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Fender Mustang II Test

Details

Konzept
Der Fender Mustang II ist ein Gitarrencombo mit einem Herz aus Silikon! Bei einem Modeling-Verstärker handelt es sich einfach gesagt um einen Computer in einer Verstärker-Umgebung, der das ankommende Signal digitalisiert und dann per DSP (Digitaler Signalprozessor) und mithilfe spezieller Algorithmen so verändert, dass verschiedene Röhrenverstärker, Effekte oder andere klangbildende Parameter simuliert werden. Erst nach unzähligen Rechenvorgängen werden die Daten dann wieder in realen Klang zurückverwandelt und mithilfe einer Endstufe „laut gemacht“. Bei modernen Verstärkern geschieht diese Rechenarbeit unmerklich und ohne Verzögerung, im Fachjargon Latenz genannt.

Dank dieser Technologie ist der Mustang II in der Lage, zahlreiche „real existierende“ Gitarrenverstärker und Effekte nachzubilden und abrufbar zu machen – was ein sehr komfortables Arbeiten ermöglicht. Mit analogem Equipment wäre das Ganze kaum zu realisieren, weil extrem aufwändig und natürlich auch fast unerschwinglich. Schließlich kostet schon manch ein Bodentreter mehr als unser heutiger Testkandidat.

Mit 24 Presets, die vom Klassiker bis zur knallharten Rectifier-Imitation kaum etwas vermissen lassen und einem USB-Interface, das die Kommunikation mit Mac oder PC erlaubt, präsentiert sich der Mustang II durchaus selbstbewusst. Zieht man dazu in Betracht, dass sich mit der beiliegenden Fuse-Software Sounds einfach und übersichtlich am Rechenknecht editieren und speichern lassen und der Amp auch als Audiointerface einsetzbar ist, dann erscheint sein aktueller Straßenpreis von weit unter 200 Euro im ersten Moment wie ein Druckfehler.

Das Gehäuse
Der Fender Mustang II ist ein Leichtgewicht und bringt nur knappe 11 Kilo auf die Waage, was für einen 40-Watt-Combo normalerweise illusorisch ist. Dank des sehr geschmackvollen Carbon-Tweed-Bezugs kommt der Combo sehr edel daher. Die typisch silberne Fender-Frontbespannung samt Logo sorgt für den Wiedererkennungswert und schützt den integrierten 12″-Speaker perfekt vor Beschädigungen. Die Rückseite ist im Gegensatz zu den meisten Gitarrencombos fest verschlossen – meiner Meinung nach ein kluger Schachzug, denn ein geschlossenes Gehäuse verleiht dem Amp eine straffere und direktere Wiedergabe. Das macht sich vor allem auf der Bühne bemerkbar, wenn der Amp nicht vor einer Wand steht. Ein geöffnetes Gehäuse sorgt für einen scheinbar dreidimensionalen und fetteren Sound, solange man im Proberaum steht. Steht der Amp frei, verpufft ein großer Teil des Sounds im Nirvana.

Das Bedienpaneel
Das Herzstück des Mustang II bildet der Preset-Wahlregler. Mit ihm lassen sich die acht unterschiedlichen Verstärkertypen anwählen, die der Mustang II simuliert. Insgesamt 24 unterschiedliche Sound-Varianten sortieren sich in drei Bänken. Die jeweils aktive Bank wird durch rotes, grünes oder gelbes LED-Licht angezeigt. Wenn man sich mit einem neuen Gitarrenverstärker anfreundet, sucht man auf dem Bedienpaneel zunächst einmal nach alten Bekannten. Diese gibt es – trotz aller moderner Features – natürlich auch beim Mustang II. Gain, Volume, Treble, Bass und Master sind für einen waschechten Gitarrenverstärker nun einmal unersetzlich und befinden sich auch hier in direkter Nachbarschaft zum Gitarreneingang. Allerdings sind im Unterschied zu „normalen“ Gitarrenamps bei unserem Kandidaten alle Regler, bis auf den Master, programmierbar. Hat man einen Sound gefunden, lässt sich dieser mit dem „Save“-Taster bequem abspeichern. Die Potis sind übrigens nicht motorisiert, verändern ihre Position beim Abrufen der einzelnen Sounds also nicht. Die Tatsache, dass die physischen Einstellungen der Regler nicht zwingend mit den tatsächlich in einem Preset verwendeten Werten übereinstimmen müssen, macht das Ganze zwar etwas unübersichtlich, nach einer kurzen Eingewöhnung stellt dies aber kein Problem mehr dar. Motorisierte Regler sind einfach zu teuer und zu empfindlich und finden deshalb auch bei den meisten Mitbewerbern keine Verwendung.

Der Mustang II besitzt eine ausgefuchste Effektsektion, die sich auf dem Bedienpaneel in zwei Mehrstufenreglern manifestiert. Dabei ist „Mod“ für die Modulationseffekte zuständig, „Dly/Rev“ fügt Echo und Halleffekte hinzu.

Die Amps
Der Mustang II hat insgesamt acht Verstärkermodelle an Bord, die ich grob in drei Kategorien unterteilen möchte. Die erste Kategorie deckt den Bereich von clean bis leicht angezerrt bzw. gesättigt ab. Dazu zähle ich die ersten drei Presets, die den 57 Deluxe, den 59 Bassman und den Fender ‘65 Twin Reverb nachbilden. Wie im realen Leben unterscheiden sich die Amps auch in ihrer simulierten Form massiv voneinander. So bringt der virtuelle Twin Reverb einen eher harten Cleansound mit offensiven Höhen und knackigem Mittenbereich und liefert einen sehr stabilen, dabei aber zu keiner Zeit klinisch sauberen Ton. Der nachgebildete Deluxe glänzt durch eine schöne Endstufenkompression, die den Bereich zwischen clean und angezerrt verwischen lässt. Wie das Original fährt auch die Modeling-Variante schnell in die Sättigung, sodass sich klare und gleichzeitig sustainreiche Sounds realisieren lassen, die fast schon AC 30 Qualitäten besitzen.

Der real existierende Bassman hingegen hat alleine schon dank seiner 4 x 10 Bestückung und dem 2-Ohm-Ausgangsübertrager einen ganz speziellen runden und vollen Ton. Diese Vorgabe haben die Fender Sound-Designer hier nicht so gut getroffen (siehe auch Praxis).
Zwar kommt der leicht angezerrte Ton sehr überzeugend, unterm Strich gefällt mir die Simulation des Bassman aber nicht so gut wie die beiden anderen Fender-Imitationen. Der Ton hat mit meinem originalen Bassman-Reissue nicht viel gemein und klingt belegt und dumpf.

Kommen wir zur englischen Abteilung, die aus den beiden Presets British 60s und British 80s besteht. Hier orientierte man sich klar an den Konkurrenzunternehmen Vox und Marshall. Die beiden Voreinstellungen unterscheiden sich nicht nur durch ihre Gainreserven, sondern, wie im richtigen Leben, auch durch ihren jeweiligen Mittenbereich und die Zerrstruktur. So klingt das Modell British 60s in Anlehnung an den Vox AC 30 deutlich attackreicher, während British 80 an einen frisierten Marshall JCM 800 erinnert. Beide Presets bieten deutlich mehr Kelle als ihre Vorbilder, aber das stört mich nicht weiter, denn der Gainregler muss ja nicht bis zum Anschlag aufgerissen werden. Mich wundert allerdings, dass selbst meine Vintage-Strat hier schon ihre Hörner ausfahren und zu einem Rockmonster mutieren will. Deshalb hätte mir persönlich die Maximalzerre des British 80 Presets völlig gereicht. Aber da sind ja noch die High Gain Modelle. Dieser Bereich beinhaltet die drei verbleibenden Presets American 90s, Super-Sonic und Metal 2000. Bei soviel Gain bekommen selbst die bösesten Buben nasse Socken, denn hier geht es richtig heftig zur Sache. Wieder unterscheiden sich die Sounds vor allem durch die Zerrstruktur im Mittenbereich. American 90s bietet einen in den Mitten leicht ausgehöhlten High-Gain-Sound mit fettem Bassschub. Der Klang hat aber immer noch genug Twäng und Rock ’n Roll und wirkt so zu keinem Zeitpunkt plastikhaft. Das Preset wurde in Anlehnung an den Rectifier entwickelt und eignet sich auch für die Mainstream-Rock-Rhythmusarbeit. Das frequenzmäßige Gegenteil zum American 90s hört auf den Namen Super Sonic. Seine durchsetzungsfreudigen Mittenanteile haben mich zunächst etwas genervt – obwohl es sich gut zum Solieren eignet. Mit der Software kam ich dem Problem aber schnell auf die Schliche, denn im Software-Editor gibt es deutlich mehr Parameter, als auf dem Bedienpaneel des Mustang II vorhanden sind – und ein separater Mittenregler in der Software sorgte schließlich für Entwarnung. Aber dazu später mehr. Kommen wir zum letzten Preset Metall 2000. Hier gibt es Megazerre, bis der Arzt kommt. Ideal also für das ultimative Metallbrett vor dem Herrn. Mehr Gain braucht kein Mensch! Die Zerrstruktur ist sehr fein mit wenig Attack und Mitten, dafür aber jeder Menge Sirzz im Obertonbereich. Der Sound lässt sich natürlich wie Butter spielen. Aber Vorsicht im Studio, denn mit derartiger Zerre matscht man Playbacks sehr schnell zu.

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Die Effekte
Was hier an Effekten geboten wird, ist in Anbetracht des Preises wirklich enorm. Zudem können sie sich durchweg hören lassen. Zur Auswahl stehen im Bereich der Modulationseffekte Chorus, Flanger, Tremolo, Vibratone, Octaver, Phaser und Step-Filter. Im Bereich DLY/Rev gibt es Tape Delay 1500ms /1 Repeat, Stereo Tape Delay 300 ms / 3 Repeats, Mono Delay700 / 4 Repeats, Small Room Reverb, Plat Reverb, Large Hall, Fender 65 Spring Reverb, Fender 63 Spring Reverb, Tape Delay Room, Tape Delay/Large Hall, Ducking Delay / Small Hall und Echo Filter. Es ist also alles in Hülle und Fülle vorhanden. Allerdings lassen sich die Effekte erst mithilfe der Fuse-Software perfekt an die eigenen Bedürfnisse anpassen. Außerdem parken im Editor noch weitere Effekte in Form emulierter Stompboxen. Hier kommen dann noch diverse Verzerrer, wie Overdrive- und Fuzz-Pedale, sowie zwei Kompressoren und drei Wah-Varianten hinzu. Eine Installation des Editors kann sich also durchaus lohnen. Womit wir beim Thema wären:

Die Editor-Software
Die absolute Freiheit hat man beim Mustang II nur, wenn man die mitgelieferte Fuse-Software installiert und den Amp via USB mit dem Rechner verbindet. Nach dem Start der Software erscheint mittig im unteren Bereich des Bildschirms eine verkleinerte Version des Gitarrenverstärkers. Links und rechts neben dem Amp ist Platz für die Positionierung von Effekten. Der Signalweg führt grafisch von links nach rechts. Deshalb kommen Effekte wie Verzerrer, Kompressor und Fixed-Wah vor den simulierten Verstärker, also in den linken Bereich. Rechts neben dem Verstärker ist Platz für simulierte 19-Zoll-Effekte, die in den Einschleifweg des Verstärkers gehören. Hierzu zählen vor allem Delay- und Hall-Effekte, die auch in der Realität ein unbrauchbares Soundwirrwarr erzeugen, wenn man sie vor die Vorstufe eines High-Gain-Verstärkers hängt.

Kommen wir zur Feineinstellung der Parameter. Um den Verstärker oder einen der Effekte am Rechner zu editieren, klickt man den Amp bzw. den gewünschten Effekt mit der Maus an. Sofort erscheint im oberen Teil des Bildschirms eine vergrößerte Ansicht des ausgewählten Objektes. Zu meinem Entzücken warten im Verstärkerbereich aller Verstärkerpresets weitaus mehr Regler, als auf dem realen Bedienpaneel des Mustang II zu finden sind. Ich bin begeistert. Ein gutes Beispiel für die verbesserten Editier-Möglichkeiten bildet das eben schon erwähnte Preset „Super Sonic“. Wählt man diesen Amp an, offenbaren sich auf dem Bildschirm ein zweiter Gainregler und ein Mittenpoti. In einem Untermenü gibt es außerdem für jedes Verstärkerpreset noch die Möglichkeit, ein Noisegate zu aktivieren, den Bias der simulierten Röhren zu ändern und zwischen unterschiedliche Boxentypen zu wählen. Klasse!

Kommentieren
Profilbild von Tobi123

Tobi123 sagt:

#1 - 06.08.2011 um 23:30 Uhr

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Hi,
kann mir einer sagen, ob man auch Lieder vom Pc
über den Verstärker laufen lassen kann und dazu spielen kann.
Ist übrigens ein sehr guter Bericht!
Mfg Tobi

Profilbild von Juergen

Juergen sagt:

#2 - 29.08.2011 um 18:26 Uhr

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Sehr gute, ausführliche Beschreibung. Die hat mich letztlich dazu gebracht, den Mustang 2 zu kaufen - für 122 Euro bei Ebay. Ein relativ lächerlicher Betrag. Und er hat seine erste Feuerprobe im Konzert (60 Besucher)überstanden - war nur manchmal zu laut.Danke von Jürgen

Profilbild von Kurt C.

Kurt C. sagt:

#3 - 29.11.2011 um 17:49 Uhr

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Mittlerweile sollte es sich sogar zu Musikjournalisten herumgesprochen haben: Kurt Cobain spielte eine Mustang im »smells like teen spirit«-Video...

Profilbild von elton

elton sagt:

#4 - 20.01.2012 um 16:50 Uhr

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und stefan raab spielt ukulele! sollte man auch wissen, JAWOLL!

Profilbild von magnus

magnus sagt:

#5 - 03.06.2013 um 23:25 Uhr

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Hab dem Mustang I seit einem halben Jahr für Homerecording und zum Üben und bin vollauf zufrieden damit.

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