Mode-Trends wiederholen sich – das gilt für Kleidung ebenso wie für Instrumente! Nahmen wir etwa vor einiger Zeit an, dass Headless-Bässe längst vergessene Kinder der 80er-Jahre sind, sind sie mittlerweile wieder hochmodern. Ein Trend jedoch ist relativ neu: Multiscale-Bässe mit gefächerten Bundstäbchen (auch: „fan fret“, „fanfret“ oder „fanned frets“). Fanned-Fret-Instrumente gibt es zwar schon lange, der große Durchbruch wollte aber erst vor einigen Jahren einstellen. Derzeit nehmen Fanfret-Bässe so richtig Fahrt auf! Eine große Rolle für diesen späten Erfolg spielt sicher auch ein erst im Jahr 2009 ausgelaufenes Patent. Heute wollen wir die History von Instrumenten mit Fächerbünden untersuchen und herausfinden, welche Vor- und Nachteile sie mit sich bringen.
Fanned Frets: History
Die Idee von Multiscale-Instrumenten geht zurück bis ins 16. Jahrhundert. Das sogenannte „Orphereon“ war mit Saiten unterschiedlicher Länge bespannt. Gefächerte Bünde wurden erstmals im 19. Jahrhundert patentiert.
Für die E-Gitarren- und E-Bass-Welt zeichnet aber der amerikanische Gitarrenbauer Ralph Novak verantwortlich. Er entwickelte eine Passion für das Thema und war von deren physikalischen Überlegenheit überzeugt. 1989 meldete Novak ein Patent auf die „Novak Fanned Fret“-Mensur an.
Etwas später wurde ein gewisser Sheldon Dingwall auf die Vorteile dieser Konstruktion aufmerksam. Er war in seiner Heimat Kanada bereits ein renommierter Bassbauer und erkannte, dass gerade die tiefen Saiten eines E-Basses enorm von diesem System profitieren würden. Seitdem hat sich Dingwall auf Multiscale-Instrumente spezialisiert.
Aufgrund ihres ungewöhnlichen Looks hatten es Multiscale-Bässe zunächst nicht leicht am Markt. Und auch heute tun sich noch viele Bassist:innen schwer mit den „krummen Bünden“. So gab es auch nicht viele Bassbauer oder Companys, die sich Dingwall anschlossen.
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Natürlich spielte hier auch das Patent von Ralph Novak eine Rolle. Im Jahr 2009 lief dieses aber aus und der Weg war endgültig frei. Kleinere und größere Hersteller nahmen nach und nach Multiscale-Bässe in ihr Portfolio auf und gerade die NuMetal-Szene hieß diese mit offenen Armen willkommen. Mittlerweile bietet der Markt eine große Auswahl an Fan Fret Bässen in unterschiedlichen Preisklassen.
Merkmale von Fan-Fret-Bässen
Die Erklärung des Begriffs „Multiscale“ liegt im Namen selbst: „Scale“ bedeutet „Mensur“, also die Länge der schwingenden Saite. Diese reicht vom Auflagepunkt an der Brücke bis zum Auflagepunkt am Sattel.
Eine Mensur von 84 Zoll bzw. 86,4 cm ist der Standard bei viersaitigen E-Bässen. Damit eine Saite optimale Bedingungen für ihr individuelles Schwingungsverhalten hat, benötigt sie entsprechendes physikalisches Verhältnis zwischen ihrer Stärke bzw. Dicke und ihrer Länge, also der Mensur.
Besitzen alle Saiten die gleiche Mensur, ist dieser Umstand jedoch nicht gegeben, denn dickere Saiten bräuchten eigentlich eine längere Mensur und dünnere eine kürzere.
Die Lösung sind also individuelle Mensuren für jede einzelne Basssaite, und hier sind wir folglich beim Thema „Multiscale-Bässe“. Tiefere Saiten besitzen hier eine längere und höhere Saiten eine kürzere Mensur. Um dies zu erreichen, müssen Sattel und Brücke dieser Konstruktion angepasst werden, und auch die Bünde müssen folglich gefächert ins Griffbrett eingelassen werden.
Positive Nebeneffekte von Multiscale-Bässen sind sowohl eine zwischen allen Saiten ausgeglichene Saitenspannung sowie eine verbesserte Intonation. Beide Punkte leiden unter dem Einheitsmaß für alle Saiten, welches stets nur einen Kompromiss darstellen kann.
Vor- und Nachteile von Fanned Frets
Es gibt nicht nur eindeutige Vor- und Nachteile bei diesem Thema: „Des einen Freud ist des anderen Leid“ lautet ein bekanntes Sprichwort. So verhält es sich auch meist mit den Pros und Cons bei Instrumenten. Mancher liebt ein bestimmtes Design, der nächste findet es unausstehlich. Daher habe ich einige Punkte sowohl als Pro wie auch als Contra aufgeführt.
Fanned Frets: Vorteile
- Straffer und differenzierter Ton über alle Saiten, pianoartig
- Definiertes Low End
- Gleichmäßige Saitenspannung
- Optimale Schwingungseigenschaften für jede Saite
- Bessere Intonation
- Gut geeignet auch für Viersaiter mit Drop Tunings
Fanned Frets: Nachteile
- Anwendung des „1 Finger pro Bund“-Systems ist gewöhnungsbedürftig
- Beim Spiel der tiefen Saiten am 1. Bund hat man schnell unangenehmen Kontakt mit dem (schrägen) Sattel
- In den hohen Lagen verlaufen die Bundstäbchen entgegengesetzt zum der Finger der Greifhand
- Akkorde und Flagoletts im Zusammenklang mit gegriffenen Töne sind schwieriger umzusetzen
Pro ODER Contra – Beurteilung je nach Geschmack
- Fanfret-Instrumente besitzen keinen klassische Look und wirken stets progressiv
- Multiscale-Bässe besitzen naturgemäß fast immer ein modernes Body-Shaping
Einsatzgebiete von Multiscale-Bässen
Fanned-Fret-Bässe werden hauptsächlich mit Genres aus dem Bereich NuMetal & Co. assoziiert. Dafür können sie selbst aber nichts, denn prinzipiell sind sie für jede Stilistik geeignet.
Ihre Präsenz in den härteren Gangarten hat sicher damit zu tun, dass die tiefen Frequenzen auch bei starker Verzerrung nicht schwammig werden und immer noch ein differenzierter Sound möglich ist. Durch diesen straffen und differenzierten Ton sitzen Fanfret-Bässe äußerst präsent und ausgewogen im Mix.
Überall dort aber, wo der Bass sich eher in Vintage-Manier zurückhalten sollte, sind Multiscale-Bässe vermutlich nicht gerade die erste Wahl. Und: Auch optisch wollen E-Bässe mit Fanned Frets nicht wirklich in ein traditionell geprägtes Bild passen.
Fanfret-Bässe: Soundbeispiele
Als Testkandidat für meine Soundfiles diente mir ein schicker Ibanez BTB 505. Wie ihr unschwer hören werdet, sind Multiscale-Bässe stilistisch durchaus flexibel. Ihr straffer und hochdefinierter Charakter bleibt dabei jedoch stets erhalten.
Der Fanned-Frets-Bass macht geslappt eine richtig gute Figur:
Das Gleiche gilt für einen knackigen Fingerstyle-Groove – auch hier kann der Multiscale-Bass zweifellos punkten:
Auch klassische Rockachtel mit dem Neck-Pickup sind für den Fanfret-Bass kein Problem:
Ihren großen Aufschwung erlebten Multiscale-Bässe aber in der enorm populären Kombination mit Verzerrung, etwa den Pedalen der finnischen Firma Darkglass. Beim nachfolgenden Beispiel kam ein Darkglass B3K V2 zum Einsatz:
Kaufempfehlungen für Multiscale-Bässe
Na, konnte ich euer Interesse für Fanfret-Bässe wecken? Falls nein, ist das natürlich absolut in Ordnung – traditionell konstruierte E-Bässe sind ja auch etwas Wunderbares! Doch falls ja, so gebe ich euch an dieser Stelle gerne noch einige Anspieltipps bzw. Kaufempfehlungen mit auf den Weg!
Multiscale-Bässe sind etwas aufwendiger in Konstruktion und Herstellung, daher findet man sie auch nicht im niedrigsten Preissegment. Nachfolgend findet ihr eine kleine nach dem aktuellen Preis gestaffelte Auswahl:
So viel für heute! Bis zum nächsten Mal, euer Thomas Meinlschmidt