Epifani Piccolo 333/555 Test

Praxis

Nun schalte ich die Topteile an – beide begrüßen mich mit ihren blau illuminierten Namen und Nummern – allerdings leider auch mit einem deutlich wahrnehmbaren Grundrauschen! “Out of the Box” stehen alle Regler, also auch Gain und Master, auf 12 Uhr, was noch lange keine Extremeinstellung ist. Dennoch ist ein unüberhörbares Rauschen wahrzunehmen. Auch bei zurückgedrehten Gain und Master bleibt davon durchaus noch etwas übrig. Ich muss gestehen: Das kenne ich so nicht von den Mitbewerbern in dieser Preis- und Namensklasse! Um auf Nummer sicher zu gehen, teste ich die Piccolos mit verschiedenen Instrumenten und Boxen, aber das Ergebnis bleibt das gleiche. In einer normalen Probe- oder Live-Situation wird dies natürlich keine große Rolle spielen, aber in diesem Punkt ist die Konkurrenz ohne Frage eine Nasenlänge voraus.
Die ersten Töne zeigen einen auf sehr angenehme Weise leicht komprimierten Ton. Im Vergleich zu meinem direkt ins Audiointerface gestöpselten Bass wirken die Piccolos dadurch etwas kompakter und präsenter. Alles klingt eine Spur edler und direkter. Diese Färbung bleibt aber so dezent, dass sie nicht etwa stilistisch den Weg in eine besondere Richtung vorgibt bzw. in eine andere verbaut. Von hier aus ist sozusagen “alles möglich”.

Audio Samples
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Finger-Style Funky Slap-Style

Eigentlich bin ich mit diesem Sound schon sehr zufrieden! Eine bisschen weicher dürfte er für Funk-und R&B-Grooves vielleicht noch sein, also probiere ich mal den Mid-Cut. Wie bereits erwähnt, kann man diesen sowohl am Gerät wie auch per Fußschalter aktivieren bzw. deaktivieren. Wichtig hierbei: Der Mid Cut arbeitet anders als der Dreiband-Equalizer. Mit ihm kann man lediglich Frequenzen absenken, ähnlich einer passiven Höhenblende am Bass. Ganz nach rechts gedreht befindet er sich also in seiner Neutralstellung. Von hier aus kann man die Mitten bei 800 Hz absenken, und zwar über den ganzen Regelweg um 8 dB. Das ist im Vergleich zu vielen Equalizern relativ wenig, erlaubt aber sehr feinfühlige Veränderungen und verhindert gleichzeitig, dass der Charakter des Instruments zu stark verbogen wird.
Zum Glück senkt er auch nur die Mitten ab und hebt nicht gleichzeitig unsinnig die Bässe und Höhen an, wie dies häufig bei derartigen Reglern der Fall ist. Das mag zwar im Wohnzimmer noch gut klingen, verursacht im Mix aber eigentlich immer nur Probleme. Zudem belastet ein derartiger Boost im Bassbereich auch nur unnötig die Endstufe. Gerade Class-D-Amps kommen da gerne ins Schwitzen. Auch mit diesem durchdachten Feature zeigt sich bei den Piccolos wieder die Ausrichtung auf den Arbeitsalltag eines Bassisten!

Audio Samples
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Finger-Style Mid Cut: 50% Slap-Style Mid Cut: 50% Finger-Style Mid Cut: 100% Slap-Style Mid Cut: 100%

Kommen wir zum Equalizer, der sich schön aufgeräumt auf der rechten Hälfte der Front befindet. Bässe, Mitten und Höhen ist die Mindestausstattung und mehr als diese gibt es auch nicht. Epifani vertraut auf den Grundsound der Piccolos und der Equalizer dient zu Korrekturen – aber nicht, um den Charakter des Instruments zu verbiegen. Equalizer heißt übersetzt ja eigentlich “Entzerrer”. Er soll also eher Störendes entfernen als übermäßig Frequenzen anzuheben- und so sieht das vermutlich auch Nick Epifani.
Nun drehe ich den Bass-Regler auf 2 Uhr, den Mitten-Regler auf 10 Uhr und die Höhen auf 1 Uhr. So hören sich die zwei Grooves mit diesen Einstellungen an:

Audio Samples
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Finger-Style Bass: 2 Uhr, Mid: 10 Uhr, Treble: 1 Uhr Slap-Style Bass: 2 Uhr, Mid: 10 Uhr, Treble: 1 Uhr

Auffällig ist, wie angenehm schwergängig die Potis sich drehen lassen, was in der Regel für qualitativ hochwertige Bauteile spricht. So lassen sich sehr feinfühlig Einstellungen vornehmen und auch schnell wiederfinden. Angesichts der Effizienz, mit welcher der Equalizer zu Werke geht, ist das ein echter Vorteil!
Für die zwei folgenden Beispiele setzte ich den Equalizer etwas radikaler ein.

Audio Samples
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Finger-Style Bass: 2 Uhr, Mid: 2 Uhr, Treble: 10 Uhr Reggae-Style Bass: 3 Uhr, Mid: 8 Uhr, Treble: 9 Uhr

Fehlt noch der Vintage-Schalter. Dieser bleibt allerdings recht deutlich hinter der vollmundigen Beschreibung in der Bedienungsanleitung zurück, was aber nach dem Lesen eigentlich auch zu erwarten war. Er bedämpft zwar hörbar die Höhen, wodurch die Mitten logischerweise präsenter wirken, aber mehr kann ich darüber hinaus nicht wirklich feststellen. Drehe ich den Höhen-Regler auf 9 Uhr, klingt das für mich im Grunde sehr ähnlich.
Und noch etwas stößt mir leider auf: Beim Erstellen der Audiobeispiele musste ich feststellen, dass das erwähnte Grundrauschen auch auf dem D.I. Out liegt. Das ist wirklich unschön und sollte gerade bei einem Amp mit diesem klangvollen Namen nicht sein!
In der Bandprobe mit moderater Lautstärke kam der Piccolo 555 mit Gain auf 12 Uhr und Master Volume auf 10 Uhr kaum an seine Grenzen. Auch der Piccolo 333 schien mit dem Master Volume auf ca. 12 nie überfordert. Wer es also nicht so laut braucht, dem dürfte auch der 333 reichen. Als ich die beiden Amps doch mal an die Grenze brachte, zeigt sich erwartungsgemäß, dass der 555 noch einige Reserven mehr im Gepäck hat. Wie bei allen Class-D-Amps wird das Signal bei hohen Lautstärken etwas blechern und komprimiert. Allerdings muss ich sagen, dass ich die Piccolos im Grenzbereich als angenehmer empfand als viele Mitbewerber. Das mag daran liegen, dass Epifani als Endstufe eine Eigenentwicklung verbaut und nicht wie der Großteil der Mitbewerber auf die Module der Bang & Olufsen Tochter ICE zurückgreift.

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