Die beliebtesten Saiten für E-Bass sind ohne Frage Roundwounds in den Ausführungen Stainless Steel oder Nickel Plated Steel. Mit einigem Abstand – doch immerhin auf Platz 2 – folgen aber bereits Flatwound-, also geschliffene Saiten. Zu beiden Vertretern findet man im bonedo-Bassbereich zahlreiche Infos bzgl. Aufbau, Haptik, Bespielbarkeit und Sound. Falls man aber gerade vor der Wahl steht, ob man bei seinem E-Bass von Roundwounds auf Flatwounds (oder umgekehrt) wechseln soll, bleiben entscheidende Fragen oftmals nur unzureichend beantwortet: Wo genau liegen die klanglichen Unterschiede zwischen Rounds und Flats? Welche Rolle spielt die Wahl der Saiten wirklich in einem Band- oder Studiomix? Sind die Unterschiede zwischen Roundwounds und Flatwounds im Zusammenspiel mit anderen Instrumenten überhaupt noch feststellbar? Daher laden wir euch heute zu einem „Flatwound vs. Roundwound in the mix“-Direktvergleich ein.
- Flatwound vs. Roundwound – Aufbau- und Fertigungs-Unterschiede
- ▶ Roundwounds
- ▶ Flatwounds
- Versuchsaufbau
- Flatwound vs. Roundwound – Pop
- Flatwound vs. Roundwound – Classic Rock
- Flatwound vs. Roundwound – Soul
- Flatwound vs. Roundwound – R&B / Neo Soul
- Flatwound vs. Roundwound – Direktvergleich im Video
- Fazit
Flatwound vs. Roundwound – Aufbau- und Fertigungs-Unterschiede
Wie eingangs geschrieben, existiert auf bonedo (und anderswo im Netz) bereits viel Material über beide Kandidaten. Daher gibt es für euch an dieser Stelle nur einen kurzen stichpunktartigen Abriss über den Aufbau und die Unterschiede.
▶ Roundwounds
- Runddraht um runden oder sechseckigen Kern (Seele) gewickelt
- Raue Oberfläche (Stainless Steel noch etwas mehr im Vergleich zu Nickel Plated)
- Oberfläche „bremst” daher bei Lagenwechseln etwas mehr
- Brillanter Klang (vor allem Stainless Steel) mit viel Attack
- Durch raue Oberfläche anfällig für Verschmutzung durch Schweiß, Hautpartikel etc.
- Daher begrenzte klangliche Lebensdauer
▶ Flatwounds
- Flachdraht um runden oder sechseckigen Kern (Seele) gewickelt
- Glatte Oberfläche, ähnlich z. B. wie Saiten für Kontrabass
- Angenehm „smoothes“ Gefühl beim Lagenwechsel
- Weniger Höhen und Attack, dadurch wirken Tiefmitten und Tiefen präsenter
- Schmutz jeglicher Art kann sich deutlich schlechter ablagern
- Dadurch sehr lange Lebensdauer
Wer dazu in die Tiefe gehen möchte, findet hier weiterführendes Material:
- Vergleichstest: Flatwound-Saiten für E-Bass
- Vergleichstest: Stainless Steel vs. Nickel Plated Steel Basssaiten
Versuchsaufbau
Um diesen Vergleich zwischen Roundwound- und Flatwound-Basssaiten so aussagekräftig wie möglich zu machen, kommt natürlich für beide Kandidaten dasselbe Instrument zum Einsatz: Ein klassischer Precision-Bass mit Erlekorpus, Ahornhals und Palisandergriffbrett.
Dazu habe ich vier Genres gewählt, in denen beide Saitentypen ohne Frage ihre Berechtigung haben. Für einige Techniken bzw. Sounds, wie Slapping oder Tapping, sind Flatwounds in der Regel eher nicht die erste Wahl, daher lassen wir diese Spielarten außen vor.
Für dich ausgesucht
Mein Basssignal ging über einen Preamp ohne zusätzlichen Equalizer direkt in mein Audiointerface. Auch nachträglich habe ich keine weitere Bearbeitung des Sounds vorgenommen.
Flatwound vs. Roundwound – Pop
Hier hört ihr eine moderne Pop-Nummer mit mehreren Synthie-Flächen und darunter einem straightem Achtelgroove-Bass:
Flatwound vs. Roundwound – Classic Rock
Dieses Beispiel ist oin Old-School-Rock-Shuffle mit leichtem Punk-Einschlag:
Flatwound vs. Roundwound – Soul
Ein schönes Beispiel mit 60’s-Soul bzw. Motown-Flair mit einer für dieses Genre typischen Bassline:
Flatwound vs. Roundwound – R&B / Neo Soul
Hier kommt ein moderner R&B/Neo-Soul-Groove mit einem hypnotischen Laid-Back-Feeling:
Flatwound vs. Roundwound – Direktvergleich im Video
In diesem Video kannst du beide Kandidaten nochmal im Vergleich hören und sehen:
Fazit
Tatsächlich bin ich von dem Ergebnis selbst überrascht! Die klanglichen Unterschiede fallen deutlich geringer aus, als ich es selbst erwartet hätte. Wenn man jetzt noch zusätzlich mit einem Equalizer und/oder einer Amp Simulation etc. in den Klang eingreifen würde, läge zwischen den Kandidaten vermutlich sogar noch weniger Abstand!
Natürlich hört man hier Unterschiede zwischen den geschliffenen und den ungeschliffenen Basssaiten. Diese werden aber vor allem im Grenzbereich deutlich, z. B. im Rock. Bei so manch anderem Genre liegen für mich im Mix keine Welten zwischen den Sounds beider Saitentypen, vielmehr würde ich hier eher von „Tendenzen“ sprechen.
Zum Beispiel unterstützen für mich Flatwound-Basssaiten den 60’s-Soul besser – sie sind aber auch nicht zwingend notwendig, um hier ein gutes Ergebnis zu erzielen. Umgekehrt bringen Roundwounds grundsätzlich bessere Voraussetzungen für Sounds mit, bei denen mehr Attack und Biss gefragt sind.
Allerdings reden wir an dieser Stelle ja bislang nur über das nackte Hören. Auf keinen Fall vergessen sollte man natürlich das Spielgefühl! Die Haptik einer Saite macht natürlich etwas mit dem/der Spieler/in. Hier wird man meines Erachtens unbewusst bereits in eine Richtung gelenkt und spielt daher ggf. auch anders. Und dieses Phänomen fließt natürlich auch mit in die Performance ein – also auch in die Aufnahme!
Eure Meinung interessiert uns: Schreibt uns doch gerne eure Eindrücke und Erfahrungen in die Kommentare!
Viel Spaß – egal mit welchen Basssaiten – und bis zum nächsten Mal, euer Thomas Meinlschmidt
paul docmartney sagt:
#1 - 06.06.2023 um 18:34 Uhr
moin! warum lasst ihr eigentlich so oft die jamaikanische musik- also reggae/rocksteady/ska/dub- aussen vor? ich denke, gerade da ist der unterschied wirklich stark zu hören, wenn man nicht am eq alles über 150hz (manche meinen schon bei 100hz) rigoros rausnimmt. habe lange versucht, solche mucke mit roundwouinds zu spielen, weil die dinger so viel billiger zu haben sind als gute flats, aber erst als ich nen trace ah100 mit grafischem eq hatte, ging das einigermaßen. mit 3-band potikurbeleq ist das schlicht nicht vernünftig hinzukriegen. aber letztendlich spiele ich heute nur noch flatwounds und das auch bei musik härterer gangart: garage, punk, hc... weil da m.e. einfach mehr body im sound ist und ich badewannen-eq (also diese bescheuerte mid-scoop-einstellung moderner rockmucke, die den bass so oft zum kaum hörbaren und erst recht nicht melodiös definierbaren hintergrundgegrummel und höhengeklicker-das man eh nur hört, wenn die melodieinstrumente pausieren- degradiert, so überhaupt nicht verstehe oder gar mag... greetz, p.
Thomas sagt:
#1.1 - 07.06.2023 um 11:41 Uhr
Hallo Paul, Ich gebe dir recht, dass diese Genres etwas zu kurz kommen. Das hat aber ausschließlich mit pragmatischen Gründen zu tun. Die Klangbeispiele macht man als Autor ja alleine zu Hause vor den Computer. Da arbeitet man natürlich mit den Ressourcen, die man aktuell zur Verfügung hat. Für jeden Artikel neue Samples oder Plugins kaufen wäre einfach unwirtschaftlich. Zudem existiert für Genres, in denen der menschliche Faktor bezüglich Micro Timing extrem wichtig ist, deutlich weniger Material auf dem Markt. Zudem klingen genau diese Stile (Reggae, Latin etc.) aus der Retorte spätestens nach vier Takten langweilig. Das ist zumindest meine Meinung. Und natürlich spielt auch die Tatsache eine große Rolle, dass ich gewisse Stile einfach nicht gut kann und daher auch weiß, dass ich in der Folge auch keinen guten Job abliefern würde. Aber ich nehme deine Anregung sehr gerne auf und versuche in Zukunft daran zu denken. Liebe Grüße, Thomas
Antwort auf #1 von paul docmartney
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenPaul DocMartney sagt:
#1.1.1 - 10.06.2023 um 23:59 Uhr
aloha thomas! danke für die flotte antwort. meinen vorherigen post bitte als anregung verstehen und nicht als rumgenöle ;) klar, verstehe ich, dass man weder zeit, geld noch nerv hat, sich den ganzen tech-gedöns zu organisieren, den man braucht um sowas, wie du es im übrigen hier vorzüglich machst, fürs musikantenvolk möglichst stressarm vorzuführen. klar kann man nicht alles spielen- ich versuch zwar, innerhalb einer meiner bands alles mögliche von rockabilly über blues, surf, 70s rock, punk, garage, soul, funk, reggae in allen subgenres bis hin zu hardcore und metal alles zu spielen was einer von uns anbringt/schreibt (witzigerweise ist das n powertrio)- anderes zeug spiel ich dann in anderen bands: jazz, latin, (gipsy-)swing, country etc., aber man kann wie du sagst auch nicht alles können und mögen. trotzdem möchte ich jedem basser, der auch mal richtig im vordergrund stehen will, das jamaikanische zeugs wärmstens empfehlen: bei den frühen geschichten wie 60s ska schön rumsynkopieren in walking styles bis zur komplett im vordergrund stehenden bulldozerbassline, die oft sogar die hauptmelodie ist (nachdem ende der 60s die bläser wegsaniert wurden). wer das nicht ausprobiert, verpasst schlichtweg ne super chance, meist unaufwendig schön melodisch zu grooven und den gesamtsound der band maßgeblich zu mitbestimmen... greetz'n'groove, paul.
Antwort auf #1.1 von Thomas
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