PRAXIS
Der Hals des Squier Classic-Vibe-Basses gefällt mir auf Anhieb, denn er bringt wirklich eine deutliche Vintage-Vibe mit und fühlt sich aus dem Stand vertraut an, zumindest wenn man schon mal ältere Jazzbässe gespielt hat. Dafür sorgt einerseits die Vintage-Bundierung mit sehr schmalem und relativ flachem Bunddraht und andererseits das Palisander-Griffbrett, das wesentlich dünner ist als auf Standard Fender-Bässen, eben eher wie bei echten Vintage-Schätzchen. Das „C“-Profil lässt sich mühelos und flink bespielen, die gelblich gefärbte dicke Hochglanzlackierung auf der Rückseite ist allerdings Geschmacksache. Der Hals sieht zwar schön alt aus, eine solch dicke Lackschicht fühlt sich aber, besonders mit schwitzigen Händen, schnell klebrig an und bremst, weshalb viele Gitarristen und Bassisten eher ein dezenteres Satin-Finish oder gar naturbelassene Hälse mit geschmeidigerer Haptik bevorzugen.
In Sachen Ergonomie tummelt sich der Squier im Mittelfeld mit vielen anderen preisgünstigen Fender-Nachbauten, der Lindenkorpus bringt mit ca 4,3kg ordentlich was auf die Waage und zieht kräftig am Gurt. Auf der anderen Seite wirkt das Gewicht des Korpus aber gegen die bei Bässen weitverbreitete Kopflastigkeit, sodass „der Jazz“ im Großen und Ganzen ganz vernünftig am Körper hängt und gut spielbar ist. Außerdem kommt ein massiver Body einem satten Basston in der Regel zugute, und den kann der Classic Vibe Jazz in der Tat liefern.
Der Sound des Squier kommt einem Jazzbass aus den 60er Jahren schon sehr nahe und ist mit seinem warmen, runden Grund-Charakter wirklich im besten Sinne „Vintage“. Das Fundament ist immer da, durch das 60er Spacing der Tonabnehmer sogar mit dem Bridge-Pickup im Solomodus. Die Tiefmitten sind sehr ausgeprägt und „punchy“ während sich der Hochmitten – und Höhenbereich eher dezent gibt, aber dennoch für ausreichend Transparenz sorgt.
Für dich ausgesucht
Mit dieser Grundausrichtung ist einiges möglich: Dumpfe Preci-Klänge für Soul oder Reggae-Styles erledigt der Classic Vibe genauso bravourös wie den Jazzbass-typischen Jaco-Mitten-Sound mit dem hinteren Tonabnehmer oder perkussive Slapsounds mit Punch – genau die Allround-Fähigkeit, die man von einem Jazzbass eben auch erwartet.
Was ihm im Vergleich zu einem guten Instrument aus den 60ern fehlt, ist eine gewisse Leichtigkeit oder Luftigkeit im Sound, die zu einem großen Teil durch sehr gut resonierende und entsprechend lange abgelagerte Hölzer zustande kommt. Das aber nur am Rande, denn schließlich ist der Squier kein sündhaft teueres Sammlerobjekt, sondern ein Budget-Instrument, das verdammt viel Fender-Sound für den kleinen Geldbeutel bietet.