PRAXIS
Das Stream Deck+ ist superschnell an Start. Einfach von der Elgato Website die Software Stream Deck und WaveLink herunterladen, installieren, das Gerät per USB-Kabel anschließen und schon kann’s losgehen. In der Software wählen wir das zu kontrollierende Stream-Deck an und schon liegt uns eine 1:1 Repräsentation des physikalischen Decks vor. Alle Konfigurationen in der Software sind sofort auf der Hardware sichtbar und nutzbar. Stark!
Die Software
Damit wir was zum Kontrollieren haben, müssen wir das Deck mit Inhalten füttern und die finden wir im Stream Deck Store. Den erreichen wir über das kleine Stream Deck Icon mit dem blauen Plus oben rechts in der Stream Deck Software.
Dort stehen Hunderte (oder gar Tausende?) Plugins und Icons, aber auch lizenzfreie Musik und Soundeffekte kostenfrei zur Verfügung. Das Angebot ist natürlich sehr auf das Kerngeschäft Streaming, Video und Social Media ausgelegt (OBS Studio, Streamlabs, Twitch, YouTube, Discord, DaVinci Resolve), aber auch für Business und Produktivität gibt es viele vorgefertigte Plugins (PowerPoint, Keynote, Zoom, Mail). Für Musiker ist das Angebot noch nicht ganz so üppig. Immerhin gibt es Plugins für Cubase und Nuendo. Essentiell ist jedoch das MIDI-Plugin.
Elgato Stream Deck+ MIDI-Plugin
Um das Stream Deck+ für MIDI-Anwendungen fit zu machen, laden wir aus dem Stream Deck Store das kostenfreie StreamDeck MIDI-Plugin herunter, das alle nötigen Funktionen zur Konfiguration des Stream Deck+ zur Verfügung stellt, sowohl für Buttons als auch für die neu eingeführten Regler.
Es wurde nicht von Elgato, sondern von Trevliga Spel erstellt und ist sowohl für Windows als auch für MacOS verfügbar. Hiermit können Buttons und Drehregler so konfiguriert werden, dass sie exakt zur zu kontrollierenden Anwendung passen. Nur die Standalone-Kontrolle von Hardware mit USB-Host-Fähigkeiten wie Native Instruments Maschine+ geht leider nicht, weil Elgatos Stream Decks stets zwingend die Stream Deck Software zum Betrieb benötigen. Hey Elgato, baut doch mal nen Preset-Flash-Speicher in eure Stream Decks ein!
In diesem Video der Entwickler Trevliga Spel aus Schweden werden die vielfältigen Möglichkeiten gut gezeigt und machen sofort Lust auf eigene Kreationen
Setup-Ideen für das Elgato Stream Deck+
Nach einigem wildentschlossenen Editieren erst mal große Freude, weil alles so klasse funktioniert. Der Spotify-Play/Pause-Button z. B. zeigt beim Abspielen auch das Titelbild des laufenden Songs oder Podcasts. Der Taste, die mich auf das Ableton Profil führt, unterlege ich einfach ein JPEG des Ableton Logos, denn wer unter den vielen zuweisbaren Icons nicht das Richtige findet, lädt einfach ein selbstgestaltetes JPEG oder das Photo der Lieblingsperson per Drag-and-Drop in die Software.
So kreiert man einen sehr individuellen Button, den ihr garantiert auch in der hitzigsten Studiosession treffsicher wiederfindet. Ich liebe solche Kleinigkeiten.
Buttons können aber auch Multiactions triggern, die mehrere Befehle auf einmal ausführen, Hotkeys mit viel genutzten Keyboard-Short-Cut-Kombinationen, oft genutzte Textbausteine wie beispielsweise Signaturen und so vieles mehr. Schnell entsteht der Drang, für alle möglichen Applikationen dedizierte Profile zu entwickeln.
Und das erfordert schon einiges an Planung und Zeit für die Programmierung. Aber dieses Luxusproblem ist einzig und allein den sehr mächtigen Möglichkeiten des Stream Deck Konzepts geschuldet.
Systemrelevante Funktionen wie z. B. das Öffnen der Stream Deck Software ergeben auf der Startseite Sinn, denn die Stream Deck App lebt auf meinem Mac oben rechts in der Menüleiste und schließt bei Anwählen einer anderen App sofort wieder.
Per CMD+TAB zwischen Programmen toggeln geht also nicht. Ein simpler Button mit dem Befehl „System > öffnen“ und mit der Stream Deck App belegt, macht das Konfigurieren so viel einfacher.
Acht sind nicht genug?
Acht Buttons erscheinen wenig im Vergleich zu den 15 Buttons des Stream Deck Mk2 oder den 32 des XL. Aber zum Glück verfügt das Stream Deck+ über einen berührungsempfindlichen Streifen. Easy like Tinder wischt man einfach von Page zu Page und hat dadurch Zugriff auf theoretisch Hunderte von Pages mit acht Buttons und vier Push-Drehknöpfen.
Und weil wir auch so viele unterschiedliche Profile wie gewünscht erstellen können, zwischen denen wir per Mausklick in der Steuerungs-Software oder auch mit entsprechend programmierten Buttons hin und herspringen können, stellt bereits ein einziges Stream Deck+ richtig viel Control-Power zur Verfügung.
Haptik des Elgato Stream Deck+
Das haptische Gefühl der Hardware ist großartig. Die hintergrundbeleuchteten Buttons weisen eine kaum merkliche Mulde auf, die den Finger treffsicher in die Mitte führen. Die gerasterten Push-Drehregler sind stabil und geschmeidig und weisen einen klar definierten Druckpunkt auf. Der Touchstrip bildet Werte und zusätzliche Inhalte deutlich dar und reagiert beim Swipen durch die verschiedenen Pages sehr responsiv.
Traktor
Beim sehr komplett ausgestatteten Kontrol S4 MK3 von Native Instruments haben mir immer bestimmte Funktionen gefehlt, z. B. direkte Effektanwahl, direkte Crate-Anwahl oder Key-Adjustment in Halbtonschritten direkt am Controller. Sucht nicht weiter, das Stream Deck + ist perfekt zur Erstellung genau solcher „missing functions“.
Dank der detaillierten Hintergrundbeleuchtung ist auch der Einsatz auf der dunkelsten Bühne denkbar, zumal die Helligkeit der Tasten per Software gedimmt werden kann.
Ableton
Es gibt zwei Möglichkeiten, MIDI-Controller an Ableton anzupassen. Individuell pro Projekt oder als projektübergreifende Control Surface. Controller wie Ableton Push oder Akai APC40 sind wie viele andere auch bereits als anwählbare Bedienoberflächen in den Voreinstellungen anwählbar. Entsprechende Oberflächen für Elgato Stream Decks gibt es bislang noch nicht. Generell kann man entsprechende Scripts aber auch selbst erstellen, um das Stream Deck+ als mächtigen Controller für Ableton Live zu nutzen. Einfacher geht das auch mit dem kostenpflichtigen MIDI-Remote-Script von Remotify.
Ebenfalls für Geld gibt es von SideshowFX für 19,99 US-Dollar sehr komplette Ableton Live Scripts für die bisherigen Stream Decks. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, wann auch eins für das neue Stream Deck+ verfügbar ist.
Ableton Live Template
Für sein Ableton Live Template für Stream Lab XL hat Ben Silver aus Melbourne eine dritte Möglichkeit genutzt: Er operiert einfach mit Shortcuts. So triggert der Play/Pause-Button einfach die Space-Taste, der Loop-Button triggert CMD+L und Plugins werden mittels Multi-Aktion-Aktionen und Texteingaben im Suchfeld des Ableton-Browsers angesteuert, ganz ohne Einbindung einer Bedienoberfläche. Auf Anfrage schickt er interessierten Usern das Template. Seine E-Mail-Adresse befindet sich im Begleittext der YouTube-Präsentation.
Leider ist Bens Plugin nur für Stream Deck XL ausgelegt und wird nicht länger supportet. So erscheinen nur die acht Buttons des oberen linken Viertels auf dem Stream Deck+. Idealerweise würde die Software ein Stream Deck XL Layout für das Stream Deck+ als vier verschiedene Pages interpretieren, die durch Swipen erreicht werden können. Dies ist aber anscheinend (noch?) nicht der Fall. Ebenso hilfreich wäre es, wenn die Software einzelne Profilseiten separat verwalten könnte.
Ohne Worte: Ben Silver zeigt in seinem Video die verblüffenden Möglichkeiten seines Ableton Live Scripts für das Elgato Stream Deck XL. Nun stellt euch noch Drehregler dazu vor.
Was fehlt?
Und das ist auch schon das einzige Haar in der Suppe, welches ich beim Stream Deck+ finden kann. Für ein solch neues Produkt stehen einfach noch nicht so viele Plugins bereit und ich bin mir sicher, dass die große Stream Deck Community dieses neue Konzept mit Drehreglern sehr schnell umarmen und mit aufregenden Lösungen versorgen wird. Was viele Firmen gern mal so random schreiben, trifft hier als persönlicher Wunsch meinerseits endlich mal zu: „I can’t wait to see what you create with it!“
Elgato Stream Deck+ – für wen ist das?
Für alle, die „irgendwas mit Computer“ machen. Ob ihr Programme öffnen wollt, Plugins launchen, Audio Devices on the fly wechseln oder einfach nur Spotify kontrollieren wollt: Alles geht und für alles gibt es entweder fertige Plugins mit den wichtigsten Funktionen oder diese lassen sich mehr oder weniger schnell selbst programmieren.
Die bislang verfügbaren Stream Decks waren schon faszinierend, aber mit den vier Endlosdrehreglern mit Push-Funktion wird endgültig ein Schuh daraus. Acht Buttons sind zu wenig? Stream Deck+ erlaubt eine Vielzahl von Profilen, die über Makros blitzschnell erreicht werden können. Es braucht ein wenig Hirnschmalz, aber so nah war noch kein Produkt am perfekten kompakten konfigurierbaren Controller.
Einziges Problem: Das Stream Deck+ lädt dermaßen zum Rum-Nerden ein, es besteht die große Gefahr, sich komplett im Konfigurieren zu verlieren, als tatsächlich Musik zu machen.
Elgato Stream Deck+ – mögliche Alternativen
Produkt | Elgato Stream Deck+ | Elgato Stream Deck XL | Elgato Stream Deck Mk.2 | Loupedeck Live |
Anzahl Buttons | 8 | 32 | 15 | 12 |
Weitere Bedienelemente | 4 gerasterte Endlosdrehregler mit Pushfunktion, 1 graphikfähiger Touchstrip | Keine | Keine | 6 Drehregler, 7 Schalter, 2 vertikale Displays |
Buttons graphikfähig | Icons, JPEG, GIF | Icons, JPEG, GIF | Icons, JPEG, GIF | Icons + Vibrationsfeedback |
Software | macOS 10.15/ Windows 10 und höher | macOS 10.15/ Windows 10 und höher | macOS 10.15/ Windows 10 und höher | macOS 10.14/ Windows 10 und höher |
Einsatzgebiet | Universell | Universell | Universell | speziell Foto- und Videobearbeitung, Ableton Live |
Preis | 229,- Euro | 232,- Euro | 145,- Euro | 245,- Euro |
Martin Zull sagt:
#1 - 01.02.2023 um 23:52 Uhr
Super Testbericht! Ich hatte den Stream Deck + als Early Adapter noch wegen fehlender MIDI-Fähigkeit der Dials anderswo kritisiert und nach dem Kauf sofort zurückgeschickt, aber nun bin ich wieder am Überlegen, das Ding doch noch zu holen. Den „Alten“ mit den 15 Tasten benutze ich ständig und der ist schon super. Auf meinem glatten Sessiondesk rutschte der SD+ beim Drücken der Dials ständig nach hinten. Wenn man aber den Schuh so leicht abschrauben kann wie im Test erwähnt, ist das auch kein Thema mehr. Daumen hoch!