Praxis
In der beigefügten Bedienungsanleitung (englisch) werden kurz und knapp auf acht Saiten die Funktionen sämtlicher Taster, Schalter, Ein- und Ausgänge sowie Regler erläutert und mithilfe beschrifteter Grafiken veranschaulicht. Man sollte eine gewisse Einarbeitungszeit einrechnen, bis man mit dem reichlich vorhandenen Potenzial auch spielerisch umgehen kann.
Eine blaue Power-Anzeige meldet sich an der Oberseite, wenn der D6 an der Rückseite eingeschaltet wird. Der D6 bleibt auch nach dem Anschluss eines Instrumentes und bei vergleichsweise hoher Auslastung nahezu rauschfrei.
Gitarre einstecken und losspielen funktioniert so einfach nicht. Aber ohne Zusatzboxen und Anschluss an eine PA ist der Amp beispielsweise mit einer Akustikgitarre und einem Mikrofon leicht zu handhaben. Instrument, Mikrofon und Effektgerät müssen zunächst mit den entsprechenden Eingängen verbunden werden. Die Akustikgitarre (CH 1) kann mit dem Instrumenten- oder dem Line-In-Anschluss verbunden werden. Das Mikrofon (CH 2) wird an den XLR-Eingang angeschlossen.
Das Eingangssignal lässt sich mit den Gain-Reglern optimal aussteuern, wobei es sich empfiehlt, auch die Wirkung des PAD-Tasters zu testen. Die Level-Input-Seite im System-Menü sollte beim Aussteuern geöffnet sein, denn dort bieten digitale Levelmeter eine prompte Rückmeldung an. Auch die Clip-Anzeige in der Mastersektion protestiert rotblinkend, wenn der Eingangspegel zu hoch ist. Den richtigen Eingangspegel sollte man, einmal korrekt ausgesteuert, auch nicht gleich wieder verändern, um beispielsweise nur mal schnell die Lautstärke der Gitarre für ein Solo zu erhöhen. Der D6 arbeitet eben wie ein echter Mixer. Einmal richtig ausgesteuert, generieren Woofer und Tweeter einen glasklaren Grundsound.
Zur Feinabstimmung wird der digitale Mixer geöffnet. Mit dem entsprechenden Encoder (Knopfdruck) wird das angeschlossene Instrument selektiert – hier Encoder 1 für CH 1 und Gitarre sowie Encoder 2 für CH 2 und Mikrofon.
Der Sound wird jeweils mit einem Dreiband-EQ mit parametrisch einstellbaren Mitten und einem Low-Cut-Filter eingestellt. Letzterer kommt bei der Akustikgitarre besonders gut an, da er auch subtile Rumpelgeräusche im Bassbereich völlig eliminieren kann. Bei der Einstellung der Lautstärke im Main-Menü sollte man auch ein Auge auf die Master-Clipanzeige werfen, vor allem, wenn Stimme und Instrument gleichzeitig ins Spiel kommen.
Schließlich kann der Sound mit Effekten wie Chorus, Reverb, Delay, Compressor oder Gate “gewürzt” werden. Ob eine einsame Akustikgitarre unbedingt einen Chorus oder ein Delay mit -zig Wiederholungen braucht, möchte ich hier nicht beurteilen. Aber die Effekte bieten allesamt eine gehobene Qualität und man sollte sich überlegen, ob man im kleinen Rahmen nicht auch auf ein externes Effektgerät verzichten kann. Reverb lässt sich mit den Parametern Predelay, Decay und Tone differenziert programmieren, für einen Kathedralhall reicht es aber nicht. Ein Highlight ist der interne Kompressor (Hörbeispiel unten), der sich mit den Parametern Gain und Intensity programmieren lässt. Die Töne werden nun wunderbar mit einem ausgedehnten Sustain verlängert, was nicht nur einer E-Gitarre (Hörbeispiel unten) zugute kommt. Aber auch der interne Chorus überzeugt (Hörbeispiel unten).
Wir können nun mit der Mastersektion Summensignal und Klang an die jeweilige Räumlichkeit anpassen. Beim Hochfahren des Monitors stelle ich fest, dass die Endstufe schon bei 60 – 65 % Auslastung die Grenzen der Belastbarkeit erreicht und sich ein subtiles Zerren ankündigt. Beim Test von Westerngitarren wirkte sich diese Schwäche aber praktisch nicht aus, da sich auch die Rückkopplungsschwelle auf einem ähnlichen Lautstärkeniveau befindet. Ob sich der Combo mit 40 Watt auch in einer größeren Lautstärkeumgebung, beispielsweise mit Schlagzeug, durchsetzen kann, soll einmal dahin gestellt bleiben. Rückkopplungsarme Thin-Line-Akustikgitarren würde ich im Bandkontext mit einer zusätzlichen Aktivbox verstärken.
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Die Übertragung von Stimme und Instrument erfolgte im Test jedenfalls glasklar und trennscharf, wenn man die Endstufe nicht bis zum Stehkragen aufdrehte. Die Klangregler verfügen über reichlich Spielraum und ließen im Bass- und Diskantbereich sogar noch Reserven ungenutzt brachliegen. Die tiefen Frequenzen präsentieren sich auch bei einem Drop-D-Tuning mit reichlich Druck.
Einen kleineren Saal sollte man besser mit zusätzlichen leistungsstarken Aktivboxen beschallen, vor allem, wenn ein Trio oder Quartett im Spiel ist. Jedenfalls haben mehrere Akustiker auch die Möglichkeit, sich rückkopplungsfrei hinter den angeschlossenen Aktivboxen aufzustellen. Unter diesen Umständen kann der D6 auch zur reinen Mischeinheit mutieren und das macht ihn besonders wertvoll.
Aber wie klingt der D6 im Stand-Alone Modus?
Die Qualität eines Tonabnehmers ist natürlich das erste Glied in der Übertragungskette. Leider ist die Ausgangslage nicht immer optimal, da piezokeramische Tonabnehmer in der Regel Nebengeräusche produzieren und in ihrem Dynamikumfang mehr oder weniger eingeschränkt sind. Außerdem unterscheidet sich der Sound eines Piezos substanziell vom Natursound einer Akustikgitarre. Und deshalb kann auch der beste Akustikverstärker keine Wunder bewirken.
Der D6 wurde in einem mittelgroßen “trockenen” Proberaum getestet. Die Studiosession wurde durchgängig im Akkubetrieb und zwar ohne Störungen, abgewickelt. Zum Praxistest haben sich drei Gitarren mit vergleichsweise gut klingenden piezokeramischen Tonabnehmern eingefunden: eine Steel-String (Palisanderkorpus) mit einem Fishman Matrix Infinity (ohne Vorverstärker), eine Steelstring (Ahornkorpus) mit einem unbekannten Fishman (ohne Vorverstärker) und eine Thinline mit Nylonbespannung (mit Vorverstärker). Außerdem kam eine E-Gitarre mit aktiven Tonabnehmern (EMG) zum Zuge.
Im Studio lässt sich z.B. die Gitarre jedenfalls komfortabel über die beiden XLR-Outputs an das Interface anschließen.
D6 via XLR-Output
Die beiden Steel-Strings werden via XLR glasklar und dynamisch übertragen. Erwartungsgemäß ist der Dynamikumfang der Nylongitarre nicht so groß. Der Sound wird mit dem internen Chorus aufgewertet.
Wie schlägt sich der D6 bei der Mikrofonabnahme?
Die Mikrofonabnahme einer Aktivbox führt in der Regel nicht zu den besten Ergebnissen, wenn Akustikgitarren im Spiel sind. Trotzdem wollen wir versuchen, den Klang des D6 einzufangen. Die folgenden Beispiele wurden mit einem kleinen Neumann Mikrofon produziert.
D6 via Mikro
Effekte
Allerdings kann man den Einsatz einer E-Gitarre nur unter Studiobedingungen empfehlen. Im Ensemble (mit Schlagzeug) dürfte sich der Amp dann wohl kaum durchsetzen, Verzerrer oder Booster mag der D6 nicht. Aber für diesen Zweck ist der Combo auch eigentlich nicht vorgesehen.