Der Elektron Analog Four ist in bester Gesellschaft: Die Produkte der Groovebox-Experten aus Schweden gelten in Fachkreisen längst als Studiostandards. Mit ihren innovativen Konzepten und ihren flexiblen und zugleich intuitiven Step-Sequencern haben die Machinedrum, die Monomachine und der Octatrack jede Menge Freunde gefunden. Nun setzen die Schweden mit dem Analog Four noch einen drauf: Der Neue tritt mit einer analogen Klangerzeugung an, die gleich vierfach vorhanden ist und mit dem bewährten Sequencer kombiniert wurde. Das müssen wir ausprobieren!
Dass echte analoge Technik nicht erst seit gestern wieder im Kommen ist, ist spätestens mit dem gerade angekündigten Korg MS20 mini inzwischen auch bei den großen Herstellern angekommen. Die Pionierarbeit leisteten aber wie immer die „Kleinen“. Mit Elektron hisst jetzt eine Firma das analoge Banner, die ihrerseits durchaus als Wegbereiter auf einem anderen Spezialgebiet, nämlich „Groove-Kisten mit Charakter, Style und vielen Möglichkeiten“, gelten kann. Glückt die Kombination von Analogsound und Groovebox-Knowhow?
Details
Konzept
Da dieses Detail für einige Interessenten das Potential zum „Dealbreaker“ haben könnte, möchte ich gleich zu Beginn etwas klarstellen. Der Analog Four wird von Elektron als „4 Voice Analog Synthesizer“ bezeichnet und beworben. Also dachte ich im ersten Moment an einen Synth, mit dem man vierstimmig polyphone Sounds wie Pads, Strings und dergleichen erzeugen kann. Ich hatte mich getäuscht! Der Analog Four ist kein vierstimmiger Synthesizer im engeren Sinne, vielmehr müsste man ihn als „vierfach monophon“ bezeichnen. Es gibt vier Tracks, die jeweils einen monophonen Sound beherbergen können. Einen Poly-Mode wie zum Beispiel beim Vermona perFOURmer MKII, der die vier Stimmen zusammenschaltet und polyphon spielbar macht, gibt es derzeit nicht. Daher finde ich die Produktbezeichnung etwas irreführend. Doch das soll der Neugier auf das Instrument keinen Abbruch tun! Übrigens ist auf der Elektron-Website zu lesen, dass durchaus über einen solchen Modus nachgedacht wird – vielleicht wird diese Funktion ja mit einem zukünftigen Update nachgerüstet.
Update: Zeitgleich mit der Vorstellung des Analog Keys hat Elektron ein Software-Update für den Analog Four herausgebracht, das diesen Umstand behebt. Inzwischen ist der Analog Four tatsächlich vierstimmig polyphon spielbar.
Die Klangerzeugung des Analog Four umfasst vier monophone, analoge Synthesizerstimmen, die jeweils ihren eigenen Track im Sequencer einnehmen. Pro Stimme gibt es zwei Oszillatoren, die jeweils um einen zuschaltbaren Suboszillator bereichert werden können, sowie einen Rauschgenerator. Weiter geht’s mit zwei in Reihe geschalteten Filtern mit dazwischen angeordnetem Overdrive, einem VCA mitsamt Hüllkurve, zwei weiteren Envelopes und zwei LFOs. Der Audio-Signalweg von den Oszillatoren bis zum Ausgang ist vollständig analog. Die Modulatoren wie Envelopes und LFOs arbeiten hingegen digital. Das gilt auch für die Effektabteilung, die aus drei globalen Sendeffekten (Chorus, Delay und Reverb) besteht.
Elektron-typisch ist die Klangerzeugung eng mit dem von anderen Geräten des Herstellers bekannten Step-Sequencer verknüpft. Den Analog Four ohne seinen eingebauten Sequencer zu benutzen, macht wenig Sinn (und wenig Spaß). Sämtliche Parameter der Synthesizer-Tracks und der Effekte, für deren Automation eine gesonderte Sequencer-Spur vorhanden ist, lassen sich sequenzieren und per Parameter-Lock auf Wunsch auf jedem Step ändern. Über eine sechste Sequencer-Spur lassen sich CV-/Gate-Instrumente steuern, die an den entsprechenden Ausgang angeschlossen sind. So kann man den Analog Four auch einsetzen, um analogen Kisten aus der Vor-MIDI-Ära das Grooven beizubringen. Alle Programmierungen und Bearbeitungen können bei laufendem Sequencer durchgeführt werden. Das macht Lust auf Jamsessions und Live-Performances. Wie bei seinen Geschwistern ist der Sequencer beim Analog Four also mindestens genauso charakterstiftend wie die Klangerzeugung.
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Bedienoberfläche
Der Elektron Analog Four kommt in einem liebevoll gestalteten Karton. Außer dem Synth selbst kommen ein Netzteil, ein USB-Kabel und eine gedruckte Kurzanleitung zum Vorschein. Die vollständige Bedienungsanleitung gibt’s als PDF zum Herunterladen, und da der Synth trotz seiner Kompaktheit recht komplex ist, möchte ich das auch unbedingt empfehlen.
Der Analog Four steckt in einem stabilen Metallgehäuse, das in den Abmessungen mit dem Octatrack identisch ist. Die Verarbeitung des Gehäuses ist im Vergleich zu so manchem Konkurrenzprodukt als exzellent zu bezeichnen. Lediglich an den Drehknöpfen sollte man wohl nicht zu sehr herumbiegen. Alles andere wirkt ausgesprochen haltbar und road-tauglich. Die Taster sind nicht aus diesem Gummizeugs, sondern oldschool-mäßig aus festem Plastik und lassen sich recht weit hineindrücken. Das ist Geschmackssache – ich finde es gut, weil man bei jedem Tastendruck auf eine angenehme Art an die Zuverlässigkeit und Robustheit eines alten Telefons erinnert wird, inklusive Klappern. Die Potikappen sitzen fest und sind aus einem rutschfesten Kunststoff.
Links oben finden wir zunächst den Regler für die Gesamtlautstärke. Weiter rechts folgt ein Level-Knopf, der zur Lautstärkeregelung der einzelnen Tracks und allgemein zur Werteingabe genutzt wird. Daneben liegt das hintergrundbeleuchtete Display, das mit 122×32 Pixeln ziemlich dürftig ausfällt und sogar kleiner als das des Octatrack ist. Unterhalb der Anzeige liegen vier Cursor-Taster und Yes/No-Buttons, die zur Navigation durch die Menüs dienen.
Vorrang bei der Platzvergabe auf dem Bedienpanel hatten die Echtzeit-Bedienelemente in Form der zehn Endlos-Drehregler rechts vom Display. Über sie wird der Synthesizer programmiert. Die Regler haben zusätzlich eine Druckfunktion, die zur schnelleren Werteingabe dient: Hält man den Regler gedrückt, kann man mit wenig Regelweg drastische Veränderungen vornehmen, während die Regler in der Normalstellung sehr fein auflösen und genaue Änderungen sowie Verläufe ohne hörbare Rasterung erlauben. Clever gelöst! Über die neun Taster unterhalb dieser Regler wählt man die Reglerbelegung aus. Die drei hellgrauen Buttons Perf, Arp und Note rufen die Belegungen für den Performance-Mode, den Arpeggiator und die Bearbeitung einzelner Noten auf. Die sechs dunkelgrauen Knöpfe schalten zwischen den einzelnen Bausteinen des Synthesizers um, deren Parameter dann jeweils mit den Drehreglern editiert werden können: Oszillatoren, Filter, Amp, Hüllkurven und LFO. Auf den beiden zusätzlichen Sequencer-Spuren für die Effekte und CV haben diese Knöpfe andere Funktionen, die zusätzlich aufgedruckt sind. Über die Taster ganz am rechten Rand wählt man die jeweilige Spur aus, die man bearbeiten möchte. Neben Knöpfen für die vier Synth-Tracks gibt es hier je einen Button für die Effektspur und die CV-Spur. In Verbindung mit dem Function-Taster dienen diese Knöpfe auch dazu, die Tracks zu muten. Mit dem anders eingefärbten Transpose-Knopf kann man den Analog Four transponieren, wobei einzelne Tracks von der Transposition ausgenommen werden können.
Wandert man jetzt mit dem Auge nach links, so fallen 13 Taster auf, die wie eine Klaviertastatur angeordnet sind. Sie dienen der Zuweisung von Tonhöhen zu Sequencer-Steps. Außerdem kann man den ausgewählten Synth-Part über diese „Klaviatur“ live spielen – aber natürlich nicht anschlagdynamisch. In ihrer Zweitfunktion rufen die „weißen“ Tasten verschiedene Menüs auf, die zum Laden und Speichern von Kits, Sounds, Pattern und Songs dienen und Zugriff auf den Klick, Swing und globale Einstellungen bieten. Weiter links finden wir die drei zentral angeordneten Transport-Knöpfe Record, Play und Stop. Ganz im Westen befindet sich die Abteilung „Pattern-Auswahl und Arrangement“. Über den Bank Group-Taster und die vier Bank-Knöpfe erreicht man die acht Pattern-Bänke, die jeweils 16 Patterns beheimaten. Diese werden im Anschluss mit den 16 Step-Tastern des Sequencers ausgewählt, wofür ein Zeitfenster von ca. vier Sekunden nach dem Drücken eines Bank-Buttons zur Verfügung steht. Danach wechseln die Step-Taster wieder in ihren angestammten Modus. Über dem Bank Group-Knopf befindet sich der Function-Taster, über den man die zahlreichen Doppelbelegungen der Bedienelemente erreicht. Außerdem finden wir hier die Buttons für die Song– und Chain-Modi sowie einen Tempo-Knopf, der eine Tempoansicht öffnet und auch als Tap-Button dienen kann. Den Abschluss machen die 16 Step-Taster ganz unten. Da ein Pattern bis zu 64 Steps umfassen kann, gibt es auf der rechten Seite noch einen Page-Taster, mit dem man zwischen den verschiedenen Seiten umschaltet. In seiner Zweitfunktion Scale ruft er ein Menü auf, mit dem man Pattern-Länge und Taktart „on the fly“ verändern kann, auch bei laufendem Sequencer.
Viele Knöpfe werden von mehrfarbigen LEDs begleitet, die durch verschiedene Farben, Blinken und Pulsieren auf die unterschiedlichen Betriebszustände aufmerksam machen. Das hat sich der Analog Four beim Octatrack abgeguckt, wo mein Kollege Numinos bereits feststellen musste, dass das Ganze trotz des Farbenspiels manchmal etwas unübersichtlich bleibt. Dennoch helfen die Farben bei der Orientierung und zeigen auf einen Blick, wo gerade etwas passiert.
Uff – wenn ihr mir bis hierher folgen konntet, ahnt ihr vielleicht schon, dass der Analog Four eine komplexe Kiste ist, deren Bedienung sich nur zum Teil sofort erschließt. Möchte man ihn wirklich durchschauen, kommt man nicht um das Lesen der ausführlichen Anleitung herum. Doch dann beginnt es ziemlich schnell, ziemlich viel Spaß zu machen. Wir sind auch fast so weit, loslegen zu können, es fehlt nur noch der Blick auf die Rückseite.
Anschlüsse
Hier tummeln sich der Power-Schalter und die Anschlüsse. Neben dem Eingang für das Netzteil sind das der Reihe nach eine USB-Buchse für die Verbindung zu einem Computer, ein klassisches MIDI-Trio, wobei Out und Thru auch als DIN-Sync-Ausgänge konfiguriert werden können, und zwei CV-Ausgänge, deren TRS-Buchsen bei Verwendung von Insert- bzw. Y-Kabeln jeweils zwei unabhängige CV-Signale liefern können (CV A/B und C/D). Es lassen sich also vier einzelne Steuerspannungen für die Steuerung verschiedener Parameter eines oder mehrerer analoger Synthesizer generieren. Danach folgen die Buchsen für die Stereo-Ein- und Ausgänge, die jeweils als Klinken-Paare ausgeführt sind. Die Ausgangsbuchsen sind symmetrisch. Den Abschluss macht ein Kopfhörerausgang. Einzelausgänge für die vier Synth-Tracks sucht man leider vergeblich. Schade, vor allem im Studio wären diese doch sehr sinnvoll!
Das mit der Betriebssystem-Version 1.03 ausgestattete Testgerät hängte sich übrigens regelmäßig auf, wenn es über USB an einen Computer angeschlossen war, solange auf dem Rechner keine Musiksoftware lief. Mit einer laufenden DAW-Software verschwand das Problem. Ich habe deshalb mit Elektron Rücksprache gehalten und die Zusage bekommen, dass “sehr bald” mit einem Update zu rechnen sei, das diesen Bug behebt.
Atsushi Hoshiai sagt:
#1 - 02.07.2013 um 01:14 Uhr
Dass die Rechteckschwingung nichts mit einem Rechteck zu tun hat, stimmt nicht ganz. So sieht ein hochpassgefilterter Recheck aus. Bildlich (sprich im Zeitbereich) vorstellen kann man sich das ganz grob folgendermaßen: Gleichspannung oder sehr niedrige Frequenzen werden bekanntlich durch den Hochpass herausgefiltert. Und das sind in einer Rechteckschwingung die horizontalen Geraden in der oberen und unteren Halbwelle. Diese werden dann zum Nullpunkt gezogen (die Krümmung kommt durch das Entladen des Kondensators im HP-Filter zustande), wobei genau der Verlauf entsteht, wie im Test dargestellt..