Praxis
Dass es tatsächlich unmöglich ist, mit dem Amp clean zu spielen, wollte ich anfangs nicht glauben, aber ich wurde eines Besseren belehrt. Ab der 8-Uhr-Stellung des Gainreglers kommt der erste, aber alles andere als cleane Laut aus dem Topteil. Allerdings präsentiert sich dieser für meinen Geschmack nicht wirklich repräsentativ für den Amp. Der Ton ist eher matt und uninspiriert. Deshalb sollte man hier den Presence-Regler etwas höher einstellen. Obwohl der Amp nicht dafür gebaut wurde, möchte ich euch auch diesen Sound kurz einmal vorstellen.
Aus den Puschen kommt unser Proband erst ab 10 Uhr Gain. Hier liegt man mit der Stratocaster deutlich über einer Blueszerre und Classic-Rocker dürften schon auf ihre Kosten kommen. Der Ton ist griffig und rau, aber nicht bröselig. Die Klangregelung habe ich übrigens immer ausgehend von der 12-Uhr-Position an die jeweiligen Gaineinstellungen und die verwendete Gitarre angepasst.
Stellt man den Gainregler auf 15 Uhr, befindet sich der Crunch-Kanal für meinen Geschmack in seinem Sweetspot. Der Ton hat viel Sustain, macht aber keine Anstalten, den Sound der verschiedenen eingesetzten Gitarren gleichzubügeln. Die Saitentrennung bleibt erhalten und der Anschlag ist trotz des hohen Verzerrungsgrades noch gut hörbar. Die Einstellungen am Amp sind wie folgt: Gain 14 Uhr, Low 13 Uhr, Mid 11 Uhr, High 12 Uhr, Vol 14 Uhr. Präs: 13 Uhr und Resonance 11 Uhr. Bass und Resonance müssen übrigens immer auch auf die jeweilige Box abgestimmt werden. In meinem Fall war es eine 4 x 12 1969 Marshallbox mit Greenbacks.
Kommen wir zum zweiten Kanal, der hier die Bezeichnung Full Burn hat. Seine Zerrstruktur ist feiner als die des ersten Kanals und der Verzerrungsgrad ist wesentlich höher. Obwohl ich beim folgenden Soundbeispiel den Gainregler auf 10 Uhr gestellt habe, weist der Sound einen ähnlich hohen Verzerrungsgrad auf wie der erste Kanal auf 15 Uhr. Der Ton ist etwas komprimierter, aber immer noch griffig.
Auf Halbgas-Gain bringt der Amp eine etwas dichtere Verzerrung, wobei sich die Kompression auch hier immer noch im grünen Bereich aufhält. Überhaupt macht der Amp keine Anstalten, auch mit viel Gain den Sound in irgendeiner Art und Weise plattzumachen. Das Konzept ist also absolut schlüssig, denn genau dafür wurde der Amp gebaut.
Für dich ausgesucht
Im nächsten Soundbeispiel habe ich den Gainregler auf 16 Uhr gestellt und die Mitten etwas stärker in den Vordergrund gedreht, damit sich der Sound solistisch besser durchsetzt. Der Amp ist übrigens generell in der Lage, weitaus mehr Präsenzen zu generieren als hier, was sich im Bandkontext sicher auch besser machen würde. Beim Einspielen der Soundbeispiele habe ich den Presence-Regler zwischen 12 und 14 Uhr verwendet, wobei das lebendige Obertonspektrum auch hier schon gut zur Geltung kommt. Trotzdem ist noch deutlich Luft nach oben. Ich habe bei den Audios bis auf das letzte Soundbeispiel darauf verzichtet, weil mir der Klang für sich alleine so besser gefallen hat.
Bei meinem letzten Audiobeispiel wird der Mittenregler stark zurück- und Presence- und High Regler weiter aufgedreht, um den Klang etwas mehr in Richtung eines Metalsounds zu tweaken. In dieser Disziplin gefällt mir der Amp wirklich ausgesprochen gut. Der Ton wirkt nicht plastikmäßig überbraten und er lässt trotz der hohen Verzerrung im Playback noch genügend Patz für den Gesang. Der Bassbereich ist beim EVH 5150 III LBX übrigens – wie bei allen leistungsschwachen Amps – im Frequenzbereich unter 100 Hertz stark ausgedünnt, wodurch der Ton weniger brachial als bei einem 50 oder 100 Watt Head rüberkommt. Trotzdem wirkt der Amp weder klein noch defensiv.