Evans Hybrid Sensory Percussion Test

Der Begriff „Hybrid-Drumming“ bezog sich bisher weitgehend darauf, ein paar zusätzliche Drumpads oder ein Multipad in sein akustisches Kit zu integrieren. Evans Hybrid Sensory Percussion geht weit darüber hinaus. In Kombination mit einem Mac oder PC macht es das Drumset quasi zu einem neuen Instrument. Bis zu zehn verschiedene Sounds und Effekte lassen sich mit einer Trommel triggern. Sogar das Spielen von Akkorden und Melodien ist möglich.

Das Evans Hybrid Sensory Percussion Bundle im Test. Bild zur Verfügung gestellt von D'Addario
Das Evans Hybrid Sensory Percussion Bundle im Test. (Bild zur Verfügung gestellt von D’Addario)

Evans Hybrid Sensory Percussion – Das Wichtigste in Kürze

  • innovatives Trigger-System für akustische Drums
  • Sensoren, Audiointerface und Software arbeiten Hand in Hand
  • bis zu zehn Zonen pro Trommel
  • Rechner (PC/Mac) zur Klangerzeugung benötigt

Das hier getestete Sensory Percussion Bundle bietet die Grundausstattung zum Einstieg in das System. Es enthält drei Sensoren, das zugehörige Portal Audiointerface, eine Lizenz für die Software und alles an nötigem Zubehör bis hin zu einem Paar Sticks. In unserem Review sehen wir uns an, wie Sensory Percussion funktioniert und was man damit anstellen kann.

Evans Hybrid Sensory Percussion: Überblick

Beim Evans Hybrid Sensory Percussion handelt es sich bereits um die zweite Auflage des Systems. Ursprünglich wurde das komplette Paket vom schwedischen Hersteller Sunhouse angeboten. Und dieser ist auch heute noch für die Weiterentwicklung der Software zuständig. Am grundsätzlichen Prinzip hat sich auch nach der Übernahme durch Evans nichts geändert: Die Sensoren arbeiten Hand in Hand mit der Software, die über einen intelligenten Algorithmus bis zu zehn Spielzonen (bzw. Spieltechniken) pro Trommel erkennt.

Die drei enthaltenen Sensoren sitzen hier an Bassdrum, Snare und Standtom.
Die drei enthaltenen Sensoren sitzen hier an Bassdrum, Snare und Standtom.

Neu hinzugekommen ist unter anderem das Portal Audiointerface, das für eine reibungslose Kommunikation zwischen den Sensoren und der Software (für MacOS/Windows) sorgen soll. Es wird zur Verwendung vorausgesetzt und bietet Eingänge für bis zu sieben Sensoren. Die alte Auflage des Systems lief dagegen noch mit „normalen“ Audiointerfaces anderer Hersteller.

Bei Sensory Percussion arbeiten Trigger und Audiointerface Hand in Hand mit der Software.
Bei Sensory Percussion arbeiten Trigger und Audiointerface Hand in Hand mit der Software.

Aufbau: Kein Problem

Das Einbinden von Sensory Percussion in das eigene Kit ist denkbar unkompliziert. Die Trigger arbeiten sowohl mit Mesh Heads als auch mit regulären Fellen. Einzige Voraussetzung ist, dass man zuvor die selbstklebenden Pickup-Elemente dort am Fell anbringt, wo später der Sensor sitzen soll. Interessant: Die Sensoren arbeiten mit Magneten und haben keinen direkten Fellkontakt. Im Bundle sind zwölf dieser Pickup-Elemente enthalten. Damit ist man für die nächsten anstehenden Fellwechsel versorgt. Nachschub gibt es bei Bedarf auf Bestellung.

Evans Sensory Pickup
Fotostrecke: 2 Bilder Die kleinen Pickup-Plättchen aus Metall lassen sich kinderleicht an den Fellen anbringen. Rechts neben dem bereits aufgeklebten Pickup ist ein Ersatz-Pickup mit V-förmigem Abstandshalter zu sehen.

Im nächsten Schritt werden die Sensoren über den Pickup-Elementen montiert und mit dem Portal-Interface verbunden. Dabei kommen 3,5mm-Klinkenkabel zum Einsatz, die im Lieferumfang enthalten sind. Nach Download und Installation der Software läuft die weitere Einrichtung direkt am Rechner. Dazu mehr im Praxisteil.

Das Portal-Interface

Das im Bundle enthaltene Audiointerface arbeitet mit USB 2.0 über USB-C (Adapter auf USB-A enthalten). Neben seinen sieben Sensoreingängen bietet es zwei kombinierte Mic/Line/Inst-Eingänge mit 48V-Phantomspeisung und zwei weitere Line-Ins auf der Rückseite. Beim Betrieb von Sensory Percussion können diese genutzt werden, um z.B. zusätzliche Mikros oder Instrumente in das System zu integrieren und sie in der Software mit Effekten zu versehen. Der Anschluss von bis zu zwei Sensoren aus der letzten Generation des Systems ist ebenfalls möglich. Sogar ein kleines internes Mikrofon hat das Portal an Bord – dieses spielt laut deutschem Vertrieb eine Rolle beim Erkennen von Instrumenten bzw. dem Vermeiden von Übersprechern.

Ausgangsseitig ist das Portal ebenfalls gut aufgestellt. Es hat nicht nur einen getrennt regelbaren Main-Out und Kopfhörerausgang an Bord, sondern kommt zusätzlich mit vier Line-Outs. Diese bieten sich als Einzelausgänge für unterschiedliche Sounds an. Das ist sowohl auf der Bühne als auch im Studio sinnvoll. Sogar einen ADAT-Ausgang mit bis zu acht Kanälen über Lightpipe hat das Interface zu bieten. Was ich mir zusätzlich noch gewünscht hätte, wäre eine kleine Halterung, ähnlich wie bei den Soundmodulen von E-Drums. Für den Test habe ich ein Tablet-Stativ umfunktioniert, was natürlich nur eine provisorische Lösung darstellt.

Portal Interface
Fotostrecke: 2 Bilder Das Portal-Interface bietet weit mehr als nur Trigger-Eingänge. Da keine Halterung enthalten ist, wurde es für den Test provisorisch auf ein Tablet-Stativ gepflanzt.

Bei dieser umfassenden Ausstattung ist es naheliegend, dass sich das Portal auch unabhängig von Sensory Percussion als reguläres Audiointerface nutzen lässt. Für Windows-Nutzer ist sogar ein ASIO-Treiber dabei. Das ist eine Nebenfunktion, die durchaus hohen Mehrwert bringt. Die Sample-Rate liegt grundsätzlich bei maximal 48kHz.

Evans Hybrid Sensory Percussion: Eine Frage des Trainings

Sobald die Sensoren an den Trommeln angebracht sind, geht es ans Training. Und keine Sorge, dabei müssen weder Gewichte gestemmt noch sonst irgendein unliebsamer Sport betrieben werden. Es geht vielmehr darum, den Algorithmus so zu trainieren, dass er später gut zwischen den vielen verschiedenen Spieltechniken unterscheiden kann. Im ersten Schritt gibt man an, wie viele Sensoren angeschlossen sind und an welcher Art von Trommel sie sitzen – also Bassdrum, Snaredrum oder Tom. Und auch die Größe der Trommel und der Typ des Fells (regulär oder Mesh) sind wichtig.

Das „richtige“ Training beginnt im nächsten Schritt. Dabei müssen für jede Zone oder Spieltechnik mehrere Beispielschläge gemacht werden, die sich das System als Referenz für die Erkennung merkt. Sollten später Probleme mit der Unterscheidung auftreten, ist es jederzeit möglich, an diesen Punkt zurückzukehren. Sogar das Abspeichern von Varianten der Input-Konfiguration und des Trainings ist möglich. Sehr fein!

Fotostrecke: 2 Bilder Erster Schritt mit der Sensory Percussion Softare: Einrichten der Sensoren. Auch ob reguläre Felle oder Mesh Heads genutzt werden, lässt sich hier angeben.

Hochleveln à la Sensory Percussion

Manch einer ist froh, wenn er eine Trommel überhaupt trifft. Von Anfang an zehn verschiedene Zonen zu bedienen, kann durchaus fordernd wirken. Von daher ist es sinnvoll, dass man die Zonen in mehreren Levels Schritt für Schritt freischaltet.

Das Training von Level 1 der Snare. Hier sind die ersten vier Zonen freigeschaltet.
Das Training von Level 1 der Snare. Hier sind die ersten vier Zonen freigeschaltet.

Level 1 begnügt sich mit vier Spielzonen, während Level 2 bereits sieben Zonen und Level 3 die volle Packung mit allen zehn Zonen enthält. Snare und Toms entsprechen sich dabei weitgehend. Einen Überblick gibt es in der folgenden Tabelle.


Lv1

Center

Mitte des Fells

einfacher Schlag

Lv1

Edge

Rand des Fells

einfacher Schlag

Lv1

Rim-Shoulder

Spannreifen 

Schaft des Stocks

Lv1

Rim-Tip

Spannreifen 

Bereich um die Stockspitze

Lv2

Rimshot-Center

Mitte des Fells

Kantenschlag (Fell & Spannreifen)

Lv2

Rimshot-Edge

Rand des Fells

Kantenschlag (Fell & Spannreifen)

Lv2

Cross-Stick

Spannreifen

klassische Cross-Stick-Technik

Lv3

Damped

Rand des Fells

Gedämpft mit der Hand

Lv3

Stick-Shot

Mitte/Rand des Fells

Schlag auf aufliegenden Stock

Lv3

Shell

Kessel

einfacher Schlag

Bei der Bassdrum weichen die Spieltechniken natürlich ab. Hier wird zwischen offenen Schlägen und abgedämpften Schlägen („bury the beater“) unterschieden. Und auch Schläge an Spannreifen, Böckchen und Kessel erkennt das System. Dazu kommen bei allen Trommeln und Zonen die Anschlagstärke und die Schnelligkeit, über die ebenfalls Klänge und Effektparameter beeinflusst werden können. In manchen Fällen ist zudem die genauere Position des Stocks auf dem Fell ausschlaggebend. Es gibt dann also nicht nur Mitte und Rand, sondern auch Schattierungen dazwischen. In Sensory Percussion wird das als Timbre bezeichnet. Man sieht: Die Möglichkeiten, den Klang zu beeinflussen sind vielfältig.

Soundpacks, Sets und Sessions

Die Sensory Percussion Software (getestet in Version 2.1) bietet sechs Soundpacks aus unterschiedlichen Kategorien. Enthalten sind insgesamt 120 Sets. Das sind sozusagen die Presets des Systems, die wiederum Sounds für verschiedene Trommeln und Zonen in sich vereinen. Die Benutzeroberfläche wird dabei sehr liebevoll und passend zum gewählten Set in einem bestimmten Thema dargestellt. Zudem finden sich Informationen zu den teilweise recht komplexen Zusammenhängen – und diese sind nicht nur hilfreich, sondern oftmals auch unterhaltsam.

Das Training von Level 1 der Snare. Hier sind die ersten vier Zonen freigeschaltet.
Das Set „Pacified Vibe“ kommt aus dem Soundpack „Chord Sequences“. Die Infos zu den Sets helfen anfangs, das gefühlte Chaos unter Kontrolle zu bringen.

Sessions sind dagegen Container, die mehrere Sets enthalten. Das ist z.B. sinnvoll, wenn man eine Art Setliste für Konzerte erstellen möchte. Sehr schön: Zum Kennenlernen gibt es pro Soundpack eine Session, die alle zugehörigen Sets enthält.

Audio Samples
0:00
Corporeal Chimera (SP Solo) Analog Trap (SP & Live-Drums) Proxemic 25 (SP Solo) Typewriter Pattern Kit (SP & Live-Drums) Pacified Vibe (SP Solo)

Viele der Sets sind wirklich inspirierend. Mehrmals habe ich während des Tests beim Spielen die Zeit vergessen. Auch wenn die Audiobeispiele meines Hybrid-Setups schon eine gewisse Aussagekraft haben, werden die Zusammenhänge im Video noch viel klarer. Gesagt sei an dieser Stelle nur: Wer seine eigenen Sets mit eigenen Sounds zusammenbauen möchte, der sollte bereit sein, sich auf ein sehr komplexes System einzulassen. Eine gute Möglichkeit für den Anfang ist, bestehende Sets zu modifizieren und zum Beispiel mit eigenen Samples zu bestücken.

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Mehr Informationen

Und wozu das jetzt alles?

Die Frage, was man nun mit Sensory Percussion anfangen soll, ist durchaus berechtigt. Ich persönlich sehe das System als eine Möglichkeit, sich auf der Bühne mit vielfältigen elektronischen Sounds auszuleben. Dabei muss es nicht zwangsweise um avantgardistischen Electro-Jazz gehen. Auch in „bodenständigeren“ Genres ist der Einsatz von Sensory Percussion definitiv denkbar. Der Anteil von melodischen Elementen und Akkorden überzeugt mich dagegen nicht vollständig und wird vom Publikum vermutlich oft als ein laufendes Playback wahrgenommen werden.

Evans Hybrid Sensory Percussion während des Tests am hybriden Drumkit.
Evans Hybrid Sensory Percussion während des Tests am hybriden Drumkit.

Zum Basteln von Beats im Studio gibt es meiner Meinung nach bessere Alternativen. Ein wesentliches Kriterium ist dabei, dass man mit Sensory Percussion nicht ohne weiteres auf dem gleichen Rechner spielen und aufnehmen kann. Noch wesentlicher ist aber, dass das Editieren des Materials dann nicht mehr so einfach möglich ist, da man bereits mit starrem Audio arbeitet. Systeme wie Ableton Push oder NI Maschine sind da besser geeignet. Dies sind allerdings prinzipbedingte Punkte, die ich dem System nicht anlasten möchte.

Als Zubehör für ein leises Übe-Set mit Mesh Heads sehe ich Sensory Percussion ebenfalls nicht. Erstens gibt es keine Trigger für Becken (bzw. Silent Cymbals) und zweitens ist der Toontrack EZdrummer 3 um Welten detailreicher gesampelt als die akustischen Kits der Library. Da helfen auch keine zehn Zonen pro Trommel. Ein gut zugängliches internes Metronom wäre übrigens auch allgemein hilfreich.

FAZIT

Ich bin beeindruckt! Evans Hybrid Sensory Percussion macht wirklich großen Spaß und setzt nebenbei Maßstäbe im Bereich des Hybrid-Drummings. Das System strotzt nur so vor Möglichkeiten. Und trotz aller Tiefe präsentiert es sich so direkt und übersichtlich, dass die ersten Schritte fast wie von selbst laufen. Das haben die Entwickler wirklich hervorragend umgesetzt.

Der schwerpunktmäßige Einsatz liegt meiner meiner Meinung nach auf der Bühne und natürlich im Proberaum. Hier können sich Kreativköpfe ungebremst ausleben. An manchen Stellen geht das System mit den vielen Modulationen vielleicht sogar etwas zu weit, aber das lässt sich natürlich ändern. Was ich mir bei der Funktionalität wünschen würde, wären ein besser zugängliches Metronom und möglicherweise eine Halterung für das Audiointerface.

Ebenso imposant wie die Sounds und die Vielseitigkeit von Sensory Percussion ist auch sein Preis. Das enthaltene Audiointerface bietet zwar einen gewissen Mehrwert, an der Höhe der Investition ändert das aber natürlich nicht viel.

Macht Lust auf kreatives Hybrid Drumming, hat aber auch seinen Preis: das Evans Hybrid Sensory Percussion Bundle.
Macht Lust auf kreatives Hybrid Drumming, hat aber auch seinen Preis: das Evans Hybrid Sensory Percussion Bundle.
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Hybrid-Drumming auf höchstem Niveau
  • extrem vielfältige Möglichkeiten
  • verhältnismäßig einfache Einrichtung
  • Portal auch als reguläres Audiointerface verwendbar
Contra
  • hoher Preis
  • internes Metronom nicht gut zugänglich
Artikelbild
Evans Hybrid Sensory Percussion Test
Für 929,00€ bei
  • Hersteller: Evans / Sensory Percussion
  • Bezeichnung: Evans Hybrid Sensory Percussion
  • Trigger-System für akustische Drums
  • enthält Software, drei Sensoren, Audiointerface und Zubehör
  • bis zu zehn Zonen pro Trigger
  • vielfältige Modulationsquellen (Anschlagstärke, Schnelligkeit, Timbre etc.)
  • modular aufgebaute Software inkl. vollständige Effekt-Suite
  • Library mit 6 Sound-Packs (120 Sets und über 2000 Samples)
  • Portal-Audiointerface mit 7 Trigger-Eingängen, 4 Audio-Eingängen und 16 Ausgängen
  • MIDI-Out
  • USB-C (USB 2.0)
  • Hergestellt in Malaysia
  • Preis: € 1669,– (Stand: 09/2023)

Herstellerseite: https://www.daddario.com/products/percussion/evans-hybrid-sensory-percussion/

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