Praxis
Für den Praxistest wird der Combo zuerst mit einem Beyerdynamic M 160 Bändchenmikrofon abgenommen. Sounds, die über den Line-Out mit Cab-Simulation aufgenommen wurden, kommen selbstverständlich auch noch. Für die Aufnahmen habe ich den Vibrato-Channel mit Input 1 benutzt. Der klangliche Unterschied zwischen beiden Kanälen (bei deaktiviertem Reverb und Vibrato im Vibrato-Kanal) ist recht gering. Sind bei beiden Kanälen die Regler Volume, Bass und Treble auf 5 eingestellt, hat man im Vibrato-Channel einen etwas lauteren und satteren Ton und ein prägnanteres Kompressionsverhalten. Alle Inputs können übrigens auch gleichzeitig genutzt werden. Der Amp hat, wie zu erwarten war, recht hohe Cleanreserven, alle Volume-Einstellungen bis ca. 5 geben einen klaren, unverzerrten Ton aus, der mit der Klangregelung noch etwas modelliert werden kann. Allerdings sollte man mit den Höhen etwas vorsichtig umgehen, bei Werten ab 7 und einer sehr crisp klingenden Gitarre kann das sehr scharf werden. Aber das kennt man auch vom Original – von dem mir leider zurzeit keines zur Verfügung steht. Aber da ich lange ein Reissue-Modell im Einsatz hatte, sind Sound und Ansprache noch gut in den Ohren. Und die sind beim Tonemaster allesamt sehr gut umgesetzt. Einerseits der klare “sparkling” Cleansound, den man mit einer Strat erzeugen kann, dann der kernige Tele-Sound mit etwas mehr Höhen, und wenn man für Jazz-Styles die Höhen etwas zurücknimmt, wird es warm und gemütlich. Ihr hört hier jetzt vier unterschiedliche Gitarren bei gleichem Volume mit kleinen Unterschieden in der Klangregelung.
Die klanglichen Eigenheiten der Instrumente werden wirklich sehr gut wiedergegeben. Der Amp klingt sehr transparent und sorgt für ausgezeichnete Cleansounds. Der Schalldruck ist absolut ausreichend, um gegen Drums und Bass zu bestehen und auch einen kleinen Club von der Bühne aus zu beschallen. Was wirklich gut eingefangen wurde, ist das satte Kompressionsverhalten, das für die Originale sehr charakteristisch ist. Der Ton ist füllig und das Reaktionsverhalten wirklich sehr authentisch.
Die Verzerrung setzt ein, wenn man den Volume-Regler auf 5 dreht. und der Ton wird etwas dreckiger, wenn die Saiten härter angeschlagen werden. Das ist natürlich abhängig von der Ausgangsleistung der Gitarre, bei Humbucker-Pickups zerrt der Amp etwas mehr. Aber es kann auch der zweite Eingang benutzt werden, wenn man mit Humbuckern in etwa den gleichen Zerrgrad haben möchte, den eine Singlecoil-Gitarre über Input 1 hat. Bei Volume 6 geht es in den von vielen Bluesgitarristen beliebten Bereich, wo man mit einer Les Paul einen dreckigen Sound bei hartem Anschlag erhält und bei leichtem Anschlag der Ton fast clean bleibt. Dabei lässt sich das Ganze mit dem Volume-Poti noch entsprechend entzerren. Das funktioniert auch hier erstklassig, bei jeder kleinen Veränderung an der Gitarre passiert etwas mit dem Sound, und man hat ausgezeichnete Möglichkeiten, das Klanggeschehen von der Gitarre aus zu steuern. In den nächsten Beispielen hört ihr die verschiedene Volume-Settings von 5 bis 10.
Beim Reverb hat man sich ebenfalls sehr stark ans Original gehalten, auch was die Dosierung betrifft. Schon mit dem Reverb-Regler auf 2 schwebt eine ordentliche Hallwolke aus dem Speaker. Schöner wäre natürlich eine etwas feinere Einstellung, aber wenn man ein hundertprozentiges Replikat erzeugen möchte, dann soll das eben auch so sein. Auf jeden Fall ist der Reverb klanglich äußerst gelungen, er verleiht dem Sound eine angenehme Tiefe und bei höheren Settings sind krachende Surfsounds möglich. Nur das Klackern, wenn man gegen den Amp tritt, konnte nicht umgesetzt werden ;-). Der Vibrato-Effekt liegt hinter dem Reverb, das bedeutet, dass lange Hallfahnen in der Lautstärke moduliert werden. Auch hier gibt es nichts zu beanstanden.
Ein typischer Einsatzbereich des Deluxe Reverb ist der als Pedalplattform. Dabei stellt man den Amp auf Cleansound ein und erzeugt die Verzerrung mit entsprechenden Pedalen. Das funktioniert auch hier recht gut, allerdings habe ich das Gefühl, dass der Amp mitunter etwas wählerisch ist und mit bestimmten Pedalen besser harmoniert als mit anderen. Da war der Röhren-Deluxe nach meiner Erinnerung etwas offener, und auch der Hot Rod Deluxe, den ich aktuell oft als Pedal-Amp benutze, klingt in dieser Hinsicht einen Hauch besser. Hier sind zwei Beispiele mit vorgeschalteten Zerrpedalen.
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Nun kommen wir zum Sound über den Line Out und auch da gibt es keine Beanstandungen. Bei vielen Amps wird häufig ein “Alibi-Line-Out” mitgeliefert, der aber klanglich nicht überzeugen kann. Beim Tonemaster Deluxe ist das anders. Die beiden vorhandenen Impulsantworten sind sehr gut gewählt, Cab 1 klingt etwas härter in den Höhen als Cab 2, aber beide sind dem Sound, den man aus dem Speaker direkt hört, sehr nah. Insofern kann der Tonemaster Deluxe sehr gut als Recording-Amp genutzt werden, vor allem auch mit der Mute-Funktion. Andererseits spart man sich auf der Bühne das Abnahmemikrofon und der Tontechniker hat immer ein sauberes und konstantes Signal. Hier sind drei Beispiele, zuerst die beiden Cab-Simulationen einzeln und dann ein Track im Bandkontext mit unterschiedlichen Gitarren, die alle über den Line-Out mit Cab-Simulation 2 aufgenommen wurden.
Tobias sagt:
#1 - 03.05.2023 um 08:35 Uhr
Vielen Dank für die guten Testberichte. Mich würde ein Vergleich zwischen Fender Tonemaster Deluxe Reverb und Roland BluesCube Stage interessieren. Bzw. Fender Tonenaster Twin Reverb und Roland Blues Cube Artist. Auch in Hinbluck auf die Fragen, wie lang läuft die Garantie? Werden Reparationen nur von Vertragswerkstätten durchgeführt (Roland)? Welcher amp punktet stärker im clean und gain Bereich?