Praxis
Die ESP LTD EC-401B kam perfekt gestimmt aus dem Karton. Zwar mussten die Saiten noch einige Minuten eingespielt werden, aber so etwas habe ich selten erlebt. Die beiden unteren Saiten waren zwar ab Werk noch nicht bundrein eingestellt, aber das hatte ich in drei Minuten erledigt. Ich habe mir schon vor vielen Jahren eine Danelectro Baritongitarre zugelegt und war jetzt natürlich auf den Vergleich mit der ESP gespannt. Die macht einen wertigen Eindruck und liegt prinzipiell gut in der Hand, lediglich eine leichte Kopflastigkeit offenbarte sich im Stehen, die durch die größere Masse des Baritonhalses verursacht wird. Dieses Phänomen ruft nicht unbedingt Glücksgefühle hervor, ist aber auch nicht traumatisch. Kopflastigkeit kommt leider in den besten Familien vor und stört in den meisten Fällen nicht wirklich beim Spielen. So auch bei unserer Probandin. Die gesamte Konstruktion unserer Testgitarre ist sehr schwingungsfreudig und bringt schöne seidige Höhen ohne unangenehme Schärfe.
Schließt man die Gitarre an den cleanen Kanal an, merkt man schnell, dass die Tonabnehmer einen sehr hohen Ausgangspegel haben und die Vorstufe schnell in die Sättigung bringen. Aber trotzdem kann die Gitarre bei wirklich cleanen Sounds überzeugen. Am besten hat mir hier, wie bei allen Gaineinstellungen, der Stegpickup gefallen, da er die beste Saitentrennung und Definition besitzt.
Etwas problematisch wird es mit angezerrten Sounds, die irgendwo im Niemandsland zwischen clean und verzerrt angesiedelt sind. Das ist einfach nicht die Stärke der EMGs, denn rein akustisch bringt die Gitarre einen ausgewogenen Klang, der das Zeug dazu hätte. Angezerrt klingt es hier immer etwas bröselig, aber auch das hat seinen Reiz, wie ich finde. Ich habe im Vergleich einmal meine Danelectro Baritongitarre angeschlossen, die mit passiven Lipstick-Singlecoils bestückt ist und eine wesentlich schwächere Ausgangsleistung hat. Hier kommen klassische, angezerrte Sounds zwar wesentlich organischer angeflogen, dafür hat die ESP LTD EC 401 b aber sowohl im cleanen wie auch im HighGain-Bereich die Nase vorn.
Im HighGain-Bereich fühlt man sich mit der EC-401B wie ein Fisch im Wasser. Allerdings kommt man dabei für meinen Geschmack nur mit dem Stegpickup auf seine Kosten, denn der Halstonabnehmer klingt mit zunehmender Verzerrung einfach zu fett. Die Stärke von Baritongitarren sind die tiefen Töne, die einen mächtigen und stabilen Schub liefern, den man mit einer Standardgitarre so nicht hinbekommt. Deshalb kommt man hier mit dem Stegpickup auch naturgemäß eher ans Ziel.
Für dich ausgesucht
Das Solieren mit einer Baritongitarre macht nur bedingt Spaß, weil sich die dicken Saiten nicht so gut ziehen und bearbeiten lassen, wie das zum Beispiel bei einer Strat oder Les Paul der Fall ist. Ich würde hier stattdessen fette Themen oder Riffs spielen. Klassische Rockgitarren-Sololinien klingen zwar unglaublich fett, aber man kommt nie in den Genuss schreiender Obertöne. Ich hab es trotzdem einmal versucht und ein Lick im 12ten Bund zum Besten gegeben.