hier habe ich euch alle Mikros jeweils solo, im Kontext mit Overheads sowie mit dem Solomon Subkick aufgenommen.
Klangbeispiele mit der 24 Zoll Wahan Acryl-Bassdrum
An der großen Acryl-Bassdrum habe ich eine klassische Fellbestückung gewählt, mit klaren Ambassadors auf Schlag- und Resonanzfellseite. Auch diese Bassdrum ist leicht bedämpft, klingt durch die Größe und etwas höhere Stimmung allerdings offener und mittiger als die kleine Holz-Bassdrum. Es gibt außerdem ein vier Zoll großes Luftloch, die Mikrofone stehen allerdings vor dem Resonanzfell mit einem Abstand von etwa fünf Zentimetern.
An der großen Bassdrum klingt das Mikrofon ebenfalls relativ natürlich
Auch hier wird sofort deutlich, dass es sich beim ND68 nicht um eine komplette Neuentwicklung oder gar eine Alternative zum alten N/D 868 handelt. Beide Mikrofone besitzen im Grunde die gleiche Sound-Charakteristik, interessant ist, dass eine mittige Störfrequenz des Resonanzfells vom neuen Modell klarer übertragen wird. Ein kürzlich getestetes Sennheiser e602 II hat diese Tuning-Unsauberkeit stark kaschiert, im Falle des heutigen Kandidaten hätte der Tonmensch zum EQ greifen müssen. Das ist natürlich nicht dem Mikrofon anzulasten, denn der natürlichere Klang ist schließlich gewollt. Er bedeutet im Umkehrschluss, dass zur Bearbeitung mehr Möglichkeiten vorhanden sind als bei einem stark mittenbegrenzten Modell wie eben dem genannten Sennheiser oder auch dem Audix D6. Das ND68 kann also als Alternative für all jene Drummer und Sound-Leute betrachtet werden, die es mögen, wenn ihnen das Mikrofon an der Bassdrum ein bisschen EQ-Arbeit abnimmt, ohne den Klang zu stark in Richtung Subbass und Attack vorzuformen.
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Am Floortom betont das ND68 den Körper der Trommel
Sehr gut gefällt mir das ND68 auch am Test-Floortom, welches mit einem klaren Ambassor auf der Resonanz- und mit einem beschichteten Emperor-Fell auf der Schlagseite ausgestattet ist. Der Attack klingt weich und natürlich, der etwas straffere Charakter im Gegensatz zum 868 macht sich hier deutlicher bemerkbar als an den Bassdrums. Im Kontext entsteht ein luftiger, groß klingender Tomsound, der den Körper der Trommel betont, ohne aufgesetzt zu wirken.