Endorphin.es Shuttle Test

Seit 5 Jahren entwickeln, produzieren und verkaufen Endorphin.es ausgewählte und hochwertige Eurorack-Module, die es besonders unter West-Coast-Freunden zu großer Beliebtheit gebracht haben. Stolz präsentiert die Firma nun das Shuttle als vorläufigen Höhepunkt dieser Entwicklung. Jede der fünf Einheiten des Shuttles wurde vorher einzeln als Modul auf den Markt gebracht und zum Teil einige Male revidiert, bevor die Module jetzt alle unter einer gemeinsamen Frontplatte im Shuttle System verbaut werden. Unter der gewohnt verspielt gestalteten und liebevoll mit zahlreichen Luft- und Raumfahrt-Referenzen dekorierten Frontplatte vereint sind die Module Furthrrrr Generator, Grand Terminal, Gateway, Cockpit und Shuttle Control, die es allesamt auch einzeln zu kaufen gibt.

"Shuttle" ist eine Kombination der Module von Endorphin.es unter einer gemeinsamen Frontplatte.
“Shuttle” ist eine Kombination der Module von Endorphin.es unter einer gemeinsamen Frontplatte.


Obwohl das Shuttle offenbar als eigenständiges, voll modulares Instrument konzipiert wurde, bietet es alle Vorteile eines Modularsystems. Das Shuttle kann alternativ zu dem mitgelieferten Case auch in jedes andere Eurorack-Gehäuse geschraubt werden und es können auch die Frontplatten der einzelnen Module vom Hersteller separat bezogen werden, so dass es die Möglichkeit gibt das Shuttle aufzuteilen, zu ergänzen oder zu verändern. Dieses System bietet unzählige Funktionen und Bausteine, welche sowohl von der East Coast, sowie auch von der West-Coast-Philosophie modularer Synthesizer inspiriert sind. Der Schwerpunkt geht hier jedoch vorwiegend in die Buchla- oder West-Coast-Richtung und so erinnert dieses System vom Konzept her stark an einen modernen Music Easel, wie er von Buchla im Jahre 1972 herausgebracht wurde. Wir testen, ob der Raumgleiter von Endorphin.es auch so inspirieren und begeistern kann wie sein Vorbild.

Details

Die 84TE große, goldene Frontplatte ist in einem für Endorphin.es personalisierten PLUS-Gehäuse von Frap Tools verschraubt und das komplette System hinterlässt einen sehr hochwertigen Eindruck. Das Shuttle vermittelt das Gefühl von einem autarken Instrument und lädt sofort dazu ein gespielt zu werden. Dieses gestaltet sich jedoch nicht so einfach, denn das Shuttle ist durchaus komplex mit sehr vielen Funktionen auf kleinem Raum. Dieses Instrument will gelernt werden und erfordert Einarbeitung entlang einer recht steilen Lernkurve. Wer diese bewältigt und die Prüfung zum Shuttle-Piloten ablegt, wird jedoch mit einer Sound- und Funktionsvielfalt belohnt, wie man sie in einem so kompakten System selten erlebt.
Das Shuttle System besteht aus drei Hauptsektionen: Das Control zur Verbindung zur Außenwelt und Stromversorgung, der Complex Oszillator als Soundgenerator und das Terminal für Modulationen, Filter, VCAs und Effekte. Vervollständigt wird das System durch einen sehr cleveren kleinen Mischer namens Cockpit und der Expansion für das Grand Terminal namens Gateway.

Fotostrecke: 5 Bilder Das Shuttle System vereint fünf Endorphin.es Module unter einer Frontplatte.

Shuttle Control

Shuttle Control ist ein USB-MIDI zu CV Interface mit 16 Ausgängen und gleichzeitig die Stromversorgung für das komplette System. Die im Shuttle Control verbaute Stromversorgung bietet 30 Watt und benötigt eine beliebige Gleichspannung zwischen 12V und 20V, um dann 1A auf der +12V Leitung, 0,7A auf der -12V und nochmal 1A auf der 5V Leitung für das Euroracksystem bereitzustellen. Die Stromversorgung hat genug Reserven, um neben den eingebauten Modulen auch angeschlossene USB-Controller oder USB-Lampen mit ausreichend Leistung zu versorgen. Das System kann somit problemlos überall auf der Welt betrieben werden, man braucht lediglich ein einfaches Netzteil, welches dem System beiliegt und ansonsten überall günstig zu erwerben ist.
Neben der Funktion als Stromversorgung dient das Shuttle Control in erster Linie dazu, USB-(MIDI)Daten in Steuerspannungen zu wandeln. Gleich 16 CV-Ausgänge hat man für diesen Zweck zur Verwendung, welche sich alle individuell mit sehr vielfältigen Optionen einstellen lassen. Das besondere an diesem MIDI zu CV Wandler ist, dass er als USB-Host sowie als USB-Device arbeiten kann und ein Class Compliant Controller ist. Praktisch gesehen bedeutet das, dass man problemlos jeden USB Controller einfach anschließen kann, aber auch einen Computer oder iPad um damit das Shuttle bedienen und spielen zu können. Normalerweise sind solche Module entweder Host oder Device. Das Shuttle Control kann beides und das sogar gleichzeitig. So kann man z.B. gleichzeitig Daten von einem USB-Keyboard in Steuerspannungen wandeln und in seiner DAW aufnehmen. Andersherum kann man den modularen Synth per DAW steuern und gleichzeitig per USB-Keyboard dazu spielen.

Fotostrecke: 4 Bilder Ganz rechts im Komplettsystem befindet sich das Shuttle Control Modul.

Konfiguriert wird das Ganze durch einen Webbrowser, wodurch man keine Software installieren muss und somit das Control ganz einfach von jedem Gerät mit Internetzugang wie PCs, Macs oder iPads und iPhones einstellen kann. Die Optionen für die Einstellungen der Steuerspannungsausgänge sind wirklich umfangreich. Hier wurde an alles gedacht und trotz der vielen Möglichkeiten bleibt die Web-App übersichtlich und einfach zu bedienen.
Noten kann man in 1V/Oct, 1,2V/Oct oder Hz/V wandeln und somit jeden erdenklichen Synthesizer tonal spielen. Desweiteren können Noten entweder monophon oder bis 8-fach polyphon ausgegeben werden. Pitchbend- Modulationsrad sowie Velocity und Aftertouch werden vom Control verstanden und in Steuerspannungen gewandelt. Trigger, Gates, S-Trigger und CC-Werte werden genauso einfach verstanden und generiert, genauso wie MIDI-Clock-Daten, welche interpretiert und als Trigger ausgegeben werden. Dadurch dass man alle Funktionen ganz frei auf jeden der 16 Kanäle routen kann, erscheinen die Möglichkeiten grenzenlos.
Damit gibt sich das Shuttle Control aber noch nicht zufrieden, denn es hat zusätzlich noch einige sehr nützliche Tools mit an Bord, welche Steuerspannungen generieren können. Diese Tools bestehen unter anderem aus LFOs, Sample & Holds, Flipflop-Logik, verschiedenem Rauschen und einem Tool für Zufallsspannungen, das an das Source of Uncertainty von Buchla angelehnt ist. Desweiteren werden ein Arpeggiator und verschiedene Hüllkurven zur Verfügung gestellt. Diese Tools können wiederum mit anderen eingehenden MIDI-Daten gesteuert werden und die LFOs und S&Hs können auch per Taps im Timing eingestellt werden. Die Taps können von allen MIDI-Daten, wie z.B. auch Noten, stammen. Somit ist das Shuttle Control nicht nur im Komplettsystem, sondern auch als Einzelmodul in jedem kleinen System unglaublich nützlich, da man hier auf sehr einfache und schnelle Weise viele Funktionen erhält und keine extra Stromversorgung benötigt.

Fotostrecke: 4 Bilder Das analoge Herz ist der Furthrrrr Generator mit zwei OSCs und einem Waveshaper.

Furthrrrr Generator

Der Furthrrrr Generator ist das analoge Herz des Shuttle Systems und war auch das erste Modul, das von Endorphin.es entworfen und angeboten wurde. Der Furthrrrr Generator besteht aus zwei Dreiecks-Kern-Oszillatoren und einem Waveshaper. Die Oszillatoren werden als ‚Carrier‘ und ‚Modulator‘ bezeichnet, da einer der beiden in erster Linie dafür gedacht ist den anderen zu modulieren. Genau dafür haben wir im Furthrrrr auch eine sehr umfangreiche Mod-Sektion. Das Ganze basiert auf dem klassischen Buchla 259 Complex Waveform Generator, welcher eher für experimentelle Sounds als für klassische und tonal spielbare Klänge entwickelt wurde. Endorphin.es haben dem Modul jedoch ein paar clevere Features mitgegeben, so dass man den Furthrrrr auch sehr gut für East-Coast Patches nach Moog-Art verwenden kann.
Der ‚Carrier‘ ist der Hauptoszillator und gibt die Wellenformen Sinus, Sägezahn, Rechteck und Noise aus. Desweiteren verfügt er über zwei weitere identische Ausgänge, die den Sinus durch den Waveshaper geschleift ausgeben. Der ‚Modulator‘ gibt Sinus, Sägezahn und Rechteck gleichzeitig aus. Mit einem Drucktaster kann man bestimmen, ob der Modulator den Carrier mit einem Sinus, Sägezahn, Rechteck oder einem Sample & Hold als Zufall moduliert. Beide Oszillatoren verfügen über Hard- und Soft-Sync und der Modulator kann auch in LFO-Geschwindigkeit betrieben werden.
Der Waveshaper klingt sehr gut und ermöglicht eine sehr breite Palette an Sounds. Drei Parameter sind am Waveshaper regelbar und besitzen alle einen Steuerspannungseingang. Die Mod-Sektion ist ziemlich umfangreich und lässt einen bestimmen, was der Modulator modulieren soll. Mit vier Kippschaltern kann man bestimmen, ob man Ringmodulation verwenden möchte, den Carrier in der Amplitude oder Frequenz modulieren möchte und mit dem vierten Kippschalter wird der Waveshaper vom Oszillator moduliert. Sehr schön ist die Möglichkeit, mehrere oder sogar alle Modulationen gleichzeitig zu verwenden. So kann man ganz schnell sehr komplexe Patches erzeugen ohne Kabel stecken zu müssen. Als weitere Besonderheit haben Endorphin.es ihrem Complex Oszillator einen Eingang spendiert, womit man auch externe Signale in die Mod-Sektion schicken kann.
Beide Oszillatoren werden mit je einem 10-Turn-Poti in der Frequenz eingestellt. Das ist besonders bei analogen Oszillatoren und FM sehr von Vorteil, da man so die beiden Oszillatoren sehr präzise stimmen kann, was sich mit üblichen Coarse- und Fine-Tune Reglern normalerweise als sehr schwierig bis unmöglich gestaltet. Als zusätzliche Hilfe hat jeder Oszillator noch ein kleines Stimmgerät in Form von 2 LEDs spendiert bekommen. Die blaue und die rote LED zeigen jeweils den Abstand zum nächsten “A” an. Ist der Oszillator tiefer als A, so leuchtet die linke LED rot; wenn er zu hoch ist, leuchtet die rechte LED blau. Wenn beide gleichzeitig an sind, dann ist man genau auf einem A. So kann man durch das visuelle und direkte Feedback die Oszillatoren auch gut beim Spielen stimmen ohne sie hören zu müssen. Das klappt in der Praxis sehr gut und das Stimmgerät arbeitet präzise und zuverlässig.

Fotostrecke: 4 Bilder Das Grand Terminal vereint Filter, Modulatoren, Hüllkurven und Effekte.

Grand Terminal

Grand Terminal ist die weiterentwickelte Version des ‚Terminal‘, welches vorher als komplett analoges Modul von Endorphin.es konzipiert und auf den Markt gebracht worden war. Beim ursprünglichen Terminal handelte es sich im Grunde um zwei Lowpass Gates mit zwei Hüllkurven. Nach einigen Revisionen ist das Terminal zum Grand Terminal mutiert und ist jetzt vollkommen digital, dafür aber auch mit sehr vielen nützlichen Funktionen erweitert worden. Wo man sich am Anfang noch fragte, warum das analoge Modul plötzlich komplett digital umgestaltet wurde, macht diese Entscheidung jetzt im kompletten System wirklich Sinn und macht das Shuttle zu einem umfangreichen autarken Instrument.
Das Grand Terminal besteht aus zwei Gates bzw. VCAs mit Multimodefilter, zwei AD/ASR Hüllkurven, einem kleinen Mischer und einer Effektsektion. Die Filter können separat, in Stereo oder hintereinander geschaltet verwendet werden und bieten gleich acht verschiedene Filtertypen. Dabei handelt es sich um einen an einen Moog Filter angelehnten, resonanten Lowpass Filter, einen Diodenfilter, zwei verschiedene Lowpass Gates, State-Variable Lowpass-/ Highpass- oder Bandpassfilter und einen Combfilter.
Die beiden Hüllkurven haben einen Loopmodus und lassen sich so auch hervorragend als LFOs oder zwei weitere digitale Oszillatoren nutzen. Es gibt die Möglichkeit die Flankenform der beiden Hüllkurven per Regler oder Steuerspannung von exponentiell über linear bis hin zu logarithmisch einzustellen. Durch die digitale Natur der Hüllkurven kann man die Flankenform ändern, ohne dass das Auswirkungen auf die Zeit der Hüllkurven hat.
Der kleine 2-Kanal-Audiomischer ist fest mit den beiden Kanälen der Filter/VCAs verbunden und bietet einen Monoausgang auf Modularlevel und einen Stereoausgang auf Linelevel. Der Mischer kann außerdem digital verzerren und die beiden Kanäle sind im Panorama regelbar. Durch die beiden Trimmer auf der Frontplatte lässt sich der Pegel für eingehende Signale anpassen und ermöglicht es so, das Grand Terminal sowohl mit Modularsignalen als auch mit Line-Signalen gut zu nutzen. Sobald man einen Stereostecker in den linken Kanal steckt, wird das Stereosignal automatisch auf beide Kanäle verteilt. Gepaart mit den Trimmreglern für Gain ist das wirklich praktisch, um externe Signale schnell mit dem Grand Terminal verarbeiten und im modularen Kontext nutzen zu können.
Die Effektsektion konnte klanglich überraschen und bietet acht Effekte, welche sich auch im Studio durchaus hören lassen können. Es handelt sich hierbei um räumliche Effekte wie verschiedene Hall- und Delayalgorithmen und einen Chorus. Man hat hier zwei Regler, wobei der eine das Dry/Wet-Verhältnis bestimmt und der andere einen von zwei Parametern des jeweils ausgesuchten Effekts beeinflusst. Beide Regler lassen sich natürlich auch per Steuerspannung ansprechen und in einem experimentellen Modus kann man auch Effekt- und Filtertyp per Steuerspannung auswählen.

Fotostrecke: 4 Bilder Cockpit ist ein kleiner, gut durchdachter Mischer.

Gateway

Gateway ist ein Stimmgerät und ein dualer 1+1 Mischer für Steuerspannungen und die Expansion für das Grand Terminal. Das Grand Terminal besitzt einige “versteckte” Optionen, die durch Jumper auf der Platine eingestellt werden können. Durch das Gateway kommen sie an die Oberfläche und sind mit Kippschaltern im direkten Zugriff auf der Frontplatte. Hier bekommt man die Möglichkeit, für beide Kanäle des Grand Terminal auszuwählen, was jeweils per Steuerspannung gesteuert werden soll und ob man die Filter oder VCAs oder beide zusammen per CV steuern möchte. Die beiden kleinen Mischer besitzen gleich drei Eingänge für Steuerspannungen und jeweils einen Ausgang. Hier bekommt man auch jeweils einen Offset und Attenuverter per Ausgang zur Verfügung gestellt, was in diesem System auch wirklich nützlich ist, da alle Regler im Shuttle zum Abschwächer werden (anstatt zu einem Offset), wenn man die jeweilige Funktion per CV steuern möchte. Wirklich vorbildlich ist, dass auch in diesen kleinen CV-Mischern jeweils ein Stimmgerät verbaut ist. Diese sind aus dem Furthrrrr Generator entnommen und weisen die gleiche Herangehensweise mit den beiden blauen und roten LEDs auf, haben jedoch zusätzlich noch einen Drucktaster, der automatisch den durchgeschliffenen Oszillator bzw. die loopende Hüllkurve auf das nächste A stimmt, ohne dass man selber Hand anlegen muss. Das wünschen wir uns schon lange für analoge Oszillatoren und sind von der Funktionalität in der Praxis begeistert.

Cockpit

Das Cockpit sitzt am Ende der Signalkette und ist ein kleiner, aber sehr durchdachter 4-Kanal-Performance-Audiomischer. Jeder der vier Kanäle akzeptiert Mono- oder Stereosignale und ist mit Modularlevel und Linelevel nutzbar. Der Mischer besteht aus analogen VCAs, welche digital gesteuert werden, und stellt so das Bindeglied zur Außenwelt da. Zwei der vier Kanäle sind nicht nur Stereo, sondern haben auch einen Send und Return eingebaut. Mit speziellen TRRS-Kabeln, wie man sie etwa von den Kopfhörern/Headsets von Smartphones kennt und welche im Lieferumfang enthalten sind, kann man die beiden Kanäle jeweils getrennt in externe Effektgeräte oder iPads/iPhones schleifen. Als Bonus hat der kleine Mischer sogar einen einfachen Kompressor mit Sidechain-Funktion verbaut. Über den Sidechain-Eingang kann man den Kompressor mit Audio, per Steuerspannung oder auch von der Clock “anregen”. Auch lässt sich bestimmen, welche Kanäle durch den Kompressor laufen.

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