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Equator Q10 und Q8 Test

Praxis

Ich habe mich dafür entschlossen, zuerst ausführlich uneingemessen zu hören, also ohne jegliche Korrektur. Ich denke mir “Wenn, dann richtig” und hieve zum Test die wirklich unhandlichen Q10 auf meine Boxenständer. Hätten die Stative ein Gesicht, würde dieses jetzt vorwurfsvoll schauen. Ganz schön schwer, diese Dinger! Spätestens jetzt habe ich von den drei Spikes der sandgefüllten Ständer einen Abdruck nicht nur im Teppich, sondern auch im Estrich. Aber Masse ist ja im Regelfall dem Klang zuträglich.
Anschließen, Powerschalter betätigen… eigentlich würde jetzt “Play drücken” folgen. Doch was ist das? Aus einer der beiden Boxen vernehme ich im moderaten Rauschteppich einen langsamen Sweep von unten nach oben, nach einiger Zeit wieder zurück. Das Spielchen lässt sich immer nach dem Anschalten feststellen. Da scheint sich irgendwo ein Kondensator in aller Ruhe aufzuladen oder dergleichen. Wie auch immer: Das ist nicht gut! Zwar verschwindet die Zauberei nach einiger Zeit und spielt sich in wirklich irrelevanten Pegelregionen ab, doch beim Erstkontakt können die Äquatorianer nicht punkten. Ich will aber keine übereilten Urteile fällen und gönne mir viele Stunden des Musikgenusses.
Übrigens: Am Ende des Tests findet ihr eine Liste der gehörten Produktionen.

Sie standen zuerst auf meinen Boxenständern: die Q10.
Sie standen zuerst auf meinen Boxenständern: die Q10.

Vor der Prozedur des Einmessens wird recht schnell klar, dass der Hochtontreiber wirklich schnell ist und klar zeichnet. Bei “Flim” von Aphex Twin ist sehr schön das lineare Sirren im Höhenbereich erkennbar, die leicht körnige Rauschfahne auf der Snare in Missy Elliotts “Sock it 2 Me” wird ebenfalls detailliert dargestellt. Das nicht nur tontechnisch unfassbare Album von Beth Gibbons & Rustin’ Man ist für mich eine der klanglichen Referenzen. Wenn bei “Mysteries” diese unglaubliche Röhrenfärbung auf der Stimme der Portishead-Sängerin so fein gezeichnet wird wie mit den Equator-Boxen, dann ist das schon ein wirklich gutes Zeichen. Eines der bekanntesten Jazz-Alben der Welt, John Coltranes “A Love Supreme”, klingt schon auf den uneingemessenen Q10 wirklich hervorragend, Ride und Saxophon vorneweg.
Um die räumliche Abbildung zu überprüfen, eignen sich vor allem Aufnahmen großer Klangkörper mit wenigen oder keinen Stützmikros. Beide von mir gehörte Klassikaufnahmen des audiophilen BIS-Labels zeigen, dass das Koaxialsystem wirklich ordentlich funktioniert. Die Positionen sind scharf, der Tiefeneindruck ist ebenfalls gut. Notenblattrascheln und Kleidungsgeräusche, vor allem aber das Saitensirren und das schwere Atmen des Cellisten Truls Mørk im Werk des schwedischen Komponisten Kurt Atterberg wirken absolut plastisch – phantastisch! Generell wirken die Equator “unhornig”, wenn ich das einmal so nennen darf. Mit geschlossenen Augen fühle ich mich fast an  einen “normalen” Konuslautsprecher erinnert. Im uneingemessenen Zustand ist der Frequenzbereich zwischen fünf und zehn Kilohertz leicht überdominant, aber dennoch nicht scharf und spitz. Viel Spaß macht es daher, hochwertige Sprachproduktionen abzuhören.

Auch weiter unten im Frequenzgang findet man keine wirklichen negativen Überraschungen. Ich baue die Boxen zur besseren Überprüfbarkeit in unterschiedlichen Räumen auf, was diesen Eindruck bestätigt. Die Würfelform ist zwar akustisch gesehen erst einmal problematisch, da sich hier stark ausgeprägte axiale und tangentiale Moden entwickeln können, allerdings ist im Klangresultat an keiner Stelle eine starke Unebenheit feststellbar – das Bassreflexgehäuse samt seiner Innenwände scheint mit dem Chassis gut zusammenzuwirken. Selbst der Hang zur Schwammigkeit derartiger Systeme hält sich angenehm in Grenzen: Die Equator Q10 transportieren Bässe ausreichend trocken und differenziert. Bei Aphex Twins “Flim” lassen sich die unterschiedlich gepitchten Bassdrums klar verfolgen, “Sock It 2 Me” macht auf diesen Lautsprechern Lust auf mehr. Doch apropos “mehr”: Selbst bei manchen Passagen der Klassikaufzeichnungen macht sich schon etwas bemerkbar, was ich durchaus als Problem der Lautsprecher bezeichnen möchte. Wird das Material dichter, sei es durch entsprechende Instrumentierung oder technische Bearbeitung (Kompression), tun sich die Equator schwer, klar zu bleiben. Man hat das Gefühl, dass zusätzlich gepresst wird und Material weitaus undurchsichtiger an den Ohren ankommt, als es auf dem Datenträger vorhanden ist. Die Equator wirken überfordert, die bei offeneren Stücken beeindruckende Tiefe und Ortbarkeit bricht förmlich zusammen. Bei dem gleichnamigen Opener des Albums “Ladies And Gentlemen We Are Floating In Space” von John Spacemans Band “Spiritualized” – zugegeben sehr dicht instrumentiert – wird das sehr deutlich, bei “No God, Only Religion” ebenfalls. Das macht keinen Spaß! Stücke mit ordentlich Zerrung wie “The Knock” von U.N.K.L.E. feat. Mike D. und “New Noise” von Refused sind leider die Negativgewinner, wirken unangenehm gepresst, zweidimensional und besonders in den unteren Mitten eingeengt. Dieses Verhalten der Boxen ist beileibe nicht nur im Grenzbereich bei „Ich-hasse-meine-Nachbarn-und-sowieso-die-ganze-Welt-Pegeln“ festellbar, sondern bei wirklich humanen Abhörlautstärken.

Nun ja, da hat die Kalibrations-Software ja eine Aufgabe. Ist sie der “Erlöser”?

EquatorQ10_50FIN

Das Einmessen der Lautsprecher funktioniert wie folgt: Eine Box wird per USB angeschlossen, die zweite Box von dort aus per CAT5-Kabel (beides nicht im Lieferumfang). Bei mehrkanaligen Setups wird eine Daisy-Chain gebildet, schließlich verfügt jede Box über Ethernet In und Thru. Zum Kalibrieren ist die Software des “Q-Cal” notwendig, die netterweise nicht nur auf CD, sondern zudem auch auf einem USB-Stick mitgeliefert wurde. Mit dem MacBook Air konnte ich mir dadurch die sonst notwendige Schererei mit der “Remote Disc Installation” sparen. Neben der eigentlichen Software wird noch ein USB-UART-Adapter installiert. Wer mag, kann sich ein ausführliches Tutorial-Video ansehen, auf dem alle Schritte erklärt werden.  Doch nach der Installation auch auf dem Studio-Hauptrechner macht sich Ernüchterung breit: Der System Profiler sieht zwar das angeschlossene USB-Gerät, der Ethernetadapter wird sogar in den Netzwerkeinstellungen als Adapter angeboten, aber die Equator-Software kann trotz mehrfach überprüfter Einstellungen ihre Boxen nicht finden. Erst direkter Kontakt zum Support des Unternehmens in den USA lieferte mir schnelle Linderung in Form eines kleinen Patches. Nun ja, das sind Kinderkrankheiten und kein Weltuntergang.

Zum Einmessen wird das mitgelieferte Mikrofon über ein normales Interface mit dem Rechner verbunden, ein eventuelles Hardware-Monitoring muss währenddessen natürlich ausgeschaltet werden. Nach kleineren Einstellungen weist eine albern-spacig gestaltete Warndurchsage mit anschließendem Countdown darauf hin, dass man nun tunlichst den Raum verlassen sollte – es wird laut! Nach kurzen Impulsen und Sweeps erhält man das Ergebnis, welches man nicht nur einsehen, sondern auch verändern kann. Setups lassen sich speichern, sogar die Displays der Lautsprecher lassen sich in ihrer Helligkeit verändern. Perfekt!

Fotostrecke: 2 Bilder Nein, das ist KEIN 3D-Egoshooter, das ist die Software zum Einmessen und Regeln der Einstellungen.

Ergebnisse derartiger Systeme können für Personen, die es nicht kennen, erstaunlich sein. Das Dynamikproblem der Lautsprecher – über dessen technische Ursache hier nur spekuliert werden könnte – kann der Equator Room Analyzer aber natürlich auch nicht lösen. Die automatische Pegelanpassung unterschiedlicher Frequenzbereiche vermag die übelsten Probleme einer Abhörsituation abzuschwächen, vor allem im Live-Betrieb wird das gemacht. Es sollte jedoch niemals vergessen werden, dass ein derartiges System immer nur Symptome bekämpft, nicht die Ursachen. Sinnvoller wäre es, Boxen explizit für bestimmte Räume zu kaufen und diese Räume raumakustisch zu optimieren – das für Einmess-Systeme gesparte Geld ist meiner Meinung nach dort nicht falsch angelegt (zumal wir hier meist über eine feste Installation sprechen). Aber zugegeben: Wie die Equator es machen, ist es eben einfacher. Ich habe die Q10 spaßeshalber in wirklich katastrophale akustische Verhältnisse gesetzt, die vor allem durch harte Reflexionen jede noch so gute Box unausgewogen klingen lassen. Hier zeigt sich, dass die Software ordentliche Dienste leistet und die Hörsituation zumindest tragbar wird. An meiner Standard-Hörposition fand ich die Equator im Bypass teilweise sogar tatsächlich etwas besser, vor allem in den tiefen Frequenzen. Die Einmess-Software hatte in den Q10 ohnehin nur leichte Änderungen programmiert, und dass ein vorgeschalteter EQ immer auch unerwünschte klangliche Nebeneffekte besitzt, dürfte bekannt sein. Diesen leichten Unebenheiten lässt sich auch anders begegnen: mit ausreichend Hörerfahrung in dieser Monitoring-Situation. Ich möchte aber noch einmal darauf hinweisen, dass es sich bei meiner Kritik dazu um eine generelle handelt, nicht um eine Equator-spezifische!

Zwei Zoll sind ja nicht sonderlich viel, daher erwarte ich bei den Q8 keine enormen Unterschiede zu den größeren Geschwistern. Allerdings ist alleine der Volumenunterschied sehr groß, daher kann man sich vor dem ersten Hören vorstellen, was mir die Lautsprecher dann auch umgehend beweisen: Sie sind im Bass deutlich schwachbrüstiger!

Während die Q10 durchaus in der Lage sind, im Tiefbassbereich mit ausreichend Pegel klar und trocken darzustellen, schaffen es die Q8 nicht, derart viel Luft in diesen geringen Geschwindigkeiten zu bewegen. Das Bassreflexsystem scheint weitaus höher abgestimmt zu sein, als es das geringere Volumen notwendig erscheinen lässt, doch führt dies in den Tiefen zu einem wirklich ausgewogenen Frequenzgang – uneingemessen, wohlgemerkt! Allerdings sind die unteren Mitten etwas matschiger, auch darüber vernehme ich Unebenheiten. Die Räumlichkeit steht hinter der der Q10 etwas hinten an. Auch der Tiefeneindruck ist nicht so stark, sondern etwas platter. Glücklicherweise sind die Dynamikprobleme weitaus weniger ausgeprägt als bei den Zehnzöllern. Im eingemessenen Zustand verbessert sich die spektrale Ausgewogenheit deutlich und gefällt mir wirklich besser als im unkorrigierten Betrieb. Dies ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass die Q10 im linearen Betrieb eine deutlich bessere Figur machen.

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