PRAXIS/SOUND
Entweder war der Praktikant am Werk oder die Jungs hatten einfach keine Zeit, sich bei der Fertigung mit dem Instrument auseinanderzusetzen, und haben es stattdessen recht schnell „zusammengenagelt“ und dann nix wie weg damit. Wie bereits erwähnt, muss man etwas Zeit und Kenntnisse mitbringen, um die Gitarre auf Vordermann zu bringen. Es geht schon mit der Stimmung los, denn die ist im Keller, irgendwo zwischen Eb und E Tuning, die höheren Saiten noch etwas tiefer. Also heißt es, Stimmgerät auspacken, Inbus-Schlüssel greifen (zum Glück ist das Teil im Lieferumfang enthalten) und dann erst einmal für gute Stimmung sorgen. Nach etwa neun Stimmdurchgängen (typisch für Gitarren mit Floyd-Rose-Tremolo) ist es dann soweit: Die Gitarre ist auf 440 Hz und zum Praxistest bereit.
Zuerst widmen wir uns den Clean-Sounds und hören alle drei Pickup-Kombinationen mit klarer Ampeinstellung. Der Hals-Tonabnehmer klingt warm und ausgewogen.
Bedingt durch seine Positionierung klingt der Steg-PU logischerweise etwas brillanter. Aber da es sich um den gleichen Tonabnehmer-Typ wie am Hals handelt, bringt er einen identischen Basissound mit. Der Ton hat etwas mehr Höhen und bei hartem Anschlag beginnt der Amp schon ein wenig zu zerren.
In der Kombination klingen die Pickups etwas dünner und knackiger.
Wenn man den Hals-Pickup wählt und den Tone-Regler abdreht, bekommt man einen weichen Cleansound, der sich gut für Akkordbegleitung oder Fingerpicking eignet. Sogar Jazz-Sounds sind möglich. Die Pickups komprimieren sehr stark, was dieser Spielweise entgegenkommt. Beim folgenden Beispiel klingen die hart gezupften Saiten im Vergleich zu den leicht mit den Fingern angeschlagenen Akkorden nicht zu laut.
Für dich ausgesucht
Funk-Sounds lassen sich mit der Zwischenposition recht gut realisieren. Auch hier macht sich die Kompression positiv bemerkbar, die Ghostnotes werden sehr knackig und entsprechend laut wiedergegeben.
Jetzt schlagen wir die etwas härtere Gangart ein, die ESP wird an einen Marshall Plexi angeschlossen. Schon bei geringer Lautstärke liefert sie ein gutes Brett, allerdings ist die Dynamik etwas platt.
Die Gitarre hat einen recht hohen Ausgangspegel, bei leichtem Anschlag liegt bereits eine erhebliche Lautstärke an und der Amp zerrt recht gut. Schlägt man noch härter an, kommt allerdings nichts mehr – die Power wird durch die Kompression der Pickups gebremst. Auch der Sound ist etwas muffig und nicht so klar und offen, wie ich es von anderen Gitarren in Verbindung mit diesem Verstärker gewohnt bin.
Auch das eingebaute Floyd Rose System ist sehr anfällig für harte Anschläge (mit der rechten Hand versteht sich …), die mag es nämlich gar nicht und ist sofort out of tune. Für Bluesfreunde und Old-School-Rocker, die ihre Gitarre auch gerne mal etwas härter bearbeiten, ist das kein Vergnügen. Und auch die Pickup-Kompression hat bei diesen Stilistiken keine positive Auswirkung. Hier ein Beispiel, bei dem ich am Anfang sehr leicht anschlage und dann immer härter zur Sache gehe. Es ist schon ein seltsames Spielgefühl, wenn eine Gitarre bei hartem Anschlag zwar etwas mehr Zerrung bringt, aber nicht lauter wird …
Kommen wir zum Test der anderen Dynamik-Variante: Der Verzerrungsgrad soll mit dem Volume-Poti an der Gitarre geregelt werden. Das funktioniert ausgesprochen gut, sobald man den Volume-Regler herunterregelt, geht die Zerr-Intensität zurück, und man erhält einen schönen, höhenbetonten Klang, der fast clean ist. Der Lautstärkeunterschied zwischen clean und verzerrt ist relativ gering.
Als Nächstes hören wir uns den Wirkungsbereich des Tonreglers mit verzerrtem Sound an. Hier werden die Höhen ab 1 kHz abgesenkt. Den Wirkungsbereich kann man als normal bezeichnen. Ganz extreme HiCut-Sounds können nicht erzielt werden, sind aber für den Einsatzbereich „Kirk Hammett-Style“ auch nicht vorgesehen. Hier sind eher feinfühlige Tonkorrekturen gefragt, und auch das funktioniert sehr gut.
Durch ihren hohen Ausgangspegel holt die LTD eine beachtliche Verzerrung aus dem Amp. Aber irgendwie fehlt den Pickups die nötige Härte und Bissigkeit; es klingt trotz weit aufgedrehter Höhen am Amp immer noch etwas muffig.
Zum Abschluss noch ein Beispiel mit kompletter Band, bei der die KH-202 die Rhythmus- (clean) und die Lead-Gitarre (verzerrt) übernimmt. Leider ist die Stimmstabilität des Tremolosystems nicht optimal. Ich musste sehr häufig nachstimmen, obwohl ich keine extremen Einsätze mit dem Tremolohebel gefahren habe.