Praxis
Aus ergonomischer Sicht weist das Vorbild des Phoenix, der Gibson Thunderbird, durchaus einige Eigenheiten auf: Ein typischer heikler Punkt ist etwa die starke Kopflastigkeit, an der auch unser Testkandidat leidet. Beim Thunderbird-Korpus fehlt ja bekanntlich das obere Korpushorn, weshalb der Gurtpin eher suboptimal rückseitig am Hals/Korpus-Übergang installiert wird. Durch den geringen Gegenzug besitzt der lange Hals dann logischerweise einen mächtigen Drang nach unten. Auch ein rutschsicherer Gurt schafft hier nur bedingt Abhilfe, lediglich mit etwas Druck des rechten Arms auf den Korpus kann man den Phoenix in eine passable Spielposition bringen. Bei meinem Testbass gesellt sich noch das recht stattliche Gewicht von 4,5kg dazu, das einer komfortablen Handhabung ebenfalls nicht wirklich zuträglich ist.
Toller Rennhals und gutes Setup
Positiv auf den Spielkomfort wirkt sich hingegen der Hals mit seinem schlanken U-Profil und der seidigen Haptik aus: Die Rückseite ist zwar deckend schwarz lackiert. Im Gegensatz zum Korpus kommt hier jedoch ein matter Lack zum Einsatz, der sich wirklich klasse anfühlt und unerwünschten Bremseffekten bei schwitzigen Händen entgegenwirkt. Auch bezüglich des Werk-Setups gibt es beim ESP nichts zu meckern – der Bass kam mit perfekt justierter Saitenlage und einer leichten Halskrümmung bei mir an, sodass ich mich ohne Umwege mit den klanglichen Fähigkeiten des ESP LTD Deluxe Phoenix-1004 befassen konnte.
Und die sind auf Anhieb sehr gut, denn der Bass liefert bereits unverstärkt gespielt einen gesunden und relativ lauten Sound. Der Anschlag wirkt dabei – typisch für Neck-Through-Bässe – leicht komprimiert und die Töne schwingen langsam und gleichmäßig ab. Deadspots oder fundamentschwache Töne? Keine Spur! Wie der schwarze Vogel aus dem Hause ESP verstärkt klingt, hören wir uns anhand der folgenden Audiobeispiele an:
Oha, dieser Phoenix schiebt wirklich ein ordentliches Pfund raus! Hier kommt ohne Frage die Mahagoni-Konstruktion zum Tragen. Trotz des mächtigen Fundaments und der wunderbar satten Tiefmitten besitzt der Sound aber immer noch ausreichend Definition und erscheint insgesamt etwas kultivierter und klarer als bei einem originalen Thunderbird. Natürlich, die EMG-Tonabnehmer drücken dem Phoenix mit ihrer detailreichen Wiedergabe einen unüberhörbaren modernen Stempel auf!
Mit der Plektrum-Behandlung kommt der Phoenix abermals deutlich spritziger und perkussiver daher:
Für dich ausgesucht
Mit der passiven Tonblende lässt sich der tolle Sound des Phoenix ausgezeichnet variieren. Für den warmen und runden Fingerstyle-Sound im nächsten Beispiel habe ich die Blende nur zu etwa 40% aufgedreht:
Auf dem Neck-Pickup unschlagbar!
Mein Favorit ist allerdings der Halstonabnehmer-Sound des schwarzen Vogels. Bei voll aufgedrehter Tonblende liefert der Phoenix einen modern angehauchten Preci-Sound mit satten Bässen und schmatzenden Höhen. Dreht man die Blende komplett zu, geht es mehr in die Vintage-Richtung, die Konturen bleiben aber dank des fein auflösenden EMG-Splitcoils völlig intakt. Schwammig klingt dieser Phoenix wirklich zu keinem Zeitpunkt, toll!
Zum Abschluss hört ihr noch den Stegtonabnehmer des ESP LTD Deluxe Phoenix-1004 im Solobetrieb. Der knurrige, mittenstarke Sound besitzt Durchsetzungskraft ohne Ende und eignet sich hervorragend auch für virtuosere Bass-Grooves: