Bei Arranger-Keyboards, wie man sie aus den Häusern Yamaha und Korg, Casio und Ketron kennt sowie deren Entsprechungen aus der Mittel- und Einsteigerklasse, denkt man im ersten Schritt sie seien hauptsächlich für traditionelle Sounds wie Klavier, Streicher, Orgel und noch mehr für die Styles aus der Entertainer-Rubrik geeignet. Eigentlich wird man einer solchen „Einschränkung“ diesen immens vielseitig einsetzbaren Instrumenten nicht gerecht, denn ihre Sample-basierte Klangerzeugung bietet ähnlich, wie viele digitale Synthesizer, etliche Wellenformen und eine Architektur („subtraktive Synthese“) aus Oszillatoren, Filter, Hüllkurven und LFOs. Wenn du dich mit einem klassischen Synthesizer auskennst – umso besser.
In unserem Feature beleuchten wir einmal ein Thema, das man nicht unbedingt mit Instrumenten dieses Genres verbindet, nämlich, elektronische Musik mit dem Arranger-Keyboard machen. Dazu schauen wir uns das Spitzenmodell der Arranger-Keyboards von Yamaha Genos und den im preislichen Mittelfeld angesiedelten Korg Pa700 einmal näher an. Yamaha und Korg bezeichnen ihre beiden Arranger grundlegend als ‘Workstation’, da sie alle Klangsparten akustischer, wie auch elektronischer Sounds abdecken. Es lohnt sich in jedem Fall, das eigeneArranger-Keyboard einmal als echten Synthesizer zu betrachten und in eine neue Klangwelt einzutauchen. Genau dies werden wir mit Genos von Yamaha und dem Pa700 von Korg jetzt tun.
Styles und Sounds
Zur Einstimmung brauchst du dir zunächst einmal nur bestimmte Styles anzuhören. Bei einigen Arrangements wimmelt es nur so von elektronischen Klängen. Beim Yamaha Genos sind Wobbling-Sounds möglich, die vor allem durch DubStep (Style „DubStep“) vor rund zehn Jahren beliebt wurden, Hymnen aktueller elektronischer Tanzmusik (Style „EDM Anthem“) sind auch so schnell und souverän arrangiert wie der Retro-Klassiker „Oxygene“ (Style „6-8ClassicSynth“) von Jean Michel Jarre aus den 1970er Jahren.
Beim Korg Pa700 stoßen wir auf ein angesagtes Subgenre des HipHop (Style „Trap“). Mit der Musikant-Erweiterung lässt sich der 80er Hit „Enjoy The Silence“ von Depeche Mode (Style „Synth Pop 80s) zum Besten geben. Der 90er EuroDance aus Deutschland ist mit einem weiteren Arrangement (Style „Vain Dancer“) gut reproduzierbar. Hier die akustischen Kostpoben der erwähnten Styles aus dem Yamaha Genos und Korg Pa700. Das ist nur ein halbes Dutzend an Beispielen, tatsächlich gehen die Möglichkeiten über diese Auswahl weit hinaus.
Beim Genos sind in den Voice-Kategorien „Synth“ und „Synth/Legacy“ sowie auch in anderen Kategorien nicht wenige Klänge anzutreffen, die von einem Analogsynthesizer entstammen oder mit der FM-Synthese entstanden sind. Der Minimoog ist der Vertreter des Vintage-Sounds überhaupt und im Genos mit Soloklängen spielbar, wie auch die Streicher der Oberheim OB-Modelle. Wie von Yamaha erwartet, bekommst du auch einen tollen Stack aus DX Rhodes und SynthChor-Pad, der als „DX Dream“ betitelt ist. Zeitlos und zudem per Joystick (Filter) sehr expressiv spielbar ist die Voice „PowerOfEmotion“. Die breiten und fetten Sägezahn-Oszillator-Sounds (Stichwort: „Supersaw“ – Roland JP-8000) bieten, wie auch die Voice „VA-Attacks“ den Zündstoff für treibende elektronische Tanzmusik. VA bedeutet übrigens „Virtuell Analog“, auch die Klangästhetik der neueren Analog-Synthesizer mischt im Genos mit. Alle sieben Voices auf einen Schlag:
Für dich ausgesucht
Beim Korg Pa700 fallen noch einige „Rompler“-Sounds aus den späten 1980er Jahren positiv auf. Die Rede ist natürlich von den Klassikern Korg M1 und Roland D-50, die vor allem bei der Erweiterung namens „Musikant“ zum Tragen kommen. Zusammen mit der Effektsektion ergeben sich einige sphärische Retro-Sounds, selbst ein Pad der Korg Wavestation ist dabei, wie du den folgenden Audio-Demos entnehmen kannst:
Du musst dich mit diesen Presets nicht vollkommen zufriedengeben. Sowohl beim Yamaha Genos als auch beim Korg Pa700 sind die Klänge direkt am Gerät editierbar. Die wichtigsten Einstellungen für Filterund Hüllkurven sind jedenfalls vorhanden, die Effekte lassen sich oft noch ausführlicher programmieren.
Anders als bei einem monotimbralen Synthesizer, der wie ein Moog Minimoog, Yamaha DX7, Novation Peak und vielen anderen Geräten nur jeweils ein Sound gleichzeitig produzieren kann, hast du bei einem Arranger-Keyboard immer mehrere Sounds am Start. Daher lassen sich auch die bei einer Live-Performance so beliebten Split- und Layer-Sounds wie E-Piano/Streicher ziemlich einfach herstellen.
Ein Abfeuern von MIDI-Sequenzen und Samples, ebenfalls für DJ/Live-Einsatz wichtig, kannst du mit den Multi Pads der Arranger-Keyboards erledigen.
Spiel- und Arangierhilfen
Den Sound kontrollieren für mehr Lebendigkeit. Mit dem Joystick lassen sich Pitchbendings und auch Filtermodulationen spielend einfach realisieren. Bei den Arranger-Keyboards von Korg lässt sich sogar auch der berührungsempfindliche TouchView-Bildschirm als Controller werden und damit Effekte erzeugen, wie man sie vom Korg Kaoss-Pad kennt. Diese Funktion nennt sich natürlich entsprechend „KAOSS“, so auch beim Korg Pa700, mit dem wir dieses coole Feature anhand von zwei Style-Beispielen demonstrieren. Die Styles kommen idealerweise aus der elektronischen Popmusik, einen Tango oder Wiener Walzer möchte keiner „elektronifiziert“ hören. Auf der Kaoss-Seite stehen viele Presets bereits, mit denen du das komplette Groove-Arrangement rhythmisch und klanglich effektvoll im „DJ-Style“ bearbeiten kannst – dies alles live mit einem Fingerwisch auf dem Touchscreen. Der Reihe nach wenden wir acht verschiedene Presets an. Neben abgefahrenen Filtereffekten hörst du auch, wie sich ein Style in Richtung „Triolen-Groove“ verändern kann. Das Klangbild lässt sich also wirklich massiv verändern.
Elektronische Musik ist loop-basiert. Sie besteht oft aus zwei- oder viertaktigen Mustern, die wiederholt und variiert werden. Der Yamaha Genos bietet ab Version 2.0 eine praktische Hilfe, die sich „Chord Looper“ nennt. Er findet sich im Menü 1-Bereich. Du braucht zunächst keine eigene Chord Progression einspielen und aufnehmen. Nimm einfach das Preset „A Sky Full Of Stars“ mit schönen Akkordfolgen in Eb-Moll. Sie zeigen, wie der „Chord Looper“ verwendet werden kann. Wie zwei Strophen und der Chorus damit klingen, deutet das nächste Beispiel an.
Im Yamaha Genos befindet sich auch ein ausgefuchsterArpeggiator. Natürlich kannst du dir jede beliebige Voice zum Arpeggieren aussuchen, passende Sounds enthalten schon das Kürzel „Arp“ im Namen. Ordne eine Voice Right 1 zu, drücke auf die Menü-Taste und danach auf den Screen: „Kbd Harmony/Arp“ enthält mehrere Kategorien. Nicht nur die klassischen Auf- und Ab-Muster, sondern auch einige Raffinessen stehen bereit. Dazu gehören etwa die Arpeggio-Typen „Filter“ und „Gate“. Der erste Typ erzeugt rhythmische Filtermodulationen und „Gate“ ist zum „Zerhacken“ von Flächen gedacht, so wie es bei Trance-Produzenten in Mode gekommen ist. Wir halten einen simplen Analog-Synthklang und probieren verschiedene Arpeggio-Muster aus.
Klangerweiterungen
Erweiterungssoftware von Easy Sounds für Yamaha-Keyboards
Wer noch einen Schritt weitergehen möchte, kann sich mit Hilfe des Yamaha Expansion Managers, einer kostenfreien Software für PC und Mac, seinen eigenen Synthesizer bauen. Dabei werden zunächst beliebige Samples importiert. Hierfür kann eine Software wie „Sample Robot“ praktisch sein, insbesondere, wenn komplette Multisamples geladen werden sollen. Anschließend kann wie bei einem „echten“ Synthesizer mit Filter, Hüllkurven, LFOs und Effekten die eigentliche Klangprogrammierung beginnen. So hat zum Beispiel Sound-Designer Peter Krischker eine Reihe von Expansion Packs entwickelt, die unter dem Label „Easy Sounds“ angeboten werden und dem Genos (und andere Arranger-Keyboards wie PSR-X900/700 oder Tyros5 von Yamaha) ein beachtliches Synthesizer-Potenzial verleihen. Ein Pack enthält jeweils neue Multisamples, Expansion Voices und Registrations.
Die klassischen Voices des Yamaha DX7 setzen einen Akzent beim Expansion Pack „FM Xpanded“. Beim Sampling sind Komponenten (wie Attack- oder Haltephase) einer Voice einzeln aufgezeichnet und später als einzelne Samples zusammengesetzt worden. Dies ermöglicht eine höhere Klangdynamik als das herkömmliche Aufzeichnen kompletter FM-Sounds. Easy Sounds spricht von einem „Sample Partial Programming (SPP). Einige brillante FM-Rhodes-Sounds sind im Video zu erleben:
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Mehr Informationen„Phat Analog“ und „Analog Xperience“ bieten Samples von Moog Minimoog, Roland Jupiter-8, Oberheim Matrix-12, Clavia Nordlead und Access Virus.
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Mehr InformationenFür elektronische Tanzmusik, insbesondere für Synthpop und Trance, gibt es das Set „Magic Dance“.
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Mehr Informationen„Dreamscapes“ beschäftigt sich vorrangig mit entspannter Downbeat-Musik wie Chillout, Ambient oder Lounge.
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Mehr InformationenMusikant Erweiterungssoftware für Korg Pa700
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Weitere InformationenAuch der Korg-Shop bietet eine große Auswahl an Sounds und Styles für die Arranger-Keyboards der Korg Pa-Serie. Hier lohnt es sich einmal vorbei zu schauen um Styles unterschiedlichster Genres zu erhalten.
Schlusswort
Schuld ist nur der Bossa-Nova? Nein ist es das Image, denn zu Unrecht wird das Arranger-Keyboard noch immer gern als „Tischhupe“ belächelt. Beim näheren Hinsehen steht ein Yamaha Genos einer ausgewiesenen Synthesizer-Workstation kaum nach. Auch die Produkte der Korg Pa-Serie sind fürs Produzieren und Performen elektronischer Popmusik ergiebig. Die besten Ergebnisse zeigen sich in den Retro-Synth-Sparten. Zugegeben, kein DJ wird sich nun mit einem Arranger-Keyboard vors Publikum trauen, zumindest im Home- oder Projektstudio lässt sich aber mit einem Genos & Co schnell und überzeugend Mainstream-Elektronik-Tracks arrangieren und individuelle Synthesizerklänge programmieren. Gerade auch fürs Engagement in einer Coverband kannst du dich mit den Split- und Layerkreationen eines Arranger-Keyboard ausstatten. Es lohnt sich also durchaus, als Synthesist, Keyboarder oder Produzent einmal aus der Reihe zu tanzen und mit einem Arranger zu arbeiten.