Wirft man einmal einen genaueren Blick auf die Geschichte der elektronischen Drums, kommt man an einem der legendärsten, innovativsten und leistungsstärksten Hersteller von perkussiven MIDI-Controllern nicht vorbei: KAT Inc. Deren langjähriges Flaggschiff – das DrumKAT – definierte für viele Jahre, vor allem in den USA, den Standard schlechthin, wenn es um den Einsatz von elektronischen Drumsounds im Studio und auf der Bühne ging. Begründet wurde diese Vorherrschaft vor allem durch drei Faktoren: Die von KAT Inc. entwickelte FSR-Technologie (Force Sensing Resistors), die die Ansprache und das Spielgefühl der Pads auf ein gänzlich neues Niveau gehoben hat, die kreativen Möglichkeiten, die sich durch die komplexen „Advanced“- und „Melodic“-Modes für den Spieler eröffneten, sowie die stabile, panzerartige Gestalt und Verarbeitung des Controllers im Stahlgehäuse.
KAT Inc. wurde 1979 in Chicopee, MA, gegründet. Viel mehr über die Gründer und Anfangstage der US-amerikanischen Company ist allerdings kaum herauszubekommen. Deshalb ist auch nicht ganz klar, wann das erste DrumKAT produziert wurde. Sicher ist aber, dass aus KAT Inc. 1995 „Alternate Mode“ wurde, der Sitz der Firma blieb weiterhin in Chicopee, Massachusetts, bestehen, und der Percussionist und Innovator Mario DeCiutiis leitete von da an bis heute die Geschicke der Firma. Neben dem hier und heute im Fokus stehenden DrumKAT entwickelte und produzierte Alternate Mode einige weitere legendäre perkussive MIDI-Controller (MalletKAT, TrapKAT), die sich vor allem im modernen klassischen Bereich und in Theatern bis heute großer Beliebtheit erfreuen und noch immer in vielen Orchestergräben der Welt zu finden sind. Das DrumKAT ist ein reiner MIDI-Controller, das heißt es produziert keine eigenen Klänge, sondern muss einen Klanggeber ansteuern. Dies kann entweder eine Hardware-Soundbank, ein Hardware-Synth, eine Drummachine oder ähnliches sein. Seit einigen Jahren sind natürlich auch die Software-Lösungen dazu gekommen, so dass man auch einen Rechner als Klanggeber nutzen kann. Allerdings verfügt das DrumKAT über keinen USB-Anschluss, alle Verbindungen aus dem Controller heraus und in den Controller hinein laufen über klassische MIDI-Kabel-Verbindungen.
Ansprache und Spielgefühl der FSR-Pads
Auch wenn mein DrumKAT 3.8, welches ich ca. 2003 bei AM erworben hatte, heutzutage weniger auf Bühnen und mehr im Projektstudio zum Einsatz kommt, stelle ich beim Spielen immer wieder erneut fest, dass es bis heute eigentlich keinen „Gummi-Pads-Controller“ gibt, der mit dem weichen, angenehmen Spielgefühl des KAT mithalten kann. Das reine Stock-auf-Pads-Schlaggeräusch ist sehr leise, und die Hände ermüden weniger schnell als bei anderen Pads.
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Seiner Zeit weit voraus
Mindestens genau so entscheidend wie Ansprache und Spielgefühl waren für den Erfolg des DrumKAT aber seine „inneren Werte“, beziehungsweise die verbaute Software. In einer Zeit, in der man noch nicht einmal davon zu träumen wagte, wozu heutige Rechner und Applikationen in der Lage sind, waren die Möglichkeiten des DrumKAT in Sachen MIDI-Kontrolle und -Flexibilität ihrer Zeit meilenweit voraus. Mit dem Controller lassen sich, je nach Software-Version, bis zu acht Noten „stacken“, also übereinander stapeln, was nicht nur fette Drumsounds, sondern auch das Spielen von Akkorden ermöglicht.
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Mehr InformationenIch beschreibe hier übrigens die Features des DrumKAT 3.8, der vor 20 Jahren entwickelten zweitstärksten und gängigsten Version. Früher gab es noch die Varianten DrumKAT EZ und DrumKAT 2.0, 3.0 und 3.5, diese haben im Vergleich zum 3.8 eingeschränkte Software-Möglichkeiten, sind aber dafür gebraucht deutlich billiger zu bekommen. In Richtung „Upgrade“ lässt sich ein DrumKAT 3.8 auch bis heute auf die Version „Turbo 4.5“ pimpen, welche dann über einen schnelleren Chip verfügt und neben einigen weiteren Extra-Features zum Beispiel bis zu 128 Noten auf einem Pad stapeln kann. Das Update ist allerdings eine ziemlich kostspielige Angelegenheit, insofern – besonders bedingt durch die eben bereits angesprochene Entwicklung der Computer und Musik-Softwares (DAWs) – werden wohl nur die wenigsten DrumKAT 3.5 / 3.8 Besitzer diesen Schritt heute noch machen.
Zurück zur Version 3.8: Die acht möglichen MIDI-Noten pro Pad lassen sich aber nicht nur stapeln („Multi Mode“), sondern auch im „Alternate Mode“, also im „wechselnden Modus“, hintereinander abrufen. Andere gängige Begriffe für dieses Verhalten sind „Round Robin“ oder „Cycle Mode“. Auch wenn Ihr als geneigte bonedo-Leser im Jahr 2017 vielleicht gar nicht verstehen könnt, was daran so außergewöhnlich ist beziehungsweise war, glaubt mir, es gab lange Zeit nichts Vergleichbares. Auf jeden Fall wissen wir jetzt auch, woher der Company-Name kommt. Darüber hinaus ist das DrumKAT in der Lage, angesteuerte Sounds durch Drücken eines Sticks oder auch der Hände / Finger in eine Spielfläche („Pressure Control“) zu halten, in der Tonhöhe („Pitch“) zu verändern oder durch Senden von MIDI CC’s anderweitig zu manipulieren – ein weiteres Feature, welches den Controller besonders bei Percussionisten und Drummern, die Melodien und Kompositionen für harmonische Instrumente performen wollen, zur Legende machte. Es gibt sogar eine „Breath-Controller-Funktion“, die es möglich macht, Klänge durch Atmen bzw. Pusten zu modifizieren, darüber kann ich aber keinerlei Erfahrungen mitteilen, da ich mir das dafür nötige Zubehör (Yamaha BC2) nie besorgt hatte. Neben den quasi unendlichen Einstellungsvarianten für jedes einzelne Pad (MIDI-Noten- und -Kanäle, individuelle Gate-Zeiten und Transponierungen im „Play Modus“) verfügt das KAT im „Song-Mode“ gar über einen internen Sequenzer mit Click, in dem der Controller vorbereitete Song-Strukturen, selbst gestaltete Motive („Motifs“) und somit ganze Performances abrufen kann – ein weiteres Feature, das durch die Rechner-Entwicklungen der letzten Jahre zumindest in den Hintergrund gerückt ist.
Ein kleines Display und zwei Fußschalter
Um auf die verschiedenen Modes zuzugreifen, beziehungsweise um überhaupt Einstellungen am DrumKAT vorzunehmen, muss man in das Innerste des Controllers „eindringen“. Das DrumKAT verfügt über ein einzelnes, recht kleines, zentral sitzendes Display, welches die schlichte Menüführung anzeigt, durch die man sich mit Hilfe von Fußschaltern und durch Anschlagen verschiedener Pads manövriert und seine Auswahl trifft sowie gespeicherte Kits aufruft. Das ist einerseits schon sehr old-schoolig, aber andererseits kein Problem und, wie ich finde, sogar ein kleines großes bisschen cool, weil man zum Editieren die Sticks nicht aus den Händen legen muss. Hat man sich einmal daran gewöhnt, ist es einfach, effektiv und stellt kein Hemmnis in Sachen Bedienung dar.
Viele Möglichkeiten zur Erweiterung
Das DrumKAT verfügt über eine stattliche Anzahl von zusätzlichen Ein-und Ausgängen, um den Controller, der ja bereits über zehn Flächen verfügt – die ein bisschen wie ein Katzenkopf mit Ohren gestaltet sind (aha, Drum-CAT …) -, zu erweitern. So lassen sich bis zu neun weitere Pads / Trigger an das KAT anschließen (zum Vergleich: Das allseits beliebte Roland SPD-S hat ganze zwei zusätzliche Trigger-Eingänge). Diese müssen nicht explizit KAT-Produkte sein, aber es gibt seit einigen Jahren wieder sehr gute Replikas der legendären stabförmigen KAT Pole Pads mit zwei Spielflächen (ebenfalls mit True FSR Technologie) sowie ein Kick Pedal namens F.A.T. Pedal und ein HiHat-Pedal namens H.A.T. Pedal. Für das zuletzt genannte befindet sich seitlich rechts am KAT eine weitere Eingangsbuchse. Wenn man also mag, lässt sich ein ziemlich großes „Drumset“ auf Basis des KAT Controllers zusammenstellen.
Eine stählerne Ikone – Über 30 Jahre im Geschäft
Das legendäre DrumKAT ist also ein Dinosaurier, der aber bis heute beeindruckt, wenn man ihn spielt. Dennoch ist das bahnbrechende Instrument auch ein Opfer der sich wandelnden Zeiten – ein Schicksal, das viele State-Of-The-Art-Innovationen im Laufe der Zeit ereilte. Die rasante digitale Entwicklung der letzten Jahre hat die einst einzigartigen Fähigkeiten des DrumKAT eingeholt. Heute lässt man meist nicht den Controller / das Multipad die Noten alternieren oder stapeln, sondern dies wird direkt in der Software, z.B. Ableton Live, erledigt. Dennoch bevorzugen viele Musiker es nach wie vor, auf Hardware zu setzen, also, wie zuvor beschrieben, die Sounds aus einem Hardware-Klanggeber anzusteuern anstatt einen Computer zu benutzen. Besonders in stationären Theaterproduktionen verlässt man sich bis heute lieber auf diese Variante, statt sich dem Risiko auszusetzen, einen Computer-Crash mitten in der Show zu erleben. Aber eine Antwort auf die Frage „was ist besser?“ vermag ich nicht zu geben, es ist ein Frage der Philosophie und des Umfeldes, in dem so ein Controller genutzt wird.
Das Alternate Mode DrumKAT bleibt ein beeindruckender MIDI-Controller, der bis heute in so manchem Aspekt seinesgleichen sucht. Ob es auch angesichts des recht gepfefferten Neupreises für ein solches „Legacy“-Gerät oder der dauerhaft stabilen ebay-Preise lohnt, die Anschaffung zu tätigen, muss jeder Trommler für sich entscheiden. Die Tatsache, dass viele illustre Kollegen (Vinnie Colaiuta, Dennis Chambers, Matt Chamberlain …) ihr DrumKAT bis heute einsetzen und auch sonst kaum jemand, der im Besitz eines KAT ist, dieses abgeben will – ich übrigens auch nicht – , erklärt vielleicht ein wenig die Faszination, die dieses verdiente Schlachtross der trommelnden MIDI-Welt auch nach mehr als 30 Jahren auf dem Markt auf seine Besitzer ausübt.
Technische Spezifikationen
- Hersteller & Vertrieb USA:
- KAT Inc., Chicopee, MA (Original), gegründet 1979
- Alternate Mode, Chicopee, MA (1995 – heute)
- Vertrieb Deutschland: drum-tec
- Herkunftsland: USA
- Merkmale:
- Percussion MIDI-Controller mit zehn Schlagflächen sowie neun weiteren Trigger-Eingängen
- True FSR Technology
- Preis:
- DrumKAT 3.8 neu: EUR 999,-
- gebraucht, z.B. ebay ca. EUR 400 – 600,-
- kleinere, ältere (Software)-Versionen (EZ / 2.0 / 3.0 ) ab EUR 150,