Im US-Bundesstaat Tennessee wurde ein Gesetz erlassen, mit dem die Persönlichkeitsrechte von Musikern besser geschützt werden. Damit wird der uneingeschränkten Nutzung von KI-Musik ein Riegel vorgeschoben.
John Lennon covert Eminem während Elvis Presley eine fröhliche Version von ‘Chop Suey!’ trällert. Solche Musik ist dank KI-Stimmen längst keine dunkle Fantasie, sondern Realität. Auf YouTube existieren bereits tausende KI-Songs von bekannten – zum Teil schon verstorbenen – Künstlern, die durch neuwertige Software ins Leben gerufen wurden. Mittlerweile ist es mit wenigen Klicks möglich, die Stimme einer Person zu klonen und damit Schindluder zu betreiben. Vor allem bei einer Koryphäe wie Elvis, bei der es hunderte Stunden an Audio-Material gibt. Das Problem: Es gibt praktisch nie das Einverständnis der betroffenen Personen. Ein neues Gesetz soll genau an dieser Stelle nachhelfen.
Der sogenannte “Ensuring Likeness Voice and Image Security Act” oder kurz Elvis Act wurde wohl nicht ganz zufällig ausgerechnet in Tennessee beschlossen. Die Hauptstadt Nashville ist schließlich das Country-Mekka der Staaten, während Memphis als Soul-Hochburg gesehen wird. In Nashville hat der King of Rock and Roll dazu viele seiner größten Karriere-Momente erlebt. Das Gesetz gilt aber nicht nur für Elvis, sondern auch für alle anderen Musiker des Bundesstaates und womöglich auch bald in der ganzen USA. Damit soll dem Missbrauch von Musiker-Stimmen Einhalt geboten werden: Der Elvis-Act schützt schließlich “das Urheberrecht auf die Einzigartigkeit der eigenen Stimme, des Gesichts und des Körpers”.
Europa denkt auch an Regulierung
Die rasante Entwicklung auf dem KI-Sektor beschäftigt auch die Musikindustrie in Europa. In Deutschland befasst sich der “Verband Deutscher Sprecher:innen e.V.” mit einer Regelung. Die Vorsitzende Anna-Sophia Lumpe erklärte gegenüber der SZ, worin der Unterschied zur USA liegt: “In Deutschland wird die Stimme hingegen durch das Persönlichkeitsrecht geschützt. Dennoch treten häufig Rechtsverletzungen auf, da die Anwender von KI-Tools und Programmen sich oft nicht ausreichend informieren. Eine bessere Aufklärung in diesem Bereich wäre daher wünschenswert.”
Vor allem die Durchsetzung von Gesetzen in diesem Bereich wirft weiterhin fragen auf. Wird nur die kommerzielle Verwendung bestraft? Wie findet man Nutzer im Internet und auf welcher Basis kann man diese verfolgen? Im Social Media-Bereich wird nur ein minimaler Teil der Urheberrechtsverstöße geahndet, wie kann man hier besser vorgehen? In Kalifornien wird schon länger an einem ähnlichen Gesetz gearbeitet, das noch in diesem Jahr beschlossen werden soll. Dabei zielt es vor allem auf Unternehmen im KI-Bereich ab, die einen Umsatz von über 25 Millionen USD im Jahr haben. Die strengere Reglementierung im Golden State hätte dabei globale Auswirkungen. 35 der 50 größten KI-Unternehmen haben ihren Sitz an der Westküste.
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Offener Brief von Musikgrößen
Neben der Legislative kämpfen auch zahlreiche bekannte Künstler für einen besseren Umgang mit künstlicher Intelligenz. Billie Eilish, Steve Wonder, Pearl Jam, Robert Smith und 200 weitere Artists haben einen offenen Brief der Artist Rights Alliance (ARA) unterschrieben. Dieser ist an digitale Musikdienste und Technologieunternehmen adressiert und fordert Schutz vor dem “Einsatz von KI zum Diebstahl der Stimmen und des Bildes professioneller Künstler, vor Verletzung der Rechte von Urhebern und der Zerstörung des Musik-Ökosystems”.
Die Angst vor großen wirtschaftlichen Einbußen scheint laut einer Studie der GEMA mit 15.000 Befragten als berechtigt. Demnach sehen 64 Prozent der Musikschaffenden KI als Risiko, nur 11 Prozent als Chance. Dazu glauben 71 Prozent, dass KI ein wirtschaftliches Risiko für Urheber darstellt. Laut der Studie könnte der Umsatzverlust vor allem durch fehlende Tantiemen in den kommenden fünf Jahren 2,7 Milliarden Euro betragen. Alleine in Deutschland und Frankreich wird bis 2028 mit 950 Millionen weniger Erlösen gerechnet, solange es keine Beteiligung an KI-Erlösen gibt.
Eines ist an der ganzen Geschichte allerdings unumstritten: Die Technik ist beeindruckend und mit dem richtigen Umgang könnten großartige Stücke entstehen. Die Beatles haben es im letzten Jahr mit der Single ‘Now and Then’ vorgemacht, bei der John Lennons Stimme restauriert wurde.