Praxis
Nach dem ersten Anspielen der Testgitarre war ich nicht “amused”, sie schnarrte extrem. Der Grund war die viel zu niedrige Saitenlage, die ich nach dem ersten Schreck mit einem Inbusschlüssel an der Aufhängung des Tremolosystems nachjustierte. Diejenigen, die darin nicht bewandert sind, könnten hier schnell “Das arme Tier” bekommen, wie der Kölner so schön sagt. Genau das sind die Probleme, die eine halbwegs sorgfältige Endkontrolle eigentlich beseitigen sollte, bevor ein solches Instrument die Fabrik verlässt. Aber gut, zur Not geht man zum Gitarrenladen seines Vertrauens, der hier mit ein paar Handgriffen schnell für Entspannung sorgt. Nachdem ich die Gitarre eingestellt hatte, war ich über den fetten Primärsound überrascht, obwohl ich mir etwas mehr Sustain gewünscht hätte. Das hängt mit dem luftigen Floyd Rose Tremolo zusammen, das beim harten Anschlagen immer etwas nachvibriert. Ohne diesen Sustainkiller wäre die Gitarre vermutlich um einiges direkter.
Ein weiteres Problem ist der Tremoloarm, der ins System gesteckt und anschließend geschraubt wird. Leider löst sich die Schraube extrem schnell. Solange man den Arm im Urzeigersinn dreht, ist alles gut. Sobald man ihn entgegen dem Uhrzeigersinn dreht, lockert sich die Schraube sofort und der Arm beginnt beim Tremolieren zu rasseln. Beim Einspielen der Audiobeispiele ist mir aufgefallen, das die Federn der Tremolos sehr stark nachwummern, was allerdings ein generelles Problem bei Tremolosystemen ist. Jeder Stratocaster-Spieler kennt diesen Effekt, der an einen Federhall erinnert. Bei cleanen Sounds ist das auch kein Problem, aber sobald man mit viel Verzerrung spielt, mischt sich dieser Nachhall in die Verzerrung, wodurch der Ton undifferenziert und verwaschen klingt. Ich habe das bei meinen Gitarren gelöst, indem ich etwas Schaumstoff in Streifen geschnitten und in die Federn eingefädelt habe. Das geschieht mithilfe eines Drahtes, mit dem der Schaumstoff komplett in die ausgebauten Federn eingezogen wird. Anschließend Enden bündig abschneiden und der Nachhall ist weg und man hat einen HighGain-Sound ohne Nachwummern. Hierbei gibt es übrigens kein Problem mit der Stimmung.
Kommen wir zu den cleanen Sounds, die nicht unbedingt die Stärke der GL-200K sind. Der hohe Ausgangspegel und die leichte Mittennnase der Tonabnehmer kitzeln die Eingangsstufe des Gitarrenverstärkers, was bei Gitarren im 80er Stil auch nichts Ungewöhnliches ist. Für mich hält sich dieser Effekt aber noch in erträglichen Grenzen. Waschechte Countrygitarristen und Blueser werden hier dennoch sicher nicht zu Potte kommen.
Der Halspickup klingt eine ganze Ecke dünner als sein Kollege an der Bridge, was ich mit einer Zugabe an Mitten beim Amp etwas ausgeglichen habe. Für mich hat der Halspickup der Gitarre etwas zu wenig Substanz und Wärme, was sich mit zunehmender Verzerrung allerdings verwäscht. Hier zuerst einmal der Halstonabnehmer mit dem cleanen Amp.
Kommen wir zu Medium-Gain-Einstellungen, bei denen die Gitarre schon wesentlich besser zur Geltung kommt als bei den cleanen Sounds. Auffällig ist die Betonung der oberen Mitten, die dem Ton eine hohe Durchsetzungskraft gibt. Gleichzeitig ist man von der leichten Giftigkeit besonders dann schnell genervt, wenn man die Gitarre alleine hört. In einem Songkontext kann es daher sein, das man sie sogar tiefer ins Playback einbetten kann, ohne sie zu laut mischen zu müssen.
Beim Halspickup ist der Ton ebenfalls mittig fokussiert und fast schon eine Spur zu hart. Bei 0:10 kann man übrigens auch gut hören, wie schnell das Tremolo beim Ziehen der Saiten in die Knie geht. Ich würde empfehlen, das System für mehr Sustain und eine standhaftere Stimmung mit einer “Blackbox” oder dem “Mag-Lok Anti Deflection Device” zu stabilisieren.
Für dich ausgesucht
Für meinen Geschmack glänzt die Gitarre erst mit wirklich viel Verzerrung. Hier können die aggressiven Mitten ihren Vorteil ausspielen, denn der Ton wirkt nie undifferenziert, sondern klar und knackig.
Auch der Halspickup gefällt mir mit viel Gain am besten, obwohl er für meinen Geschmack mit etwas mehr Wärme und Fundament ausgestattet sein könnte. Aber das ist reine Geschmackssache, aber hört selber.
Zum Schluss habe ich noch mehr Gain in den Amp reingedreht, um euch einen Eindruck davon zu vermitteln, wie die Gitarre mit wirklich sehr hohen Verzerrungen klarkommt. Und es ist schon erstaunlich, wie gut das funktioniert! Das ist ganz klar der Vorteil der oberen Mittenbetonung, die einen mulmigen Sound so gut wie unmöglich macht. Hier verwischen zwar die Unterschiede von Bridge und Halspickup, aber egal, es klingt! Für Metal/Fusion-Flitzefinger eine wahre Freude! Hier eine kleine Pentatonikübung in E-Moll.