Eric Johnson gehört definitiv zu den Lichtgestalten der Gitarrenszene, die für einen unverwechselbaren Stil, einen sehr eigenständigen, schon fast violinartigen Gitarrensound und sehr interessante Kompositionen stehen. Geboren 1954 in Austin, Texas, begann seine Karriere schon sehr früh und bereits in den 70er- und 80er-Jahren war er als Studiomusiker auf Platten von Carole King, Christopher Cross oder auch Cat Stevens anzutreffen.
Nach diversen Formationen gründete Johnson schließlich sein eigenes Trio und veröffentlichte Soloalben, von denen vor allem “Ah via Musicom” aus dem Jahre 1990 ein besonders wichtiger Meilenstein war, der ihm für den Song “Cliffs of Dover” sogar einen Grammy bescherte. Ein zusätzlicher Karriereschub war die Teilnahme an der ersten G3-Tour, bei der ihn Steve Vai und Joe Satriani mit ins Boot holten. Mittlerweile zählt Eric zur renommierten alten Garde der Guitar-Heroes. Er hat unzählige Musiker stark beeinflusst, nicht zuletzt auch Joe Bonamassa. Da sein Spiel an Aktualität nichts eingebüßt hat und nach wie vor sowohl technisch als auch musikalisch ungeheuer interessante Konzepte beinhaltet, sollten wir uns des texanischen Gentleman einmal dezidiert annehmen.
Eric Johnsons Equipment
Eric wird in erster Linie mit 50er-Jahre-Strats assoziiert, von denen er im Laufe seiner Karriere eine ganze Reihe besaß. Berühmt ist vor allem die 54er Sunburst-Strat, die er auf „Cliffs of Dover“ zum Einsatz brachte. Mittlerweile besitzt Eric sein eigenes Signature Modell von Fender, das sich an die 54er-Reihe anlehnt und mit Ahornhals ausgestattet ist. Natürlich gehören auch einige Gibson Les Pauls, SGs oder 335 Modelle zum Eric’schen Fuhrpark.
Sein Signal durchläuft ein duales System, bei dem der Cleansound durch zwei Fender Twin oder Deluxe Reverbs erzeugt wird. Der Rhythm- und Leadsound stammen von Marshall Plexis, darunter ein 1987er 50-W-Topteil, aber auch Super-Bass-Amps. Davor hängt eine Reihe an Pedalen wie der Chandler Tube Driver, der Ibanez Tubescreamer und das Fuzz Face. An Effekten kommen unter anderen der Echoplex EP-3, Electro-Harmonix Deluxe Memory Man, ToadWorks Barracuda Flanger, Boss DD-2 Dunlop Cry Baby Wah, TC Electronic Stereo Chorus/Flanger, oder ein MXR Digital Delay zum Einsatz. Übrigens setzt Eric auf die Dunlop Jazz III Plektren, von denen er auch eine Signature-Version mit etwas matterer Oberfläche und 1,38 mm Stärke besitzt.
Die Spielweise von Eric Johnson im Workshop analysiert
Eine Besonderheit in Erics Melodiespiel ist sicherlich die sehr spezielle Pickingtechnik, die auch Joe Bonamassa stellenweise übernommen hat, und die, man glaubt es kaum, starke Parallelen zur Spielweise Yngwie Malmsteens besitzt.
Johnson ist, wie eine vortreffliche Analyse des YouTube Kanals von Troy Grady zeigt, ein “downward pickslanter”, das heißt, sein Plektrum ist ca. im 45-Grad-Winkel nach unten geneigt. Diese Haltung hat zur Konsequenz, dass seine Downstrokes dazu führen, zwischen zwei Saiten “gefangen” zu sein, wohingegen die Upstrokes zur freien Platzierung des Plektrums oberhalb der Saitenebene führen. Dieser Umstand zwingt Eric dazu, Saitenwechsel entweder immer nur nach einem Upstroke vornehmen zu können, oder aber im Falle von aufsteigenden Lines, Economy- oder Sweeppicking zu benutzen, um die Saiten zu wechseln. Das bedeutet, dass man bei aufsteigenden Licks eine gerade Anzahl von Noten benötigt, um auf einem Upstroke zu enden und bequem zur nächsthöheren Saite wechseln zu können, und man bei einer ungeraden Anzahl einfach nach unten durch-sweept. Bei fallenden Lines verwendet Eric allerdings keinen Upward-Sweep, wie das z.B. Frank Gambale machen würde, sondern er wechselt die Saiten schlichtweg eben nur nach Upstrokes. Aber heißt das in der Konsequenz, dass die Notenanzahl pro Saite dann nicht gerade sein muss? Nicht zwangsläufig, denn bei einer ungeraden Notenzahl kann er sich einfach einen Anschlag dadurch aussparen, dass er entweder einen Slide, einen Hammer On oder Pull-Off einfügt, wodurch er auch drei Noten mit nur zwei Anschlägen spielen kann, die dann auf einem Upstroke enden.
Diese Spielweise befähigt Eric dazu, sehr interessante pentatonische Groupings zu spielen, wie seine berühmten Fünfergruppen, die mit normaler Alternate Picking-Technik nur sehr umständlich auf seine Geschwindigkeit zu bringen wären. Aus der Picking-Logik ergibt sich für Eric bei Pentatonik-Runs, dass er, um einen eleganten Richtungswechsel auf der hohen E-Saite umsetzen zu können, eine Note dort einfügt. Dies ist dann entweder die None, was ein ganz typischer Eric-Johnson-Sound ist, oder aber einen Ton aus dem nächsthöheren Pentatonik-Fingersatz (s. auch Stretchpentatonik), den Eric durch Überstreckung greift. Hier eine typische Line in Em:
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Die nächste Line folgt der gleichen Logik und verbindet eine Am-Pentatonik mit der None, um die Skala zu einer Hexatonic zu erweitern, nur, dass diesmal sowohl ein Lagenwechsel als auch ein Pentatonik-Stretch auf der hohen E-Saite eingebaut wurde. Die None trägt einerseits zu einem sehr lyrischen Sound bei, hat aber auch den Nebeneffekt, dass das Shape viel besser in der Hand liegt, als es der eigentliche Pentatonik-Fingersatz tun würde.
Um den Lagenwechsel gezielt zu üben, bieten sich Fünfergruppierungen quer übers Griffbrett an. Hier findet ihr eine Em-Pentatonik, die sich von der 12. bis zur 1. Lage herunterarbeitet. Bei Licks wie diesen macht es übrigens auch Sinn, jeden möglichen Startton der Pentatonik auszuchecken, um möglichst flexibel mit den Position-Shifts in allen Tonarten arbeiten zu können.
Eine weitere Besonderheit in Erics Spiel ist der Einsatz von Dreiklängen in sogenannter “weiter Lage”, d.h., der Akkord wird so gespielt, dass zwischen jeden Ton noch ein anderer Akkordton “passen” würde. Diese Akkorde klingen sehr lyrisch und schon fast neoklassisch, wobei sie auch sehr unorthodoxe Intervalle aufreißen, die man im Rock auf der E-Gitarre eher seltener zu hören bekommt.
Die Gemeinsamkeiten zu Malmsteens Licks sind bei allen gigantischen Unterschieden, die diese beiden Gitarristen haben, schon manchmal erstaunlich. Auch Eric steht auf Pedaltonlicks, die jedoch weniger den neoklassischen Sound transportieren, sondern deutlich moderner daherkommen. Hier spielt er beispielsweise einen D-Dur- und C-Dur-Dreiklang, den er mit dem Pedalton G pendeln lässt. Den Abschluss des Licks bildet wieder ein angereicherter Pentatonik-Run in Erics typischer Picking-Manier.
Kommen wir nun zu zwei Auszügen aus Stücken von ihm. Den Anfang macht natürlich das furiose Intro von “Cliffs of Dover”, das relativ rubato gespielt ist und schon fast eine Essenz von Erics Spieltechnik darstellt. Hier lassen sich sehr gut Teile von Erics Stilelementen erkennen: Pentatonik- und Blueslicks, die mit der None angereichert sind, Fünfergruppen mit Lagenwechseln, Stretchpentatoniken und natürlich der unbeschreiblich singende Gitarrenton, verbunden mit einem tollen Vibrato:
Zum Abschluss findet ihr hier eine Passage aus dem Stück Manhattan, das zum einen mit Wes-Montgomery-artigen Oktaven, aber auch mit Hendrix-artigen Fills aufwartet und in der Tonart Ebm steht.
Die wichtigen Komponenten für Erics Sound
Den Sound erhaltet ihr am besten mit einer Singlecoil-Gitarre und einem Amp mit britischer Zerre, dessen Höhenbereich ihr etwas abmildern solltet. Dies gelingt entweder durch den Einsatz eines Fuzz Face oder durch das Zurücknehmen des Tone-Reglers am Drive-Pedal. Allerdings könnt ihr das auch mit einem EQ realisieren. Für den Cleansound solltet ihr einen Amp mit weichen Mitten benutzen, wobei ihr den Sound mit ordentlich Reverb, Delay und auch einem Stereochorus anreichern könnt. Hier ein Vorschlag für Erics Clean- und Solosound:
Damit wünsche ich euch gutes Gelingen, Erics Spiel zumindest ein stückweit auf die Schliche zu kommen!