Praxis
Besonderheiten und Klang
Die Oszillatoren
VCO 1 und 2 liefern Frequenzen zwischen 1 Hz und 10kHz. VCO1 erzeugt Sinus und Sägezahn, VCO 2 Rechteck- und Dreieck-Welle. Die Pegel der Wellenformen lassen sich individuell einstellen und erscheinen als VCO1 und VCO2 auf der Patch Matrix. Das Besondere am EMS Design sind die Waveshaper (SHAPE), welche die Grundwellen von der Mittelstellung ausgehend nach links und rechts gedreht, extrem verbiegen und dabei eine reiche Palette an Obertönen erzeugen. Bei VCO 1 verwandelt sich der Sinus nach rechts gedreht in eine „Buckelwelle“, nach links in die Umkehrung, eine „Spitzenwelle“. Bei VCO 2 bewegt SHAPE die Pulsweite der Rechteckschwingung und verwandelt die Dreieckswelle in einen abfallenden oder aufsteigenden Sägezahn.
- Video 1: Waveshaping des Sinus von VCO 1. Zunächst von der mittleren Reglerstellung nach links, dann nach rechts. (Video: Joker Nies)
- Video 2: Waveshaping des Square-Wave von VCO 2. Zunächst von der mittleren Reglerstellung nach links, dann nach rechts. (Video: Joker Nies)
- Video 3: Waveshaping der Dreieck-Schwingung von VCO 2. Zunächst von der mittleren Reglerstellung nach links, dann nach rechts. (Video: Joker Nies)
Alle Wellenformen zeigen, wie auf den Oszilloskop-Videos zu sehen, ausgeprägten „Charakter“ und entsprechen nicht gerade dem idealen Bild eines Sägezahns oder einer Rechteck-Schwingung. Selbst der Sinus hat leichte Ecken, die sich als dezenter Quint-Einschlag Äußern. Diese Imperfektionen sind aber gerade das Salz in der Suppe! Sie bieten dem Filter ordentlich Angriffsfläche und sorgen mit ihren nuancenreichen Übergängen durch den SHAPE-Regler gerade bei Feedback-Verschaltungen und Kreuzmodulationen zwischen VCO 1 und 2 für stabile Inseln komplexer Klanggebilde in einem Meer von Chaos.
VCO 3 erzeugt die gleichen Wellenformen wie VCO 2, allerdings im Frequenzbereich von 0,05 – 500 Hz wird er also meistens als LFO zum Einsatz kommen. Mit dieser recht hohen oberen Frequenz eignet er sich aber auch gut für FM- und AM-Anwendungen (Ringmodulation). Als Erweiterung des ursprünglichen Designs haben alle drei VCOs einen Schalter. Bei VCO 1 schaltet er dessen Frequenz um eine Oktave nach oben oder unten. Bei VCO 2 wird damit der Sync zu VCO 1 aktiviert und bei VCO 3 aktiviert er Key-Follow, sodass die Frequenz nun vom 1V/Oct-Eingang oder MIDI-Noten gesteuert wird.
Die Probleme der historischen Instrumente, wie schlechtes V/Oct-Tracking und fehlende Temperatur-Kompensation gibt es hier nicht. Die VCOs sind absolut stimmstabil und tracken sauber über acht Oktaven. Um das zu gewährleisten, empfiehlt das Manual eine Aufwärmzeit von fünf bis zehn Minuten. Die präzise Einstellung der VCO-Frequenzen bleibt aber ein Fingerspitzen-Job – kein Wunder bei dem Frequenzumfang.
Das Filter
Das Filter des VCS3 / Synthi A war bei den Modellen vor 1974 als 18 dB Diode-Ladder Tiefpass, danach als 24dB Tiefpass ausgelegt. Mit einem eher dezenten Resonanzverhalten, ist es doch selbstoszillierend. Das Filter im SYNTRX verhält sich genauso. Ab der 16-Uhr Stellung des Resonanz-Reglers setzt eine leise, sinusförmige Oszillation ein. Die ist allerdings so fragil, dass man VCO-Signale nur sehr vorsichtig zufügen sollte, da diese sonst die Filter-Rückkopplung vollständig unterdrücken. Ähnliches gilt für Filter-FM. Hat man seine VCOs im Griff, entstehen aber sehr schöne Mischklänge und Filter-Modulationen. Die Pegelregler der VCO Wellenformen bieten genug Signal-Level um das Filter ganz sanft anzusteuern, oder in die Sättigung zu fahren, was eine Verdichtung des Klanges mit dezentem Overdrive bewirkt. Ähnliches gilt für die Pegel des Ringmodulators.
Die Matrix
Das Herzstück und Alleinstellungsmerkmal der EMS / Erica Synths Synthesizer sind natürlich die Patch-Matrix, welche Patch-Kabel vollkommen überflüssig macht. Hatten die Originale Probleme mit Übersprechen und der gegenseitigen Beeinflussung von Steuerspannungen, die auf dasselbe Ziel gepatcht waren, etwa bei Tonhöhen-Steuerspannungen, ist die neue High-Tech Version absolut frei von solchen Artefakten. Auch die Bedienung ist denkbar einfach: Mithilfe der beiden gerasterten Drehgeber mit Tastfunktion für die Horizontale und Vertikale wird ein Verbindungspunkt angewählt und durch Druck aktiviert. Während der rechte Taster die Verbindung aus- und einschaltet, ermöglicht der Linke Regler/Taster durch wiederholtes Drücken eine Koppelung mit 100-, 70- oder 30 % Wirkung. Beim Original wurden diese Dämpfungen mit Widerständen in den Pins erzeugt, erkennbar an den Farben der Pin-Kappen (weiß, rot, grün).
Für dich ausgesucht
Neben den technischen Verbesserungen, hat die digitale Steuerung der analogen Matrix den unschätzbaren Vorteil, dass die Verbindungen gespeichert werden können. Praktischerweise stehen dafür fast genauso viele Presets wie Patch-Punkte bereit (254). Natürlich ist das nur ein Teil des Kuchens, denn die Stellung sämtlicher Regler bestimmt ja maßgeblich den Sound und will daher ebenfalls festgehalten werden. Für diesen Zweck liefert Erica Synths zehn Template-Bögen mit ausgestanzten Löchern für alle Bedienelemente mit. Diese legt man einfach über die SYNTRX Oberfläche, um so sämtliche Parameter markieren zu können. Da lohnt sich die Anschaffung einer Palette von Fineliner-Filzstiften, mit denen man gleich mehrere Patches auf einem Blatt unterbringen kann.
MIDI und CV
Der Kontakt zu Sequenzern oder Keyboards ist per MIDI oder Steuerspannung möglich. Über die 5-Pol MIDI-Buchsen reagiert der SYNTRX auf eingehende Noten-Befehle, sowie CC1 (Modulationsrad), zwei MIDI-CCs nach Wahl und Aftertouch. Modulationsrad und Aftertouch sind dabei auf die Filterfrequenz geroutet, die beiden selbst gewählten CCs werden den Joystick-Werten aufaddiert. Nutzt man die Steuerspannungs-Eingänge, kann der SYNTRX auch paraphon gespielt werden, wenn beide CV-Eingänge mit unterschiedlichen Tonfolgen beschickt werden.
Audiobeispiele zu Erica Synths SYNTRX
Erica Synths SYNTRX Sound Demo (no talking)
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