Praxis
Der Amp wird mit einem Neumann TLM-103 abgenommen und für den Einstieg habe ich eine relativ niedrige Volume-Einstellung gewählt. Dazu gibt es zwei Dinge vorab zu sagen: Der Edge Deluxe Combo ist eigentlich kein Übungsamp für’s Wohnzimmer. Auch wenn in der Leistungsangabe nur 12 Watt stehen, ist er ein Brüllwürfel mit einem ordentlichen Pfund – absolut proberaum- und gigtauglich. Die zweite Sache ist der Regelweg des Volume-Reglers. Laut Hersteller wurde bei ihm zwar etwas nachgebessert, aber für mein Empfinden ist der Verlauf des Regelweges nicht optimal gelöst. Die Markierungen gehen von 1 bis 12 und schon bei Volume auf 1 erreichen wir Übungsraum-Niveau. Es bedarf eines sehr großen Fingerspitzengefühls, dem Verstärker eine wohnungstaugliche Lautstärke zu entlocken. Ok, die Zimmerlautstärke von The Edge ist mit Sicherheit eine andere, und wenn der Amp auf seine persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten ist, dann müssen wir das wohl so hinnehmen. Ein weiterer Kritikpunkt von meiner Seite ist der fehlende Speaker-Out. Es wäre eine feine Sache, wenn man eine zusätzliche Box anschließen könnte, um mit mehr Membranfläche einen noch fülligeren Sound zu erhalten. Klar, wenn der Chef das haben möchte, dann stellt er sich eben noch einen zweiten Deluxe Amp auf die Bühne. Der Normalsterbliche schluckt aber bereits beim Preis für einen Verstärker.
Wir starten nun den Rundgang durch die verschiedenen Eingänge mit einer Volume-Einstellung von 1, die Fender Jaguar mit nachgerüsteten P-90 Pickups ist das Werkzeug meiner Wahl. Ihr hört zuerst eine Akkordfolge mit leichtem Anschlag, danach werden die Saiten härter bedient.
Tone | Inst Vol | Mic Vol | Input | |
---|---|---|---|---|
Bsp. 1: Instrument Input 1 (Jaguar P-90) | 6,5 | 1 | 1 | Inst 1 |
Bsp. 2: Instrument Input 2 (Jaguar P-90) | 6,5 | 1 | 1 | Inst 2 |
Bsp. 3: Microphone Input 1 (Jaguar P-90) | 6,5 | 1 | 1 | Mic 1 |
Bsp. 4: Microphone Input 2 (Jaguar P-90) | 6,5 | 1 | 1 | Mic 2 |
Am Inst 1 geht es gleich kernig zur Sache, der Amp spuckt bei hartem Anschlag schon einen übersteuerten Sound aus und man merkt schon hier, wohin die Reise geht. Eingeschlossen eine erstklassige Reaktion auf sämtliche Dynamikstufen an der Gitarre, denn man kann den Zerrgrad sehr gut mit dem Anschlag an der Gitarre steuern. Der zweite Input ist im Eingangspegel etwas schwächer, was zur Folge hat, dass hier die Cleanreserven etwas höher sind, auch bei den Mic-Eingängen 1 und 2 verhält es sich hinsichtlich des Pegels ähnlich. Generell hat der Mic-Channel etwas weniger Höhen. Auch bei der niedrigen Volume-Einstellung bemerkt man, dass die Endstufe bereits kräftig mitarbeitet. Sie komprimiert leicht und immer mehr, je weiter der Volume-Regler aufgedreht wird, während der Schalldruck eigentlich nicht mehr signifikant zulegt. Soundmäßig ist die typische Fender-Zerre zu hören, mit leichtem Fuzzcharakter im Bassbereich und je nach Tone-Einstellung etwas schärferen Höhen. Freunde des britischen Mittenbretts mit australischer Bedienung auf einer amerikanischen Gitarre werden wahrscheinlich weniger glücklich. Wer aber auf Neil Youngs Sound steht, ist hier völlig richtig. Aber es muss ja nicht unbedingt zerren, der Amp kann auch ganz zahm sein. Man sollte sich zuerst den Eingang aussuchen, mit dem die Gitarre am besten harmoniert. Dann die Gitarre voll aufdrehen und den Volume-Regler am Amp auf den gewünschten Pegel einstellen, und es wird mit Sicherheit zerren. Jetzt muss nur noch das Lautstärkepoti an der Gitarre zurückgenommen werden, und der Sound wird “entzerrt”. Das funktioniert beim Edge Deluxe Amp wirklich weltmeisterlich, weil durch das starke Kompressionsverhalten auch die Lautstärke nur unwesentlich abnimmt. Natürlich spielt dabei auch immer die Qualität und Art des Potis an der Gitarre eine maßgebliche Rolle. Spielt man eine Weile mit dem Amp, vermisst man auch keinen Dreiband-EQ plus Presence in der Master-Sektion. Hier ist purer Ton angesagt, rotzig und unverbogen. Ihr hört die Aktionen mit dem Volume-Regler in Beispiel 5, da habe ich mit drei unterschiedlichen Einstellungen an der Gitarre (wieder die Jaguar) gespielt.
Für dich ausgesucht
- Beide Pickups (Gitarren-Volume auf 50%)
- Steg-Pickup (Gitarren-Volume auf 100%)
- Hals-Pickup (Gitarren-Volume auf 30%)
Beim Beispiel 6 ist die Les Paul an der Reihe, auch mit unterschiedlichen Einstellungen, zuerst hört ihr den Hals-Pickup mit Volume auf 50% und dann den Steg-Pickup mit Vollgas. Der Klang erinnert an die Classic Rock-Sounds aus den frühen Siebzigern. Mit vorgeschalteten Pedalen verträgt sich der Amp sehr gut, man muss nur den goldenen Weg wählen. Entweder stellt man den Amp mit einem niedrigen Volume-Wert recht clean ein und steuert ihn am besten außerdem noch über Input 2 an. Dann können Overdrive- und Distortion-Pedale in der gewohnten Art benutzt werden. Eine andere Möglichkeit wäre das Vorschalten eines Boost-Pedals, das die Vorstufe noch ein wenig mehr zum Glühen bringt. In Beispiel 7 und 8 ist ein Solodallas Schaffer Replica vor den Amp geschaltet, das bringt dann noch mal einen etwas dreckigeren Ton. Wem ein Kanal nicht reicht, der kann die Kanäle in der klassischen Weise zusammenschalten: Die Gitarre geht in den gewünschten Input (Inst 1) und mit einem kurzen Patchkabel wird der andere freie Eingang des Kanals (Inst 2) mit einem Eingang des anderen Kanals (Mic 1) verbunden. Jetzt haben die Einstellungen von beiden Volume-Regler Einfluss auf den Gesamtsound und man kann noch etwas Wärme vom Mic Channel zum etwas crisperen Inst-Channel hinzumischen (Bsp. 9). Auch wenn die Kanäle nicht gebrückt sind ist es möglich, den zweiten Kanal zum aktiven hinzuzumischen und so tiefer ins Klanggeschehen einzugreifen. Allerdings ist die Lautstärke des nicht angewählten Kanals wesentlich geringer als bei gebrückten Kanälen. Aber man ist in der Lage, dem Sound noch etwas mehr Fülle im unteren Mittenbereich zu geben.
Tone | Inst Vol | Mic Vol | Input | |
---|---|---|---|---|
Bsp. 5: Jaguar P-90 – verschiedene Einstellungen an der Gitarre | 9 | 2 | 0 | Inst 1 |
Bsp. 6: Les Paul – zuerst Hals-, dann Steg-Pickup | 10 | 0 | 5 | Mic 1 |
Bsp. 7: Strat – zuerst ohne, dann mit Boost | 10 | 3 | 0 | Inst 2 |
Bsp. 8: Les Paul – mit Boost, zuerst Hals- dann Steg-Pickup | 7 | 3 | 6 | Inst 2 |
Bsp. 9: Vertigo Sound Alike (Telecaster) | 9 | 3 | 6 | Beide |
Irfan Oeksuez sagt:
#1 - 06.01.2017 um 01:05 Uhr
Dieser Blödsinn was den Regelweg des Volume-Potis anbelangt: Bei dem Preis eine Sauerei. Fender ist seit jeher Grössenwahnsinnig und man muss meistens auch noch an deren Produkten basteln, damit die richtig gut werden. Ich haette mir ein wenig mehr Kritik von dir gewünscht. Denn es kann nicht sein, dass man für über 2.2 K Euro noch herumfummeln muss. Ich glaube auch nicht, dass der Typ, der das Ding handverlötet super bezahlt wird. Das kann nicht als Grund für fehlende Features bei dem Preis angegeben werden. Ich habe einen Blues DeLuxe zu Hause stehen, den ich in 4 Jahren 7 oder 8 mal benutzt habe. Selbst im Sommerhaus eines Freundes, wo niemand sich von hohen Lautstaerken gestört fühlt, kann man das Teil nicht geniessen. Man hört selbst den Drummer nicht mehr, wenn man Volume auf 3 hat. Das kann's doch nicht sein. Warum muss ich das Teil extra auseinanderschrauben und ein logarithmisches Poti einbauen? Für das gleiche Geld bekommst du einen ToneKing Falcon- 10mal besser im Sound (mach einen Blindtest! Der klingt selbst für meine Mutter, die keine Ahnung hat wahnsinnig.), 10mal in der Bedienungsfreundlichkeit UND du hast noch einen Ironman Attenuator intus (der alleine schon 430 Euro kostet).Fender verlangt für "CustomShop"-Gitarren Preise, für die du einem Gitarrenbaumeister sein Brot sichern kannst. Und du bekommst deine persönliche Klampfe. Fender benimmt sich wie Trump.
Olly sagt:
#1.1 - 06.01.2017 um 14:19 Uhr
hi, den Tipp mit dem logarithmischen Volume-Poti find ich gut...
ich hab nämlich auch den ein oder anderen Amp, der bei Volume 2-3 schon den aufgebrachten Nachbarsmob mit Fackeln und Mistgabeln vor der Tür stehen läßt....bringt das denn viel?
Antwort auf #1 von Irfan Oeksuez
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenIrfan Oeksuez sagt:
#1.1.1 - 08.01.2017 um 17:50 Uhr
Hier, schau mal rein:
https://www.youtube.com/wat... (bei 00:30 nennt der Mensch es beim Namen: "For whatever reason..???")Und auch sehr empfehlenswert:
http://guitarless.com/2011/...Pass auf alle Faelle auf, dass du die Sicherheitsrichtlinien einhaeltst, das ist LEBENSwichtig. Am besten du laesst die Mods von einem Fachmann durchführen.
Noch besser: Du kaufst dir einen anstaendigen Amp und laesst dich nicht von aller Welt bequatschen Fender sei das Nonplusultra. Hier der besagte Tone King, der im Vergleich mit dem Fender 57 wirklich sein Geld wert ist, selbst über laptop hörst du, was der Amp hergibt:https://www.youtube.com/wat...Was den Blues DeLuxe Reissue betrifft: Ich werde den Amp am Dienstag gegen einen Roland Blues Cube Stage eintauschen. Ist schon abgemacht.
Wenn man wirklich ehrlich ist, sich nicht von aller Welt bequatschen laesst und wirklich nur mal den Ohren traut, dann muss man ehrlich sagen, dass es Tech 21 Amps und die neue Blues Cube Generation von Roland zur genüge tun. Und dass ohne jeglichen Röhrenaufwand, sich kaputt schleppen etc.
Hier ein Interview mit Robben Ford u. einer Performance von ihm auf besagtem Amp.
Letztendlich klingt alles fast immer saugut, wenn man auch spielen kann.
https://www.youtube.com/wat...
Antwort auf #1.1 von Olly
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