Praxis
Erste Bedienschritte
Mein Erstkontakt mit der DB-01 bestand aus auspacken, einschalten und – leichter Ratlosigkeit. Die Bedienung und Programmierung folgt einem leicht anderen Prinzip wie vermeintlich vergleichbare Synth-Sequenzer-Kombis. Es empfiehlt sich tatsächlich, die knapp und klar formulierte Bedienungsanleitung durchzuarbeiten. Schon nach den ersten Seiten war das Prinzip verstanden, gegen Mitte pulsierten schon sehr dynamisch die ersten selbstprogrammierten Sequenzen und bis zum Ende des Manuals drang ich zunächst gar nicht vor – der Spielspaß war stärker und der erste Track schon in der Mache.
Navigation
Nach dem Einschalten befindet sich die DB-01 sofort im Step-Sequence-Modus. Bänke, Patterns und alle anderen der zahlreichen Untermenüs lassen sich schnell per Shift und Druck auf einen der 16 pillenförmigen Taster erreichen und geben sich jeweils ziemlich klar mit einem dreistelligen Kürzel im Display zu erkennen. Hat man sich mit der grundsätzlichen Bedienung erst mal eingegrooved, geht das Arbeiten mit der DB-01 schnell und bequem von der Hand.
Sound
Erica Synths hat bekannterweise ein Faible für brachialen Klang. Gerne werden die Produkte der Synthschmiede aus dem baltischen Lettland mit Attributen früherer sowjetischer Militärtechnik assoziiert. Die DB-01 ist da keine Ausnahme. Erst einmal kann sie richtig laut sein. Gerade wenn man mit dem Drive-Regler in die Sättigung geht, macht sich das Fehlen eines Volumenreglers zum Abgleichen der Ausgangslautstärke fehlend bemerkbar. Cutoff und Resonanz färben den Sound nicht einfach nur dunkler oder heller, sondern interagieren sehr organisch mit dem Sequenzer und seinen programmierbaren Modulationen. Der Sub Oszillator verleiht Schub ohne zu matschen und der Detune-Regler erzeugt mit einer Eimerketten-Delayschaltung eine sehr breite Verstimmung.
Der LFO wirkt sich gemeinsam mit der Frequenzmodulation milde bis massiv stark auf das Klanggeschehen aus. Mit Sinus, Dreieck, Sägezahn, Ramp, Rechteck, Sample & Hold, Noise und den exotischeren Triple Decay Saw und Dual Saw + Triangle stehen neun Wellenformen zur Verfügung. Per FM Level wird der LFO zur Frequenzmodulation herangezogen und mittels LFO Level auf das Cutoff des Filters geleitet. Die 16 Step-Taster visualisieren im LFO-Menü als funky Lauflichtanzeige den Typ, die Geschwindigkeit und die Richtung des LFOs. Der LFO kann frei oder synchron schwingen und dazu jeweils pro Step neu gestartet werden, mein Favorit, weil ich damit noch mal enorm Bewegung in die Sequenz schrauben kann.
Geheimwaffe: Der Sequenzer
Die DB-01 kann per MIDI gespielt werden, aber damit erschließt man ihr klangliches Potential nicht mal ansatzweise. Wie auch bei der TB-303 holt erst der Bord-Sequenzer das Maximum aus dem Gerät heraus. Die Notenlänge kann bei jedem Step unabhängig eingestellt werden. Dazu gesellen sich die üblichen Kandidaten Akzent und Slide, aber am charakteristischsten sind die Step-Funktionen Modulation und vor allem Pitch Envelope. Mit Hilfe dieser beiden Parameter entstehen diese überperkussiven impulsiven Akzente, mit der eine Sequenz auf der DB-01 wie eine bösartige Chymäre aus verzerrten Drums und bratzigem Bass klingen kann. Sie sind der wahre Trumpf des neuen Erica Synthesizers und der Schlüssel zu wirklich aufregenden Sequenzen, die man so nur mit entsprechendem Aufwand an einem Modularsystem hinbekommt. Das Programmieren von Akzent, Slide, Modulation und Pitch Envelope geschieht natürlich bei laufendem Betrieb. Aber der Sequenzer kann noch mehr.
Interessante Step-Sequenzing-Tricks
Patterns können bis zu vier Takte lang sein. Nicht nur die Sequenzlänge kann hier zwischen einem und 64 Steps eingestellt werden, sondern auch der erste Step. Ein Pattern muss also nicht immer auf der „Eins“ losgehen, auch eine Sequenz von beispielsweise „Step 3 bis Step 9“ kann man ganz intuitiv setzen. Weitere Möglichkeiten zur direkten Sequenzmanipulation: Abspielrichtung (vorwärts, rückwärts, Zufall, Ping-Pong, Ping Pong mit doppeltem Abspielen der jeweils letzten Steps der Sequenz und die Trigger-Wahrscheinlichkeit, mit der die einzelnen Noten auch wirklich ausgelöst werden. So ist keine Sequenz in Stein gehauen, sondern kann bei laufendem Sequenzer „geremixed“ werden. Wenn das neue Resultat gefällt, wird es schnell per Save gesichert. Ist man nicht zufrieden, wählt man einfach das nächste Pattern an, ohne es zu speichern und das bearbeitete Pattern wird wieder in seinen Ursprungszustand zurückversetzt – das geht auch mit der Kombination SELECT halten und BACK drücken, aber nicht nahtlos. Auch Pattern-Chaining ist innerhalb einer Bank machbar, zwar nur temporär, aber dafür ‚on the fly‘. Einen Songmode, bzw. Trackmode wie bei der 303, gibt es nicht.
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Transpose und Scale
Transpose ist über drei Oktaven spontan machbar und kann auch temporär fixiert werden. Allerdings springt die Transponierung beim Verlassen des Transpose-Menüs wieder auf den ursprünglichen Wert zurück. Auch hier der Vorteil dabei: Die Originalsequenz bleibt unberührt. Die DB-01 bringt acht eigene Skalen mit: Chromatisch, Dur, Moll, Pentatonisch, Moll pentatonisch, Whole-Tone, Blues in Dur und Blues in Moll. Sehr spannend ist die Möglichkeit 16 eigene Skalen zu definieren, auch mikrotonale Skalen.
Der Arpeggiator
Ein Arpeggiator in einem Bass-Synth ist eine sehr gute Idee. Vor allem, weil man die Arpeggios auch in die Sequenzen einsetzen kann. Wie im Audiobeispiel 16 (weiter unten) zu hören kann man mit dem Arpeggiator mit bis zu drei Oktaven auf ein laufendes Pattern spielen und das Resultat auch aufnehmen. Die Anzahl der Abspielrichtungen (Up, Down, Up/Down, Random) ist zwar bislang noch überschaubar, aber als Inspirationsgeber ist der Arpeggiator ebenfalls ein Killerfeature.
Kommissar Zufall aka Pattern-Randomization
Wie zufällig hat die DB-01 auch einen Zufallsgenerator für Patterns an Bord. Der kann komplett zufällige Patterns erzeugen oder aber nach User-definierten Kriterien für Akzent, Slide, Modulation, Pitch Envelope, Step On-oder Off-Wahrscheinlichkeit, Notenlänge und natürlich Tonhöhe. Die Bandbreite der Kriterien lässt sich auch pro Bank abspeichern, so dass sie auch für weitere Patterns zur Verfügung stehen.
Tipp für’s erste Antesten der DB-01: SHIFT + RND PTTN (der elfte Taster von links) drücken, dann den rot erleuchteten Taster 16 drücken und sich über die jeweils zufällig erzeugten Sequenzen freuen.
Notenausgabe per CV/Gate- und MIDI-Out
Dank CV/Gate- und MIDI-Out kann die DB-01 auch andere Synths ansteuern. Da via CV/Gate die Spannungsdaten ausgegeben werden, reagieren auch Synths wie z. B. mein Roland CMU-800 (ein kleiner Verwandter von SH-09 und SH-101) äußert spritzig auf die pulsierenden Sequenzen der DB-01. Über MIDI werden dagegen lediglich die Notenwerte ausgegeben und es klingt deutlich nüchterner. Beides zu hören in den Audiobeispielen.
Audiobeispiele zu Erica Synths DB-01
Was fehlt?
Die DB-01 wirkt auch deshalb so professionell erwachsen, weil die komplette Beleuchtung einfach nur rot ist. Keine Kinder-Disco in allen RGB-Farben. Der Preis dafür ist, dass sich die leicht stärker leuchtenden LEDs eines angewählten Patterns oder Parameters von den schwächer beleuchteten Tastern unter ungünstigen Lichtverhältnissen nur schwer unterscheiden lassen, wie z. B. draußen, bei einem Tages-Open-Air-Festival. Während des Tests habe ich einen Volumenregler und einen Kopfhörerausgang nicht wirklich vermisst. Vielleicht sind Erica Synths schon gedanklich zu tief im Modular-Game drin, wo man so was nicht (mehr) benötigt, aber für ein autarkes Gerät sind diese beiden Standards hilfreich. Ansonsten jedoch ist die DB-01 ein erstaunlich komplettes und ausgereiftes Statement in Sachen Bass-Synth-Sequenzer.
Für wen ist das?
Die Erica Synths Bassline DB-01 ist eine fantastische Maschine für fette, bratzige, dreckige Bassline-Bretter. Vor allem für Detroit-Electro, aber auch EBM á la Nitzer Ebb und Techno der härteren Sorte, macht sie einen hervorragenden Job. Man kann mit ihr komplexe Synthbass-Loops programmieren, für die man normalerweise ein gut ausgestattetes Modularsystem benötigt. Die DB-01 packt das alles in ein wohlproportioniertes Gehäuse mit angenehm intuitiver Bedienung und – sie macht einfach Spaß. Die DB-01 ist nicht günstig, aber sehr wertig und befindet sich im Preissegment guter 303-Klone wie der Acidlab Bassline. Mit denen konkurriert sie nicht, sondern bewegt sich sehr sicher auf ihrem ganz eigenen klanglichen Terrain.
Erica Synths Bassline DB-01 Sound Demo (no talking)
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