Felt Instruments Wszystko Test

Praxis

Blisko: vor allem im Ensemble stark

Aus der Blisko-Sammlung hat mir vor allem das Kombi-Instrument Blisko Lite Freude gemacht, da komplexe Streichersounds mit ihm am effektivsten erzeugt werden können. Besonders beim Spielen von Akkorden entsteht eine große Raumfülle, die mit subtilen Echos und Halleffekten noch weiter verfeinert werden kann. Aus der Afterglow-Sammlung überzeugten tatsächlich alle Sounds. Besonders spannend sind die, welche mehrere Spielweisen kombinieren. So ist es etwa möglich, die dynamischen „Tremolo Bursts“ über einen Klick auf eines der drei Quadrate im oberen Menü mit Bogenschlägen auf Holz oder Flageolets zu layern – für noch mehr Textur und zugleich schöne Obertöne.

Die einzelnen Plugins – Violine, Viola und Cello – eignen sich für Pluck-Strings und emotionale Sololäufe ebenso, sind aber leider etwas leise gesampelt. Werden sie in der DAW gepusht, zeigt sich, dass sie mit einem wirklich hohen Noisefloor aufgenommen wurden. Der ist nicht brutal, sondern klingt einfach sehr eigen, ist daher aber nicht wirklich für klassische Produktionen geeignet. Ein wenig Abhilfe schafft der integrierte EQ, der die Höhen um 3 dB absenken kann und den Rauschabstand verringert, ohne dem Gesamtsound viel Schaden zuzufügen. Dennoch sind meine Afterglow-Favoriten der Einzelinstrumente bis zum Schluss solche geblieben, die eher was für Ambient- oder Electronic-Produktionen sind, etwa die perkussiven und texturierten Sounds der Presets „Pointillist Sustain“ oder „Ricochet“.

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Blisko Cello: Sul Tasto Pulso Blisko Lite: Ricochet Blisko Viola: Pointillist Sustain Blisko Violin: Flageolet Tremolo

Jasno: Warme Melancholie mit Orgelcharakter

Aus dem Rauschproblem wurde im Fall Jasno offenbar gelernt, denn hier kann „Noise“ frei hinzugeregelt werden. In der Standardeinstellung ist sie nicht vorhanden – und das ist gut so, denn das melancholische Hohner Guitaret aus den 60ern verfügt über einen dumpf-warmen Sound. Zu dem passt helles Rauschen nur in geringem Maß. Von Haus aus erklingt eine heimlige Lo-Fi-Orgel, mit der Pianisten sicherlich stundenlang improvisieren wollen.

Bei Jasno wie bei allen weiteren klavierbasierten Plugins fällt die Hüllkurven-Funktion stärker ins Gewicht. Mit kurzem Release und etwas mehr Echo entstehen wundervoll subtile Solostimmen im „Toy Piano“-Stil. Wird hingegen die Attack erhöht, kommen weiche Flächen zustande, bei denen es neben Hall auch durchaus etwas mehr Rauschen sein darf. Besonders responsiv beim Spielen mit dem Seaboard war das Afterglow-Preset „Disperse“, welches je nach Druckintensität mehr oder weniger perkussive Zwischentöne über dem grundlegenden Flächensound generierte.

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Jasno: Becoming Ocean Jasno: Disperse Jasno: Echoes Jasno: Piano Drop Jasno: Plucks Jasno: Unsynced Tremolo

Lekko: Der Favorit

Während Jasno aufgrund der Kompaktheit des Guitarets nur in drei Oktaven spielbar ist, bietet Lekko einen Tonumfang von sechs. Hier sind die mechanischen Geräusche des gesampelten Pianos deutlich präsenter, was zusammen mit dem helleren Sound für mehr Durchsetzungskraft im Mix sorgt. Wer diesen Effekt noch etwas pushen will, kann im EQ den „Air“-Parameter hochregeln. Nicht nur, dass das analoge Rauschen dann in einer angenehmen Intensität in den Sound gelangt, sondern werden die hohen Frequenzen so auch präsenter, ohne zu laut zu sein. Man hört bei +12 dB sogar das Quietschen der Hämmer. Lekko ist das vielleicht am feinsten klingende Instrument des Felt-Bundles – und daher auch mein Testfavorit.

Hier habe ich ebenfalls wieder einen Preset-Tipp: „Tears in the Rain“. So pathetisch wie der Name klingt, ist es zum Glück nicht: Es ist ein Pad-artiger Sound mit vokalen Elementen, klingt aber trotz der Parameterbenennungen „Vocal Aaa“ und „Vocal Mmm“ nicht wie ein Chor. Es sorgt so für eine spirituelle, aber zugleich auch menschliche Atmosphäre. Mit MPE gespielt reagiert das Preset sehr schön auf Druckintensität und erzeugt elegante polyphone Glides. Ein Patch, bei dem man sich enorm gut vorstellen kann, wie er live gespielt wirkt – sehr leidenschaftlich und intim zugleich.

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Lekko: Muted Shorts Lekko: Quarter Speed Sus Lekko: Sunrise Lekko: Sustains

Helenko: Wobble wobble

Weiter geht’s mit der Celesta Helenko. Es ist das klanglich, sagen wir, speziellste der Instrumente. Beim Sampeln wurde die Abdeckung des Instruments mit aufgenommen. Und die quietscht – sehr. Für einen klassischeren Sound kann der Effekt über den „Lid“-Parameter abgeschaltet werden, dann geht aber wiederum etwas Charakter verloren, das Instrument wird generischer. Das macht Helenko im Standardmodus „Sustain“ zwar etwas schwieriger, aber nicht unmöglich einzustellen. Die Lösung lautet: „Drift“. Mit dem Parameter in der unteren Reglerreihe kann ein schönes Tremolo eingestellt werden, das gut mit der Option harmoniert die Klappe automatisch auf- und zuzumachen. Wer sich den Effekt voll geben will, kann alternativ das Preset „Lid Tremolo“ wählen. Das quietscht dann aber so richtig.

Generell sind die Presets von Helenko etwas exzentrisch. „Days of our Lives“ etwa klingt überraschend stark nach Trance und EDM, und das nicht im positiven Sinn. Meinen Geschmack hat eher das Afterglow-Preset „Rosemary was right“ getroffen, das in Richtung Granularsynthese und Glitch geht. Ich habe Helenko für die Audiobeispiele auch durch das Filter Rysy geschickt, das besonders im Highpassmodus mit integriertem LFO schöne Ergebnisse zeitigte.

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Helenko: Sustains Helenko: Arrival Helenko: Dancing with Devils Helenko: Days of our Lives Helenko: Rosemary Was Right Helenko in Rysy LP Helenko in Rysy HP mit LFO

Ciemno: Der Geheimtipp

Zum Schluss wurde ich dann noch einmal sehr positiv beglückt. Denn das reduzierteste Plugin der Serie, Ciemno, hat einen ganz besonderen Charme. Es klingt beim ersten Tastendruck wie Jasno, aber wenn man dann ein wenig die Oktaven rauf und runter geht (es bietet sechs), zeigt sich ein deutlich vollerer Sound, der irgendwie direkt in den Bauch geht. 

Ciemno klingt wirklich rund, ganz ernst gemeint und ohne Übertreibung. Dazu kommt noch, dass es selbst in den radikaleren Einstellungen noch brauchbar ist: Über den Regler „Era“ kann sein Sound bis ins 19. Jahrhundert zurückgebeamt werden und wird mit der Zeit immer instabiler. Dennoch lässt es sich noch ausdrucksvoll und melodisch spielen – ein tolles Teil.

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Ciemno: Grundsound Ciemno mit Reverb Ciemno mit Echo
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