Praxis
Nachdem ich den Akku über das beigelegte Netzteil voll aufgeladen habe, mache ich mit meiner Furch OM Akustikgitarre einen ersten Soundcheck. Die Gitarre ist mit einem Piezo-Pickup von AER bestückt. Beim Einschalten bleibt der Amp erfreulich rauscharm. Das typisch hochfrequente Rauschen, das ich bei Akustikamps immer wieder erlebt habe, ist hier wirklich nur sehr dezent vorhanden.
Unser Proband offenbart anschließend einen direkten und recht neutralen Sound, was bei dem vorgesehenen Anwendungsgebiet des Verstärkers auch absolut gewünscht ist. Wie ein erster Check des Monitor-Levels außerdem offenbart, kann der kleine Amp bei Bedarf ganz schön laut werden.
Nutzt man ihn mit nur einem Instrument, kommt man auch mit dem Dreiband-Master-EQ auf der Oberseite gut zurecht. Der EQ wurde dabei stimmig in seinen Frequenzen vorkonfiguriert. So lässt sich beispielsweise das typische Piezo-Quäken effektiv über das Mitten-Poti entschärfen. Beim Einpegeln eines Signals über das jeweilige Gain-Poti an der Rückseite sollte man übrigens eher zurückhaltend agieren. Ist das Pickupsignal beispielsweise schon etwas kräftiger, lohnt es sich, dabei auch die Pad-Option in Betracht zu ziehen. Geht die Level-Anzeige bei harten Anschlägen für einen Moment in den roten Bereich, wirkt sich dies zwar noch nicht auf den Sound aus. Allerdings ist der DSP-Chip des Effektkanals in dieser Hinsicht recht empfindlich.
Das Einbinden der Effekte bringt mir ansonsten sofort eine Menge Spielspaß, denn besonders bei etwas höherem Effektanteil zahlt sich die Stereoauslegung des Combos absolut aus. Gut hören kann man diesen kleinen, aber feinen Unterschied, wenn man die Signalausgabe per Taster auf der Oberseite auf mono stellt. Die Hallsignale wirken im Stereobetrieb einfach breiter und größer.
In der Regel würde man einen Akustik-Amp in der Praxis eher nicht mikrofonieren, sondern das Signal über einen der Ausgänge abgreifen. Um die Wirkung der Effekte und des EQs möglichst neutral darzustellen, habe ich mich daher heute entschieden, das Signal über die XLR-Ausgänge des Amps aufzuzeichnen.
Zu Beginn habe ich aber dennoch ein Neumann TLM 103 vor dem Amp platziert, um euch wenigstens einen ungefähren Eindruck des Lautsprechersignals zu geben.
Wir hören daher zu Anfang völlig ohne Effekte oder EQ-Einfluss ein kurzes Picking-Beispiel sowohl über den Direct Out als auch über das Mikrofon.
Wie man hören kann, wird das Signal natürlich von der Mikrofonposition und dem Mikrofon an sich etwas gefärbt, tendiert aber dennoch in die Richtung des direkten Signals.
Im direkten Hörvergleich bei mir im Studio wirkt das Pickup-Signal über meine Studiomonitore vor allen Dingen etwas weicher. Der schon anfangs erwähnte direkte Sound des Amps, den man auch als etwas hart beschreiben könnte, macht sich hier bemerkbar. Im Live-Kontext zahlt sich diese Eigenschaft aber meiner Erfahrung nach absolut aus und sorgt für einen präsenten Ton. Ansonsten gibt der Amp über die XLR-Ausgänge ein stabiles und griffiges Signal aus, mit dem sich bestens arbeiten lässt.
Die Potis für den Master-EQ auf der Oberseite und auch am 6-Kanal Mixer an der Rückseite rasten erfreulicherweise in der Mittelstellung ein. Die Einstellungen jedoch “on the fly” in der Praxis schnell zu ändern, erweist sich dann für mein Empfinden doch als etwas mühselig. Steht man als Spieler vor dem Amp und möchte eine Einstellung an der Rückseite quasi “über Kopf” anpassen, verliert man schnell den Überblick.
Geht man aber um den Amp herum, lässt sich die Einstellungsveränderung nicht mehr so direkt überprüfen. Spätestens auf Gigs, bei denen der Amp platzbedingt etwas in der Ecke steht, könnte das Einstellen der rückseitigen Parameter daher etwas mühselig werden. Gemessen an der Kompaktheit des Amps sind bei so vielen Optionen gewisse Einschränkungen im Workflow unumgänglich.
Um euch einen Eindruck zu geben, wie sich das Pickup-Signal meiner Akustikgitarre mit dem EQ justieren lässt, hören wir ein weiteres Beispiel, das ich direkt über die beiden XLR-Ausgänge des Amps im Main-Out-Modus aufgenommen habe. Erst hören wir das mit dem EQ unbearbeitete Signal, danach habe ich ein wenig die Höhen und Bässe gepusht und die Mitten zurückgenommen. Außerdem bekommt ihr auch einen ersten Eindruck vom Stereo-Reverb. In diesem Falle ist es das vierte Setting mit der Bezeichnung “Dark Hall”.
Einzelne Beschriftungen der Parameter der Effektsektion auf der Oberseite sind aufgrund ihrer blauen Farbgebung etwas schwer abzulesen.
Aber auch mit zwei Gitarren geht der Elite Acoustics A6-55 in der Wiedergabe absolut souverän um. Spätestens hier zahlt sich der Mixer an der Rückseite aus. Möchte man übrigens die Signale in einer Livesituation an ein Mischpult getrennt weitergeben, um diese anschließend im Panorama pannen zu können, geht dies nur über die Direct-Out-Option für die ersten beiden Kanäle. Ansonsten ist nur der angewählte Effekt im Stereopanorama hörbar. Die Signale der einzelnen Kanäle bleiben jedoch mittig angeordnet.
Der Amp macht übrigens auch mit dem Floating-Pickup-Signal meiner Jazzgitarre eine sehr überzeugende Figur. Im folgenden Beispiel hören wir die Steelstring-Akustikgitarre und die Jazzgitarre zusammen über Kanal 1 und 2. Ich habe beide Instrumente ein wenig mit den EQs der beiden Kanäle nachjustiert.
Wie man schon in den ersten Beispielen hören konnte, machen die Reverb-Effekte des Amps eine gute und praxistaugliche Figur. Dabei sind einige Hall-Programme mit einer zusätzlichen Modulation versehenen, was dem Signal meiner Akustikgitarre absolut schmeichelt. Die Delay-Abteilung ist ansonsten eher rudimentär, verzichtet auf jegliche Panoramaeffekte und bietet, wie schon erwähnt, auch keine Tap-Tempo-Option. Dafür gibt es aber interessante Kombinationen von Reverb- und Delay-Effekten auf den beiden nachfolgenden Bänken zu entdecken. Abschließend hat die Effektsektion einen einfachen Chorus und Flanger zu bieten, die mich klanglich aber nicht hundertprozentig überzeugen können. Die Stärke der Effektabteilung liegt eindeutig bei den Reverb-Programmen. In den folgenden Beispielen bekommt ihr einen ersten Eindruck von den Effekten.
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Im Vergleich zu Instrumentensignalen muss man mit einem Kondensatormikrofon das Gain-Poti des Preamps am Kanal deutlich offensiver aussteuern. Aber auch hoch ausgesteuert bleibt der Preamp weitestgehend rauscharm. Im Live-Alltag sollten die Gain-Reserven für Mikrofonsignale ausreichen.
Wir hören dazu ein Beispiel, das ich mit einer klassischen Gitarre im Zusammenspiel mit dem Neumann TLM 103 aufgenommen habe. Am EQ des Kanals habe ich dabei die Bässe ein Stück zurückgenommen und die Höhen etwas gepusht.
Zum Einbinden der Bluetooth-Funktion wird eine kleine Antenne auf der Oberseite ausgeklappt. Die anschließende Einbindung meines iPads funktionierte völlig problemlos. Beim Abspielen von Musik macht sich natürlich auch hier der sehr direkte Sound des Amps bemerkbar. Mit dem Master-EQ kann man das Material aber, wenn gewünscht, auch problemlos noch etwas anpassen. Beispielsweise zum Einbinden von Backing-Tracks ist diese Option auf jeden Fall sehr hilfreich.
Abschließend noch ein Wort zur Akkuleistung. Beim ausgiebigen Test lief der Amp permanent über den Akku und blieb dabei zwischendurch in Spielpausen auch meist eingeschaltet. Die Akkuanzeige an der Rückseite ist in zwei Blöcke aufgeteilt. Am Ende des Tests zeigte der erste Block dabei an, dass die Leistung langsam aufgebraucht wäre. Ich denke, man kann mit der Leistung des Akkus deutlich mehr als ein Konzert spielen, ohne sich Sorgen machen zu müssen.