Praxis
Titelauswahl
Ich starte also die App auf meinem iPad, logge mich in meinen Flowkey-Account ein und habe gleich die Titelauswahl auf dem Bildschirm. Und hier muss ich Flowkey wirklich ein Kompliment aussprechen: An Lernstoff herrscht kein Mangel. Übersichtlich gegliedert in Kategorien wie „Klassische Musik“, „Film & TV“, „Games“, „Volkslieder“, „Pop Hits“ oder „Jazz“ findet man hier ein wirklich breit gefächertes und reichhaltiges Angebot vor, das zudem ständig erweitert wird – vorausgesetzt, man besitzt einen Premium-Account. In der kostenlosen Version ist die Auswahl deutlich eingeschränkt und klar darauf ausgelegt, Appetit auf mehr zu machen. Insgesamt ist das Angebot eher auf moderne Hits zugeschnitten als auf Klassik. Während der Bereich Pop zur Zeit 88 Stücke umfasst (darunter einige Evergreens wie „Let it be“ und „Your Song“ und viele neuere Hits von Rihanna über Taylor Swift bis hin zu Lady Gaga), ist die Klassik-Abteilung im Verhältnis etwas unterrepräsentiert. Die beliebtesten Klassik-Hits wie „Für Elise“, „Alla Turca“ oder die unvermeidliche Mondscheinsonate sind aber natürlich dabei, genauso wie „Clair de lune“ oder der Frühling aus den Vier Jahreszeiten. Der Bereich Film enthält berühmte Titelmelodien wie „Pink Panther“, „Indiana Jones“ und „The Godfather“, aber auch einige durch Filme bekannt gewordene Songs z.B. von Adele und sogar Lorde und Kanye West. Liebhaber von Videospielen werden in der Kategorie „Games“ fündig, wo ein paar zu Klassikern gewordene Titel versammelt sind, allen voran natürlich die verschiedenen Super Mario Themen. Jazz-Freunde dürfen sich unter anderem am „Watermelon Man Theme“, an „Take The A Train“ oder an „Girl From Ipanema“ versuchen, und für die Hausmusik enthält Flowkey schließlich auch diverse Volks- und Weihnachtslieder – gerade kürzlich wurde das Tannenbaum-Repertoire kräftig aufgestockt.
Die Suche lässt sich mit vier Schwierigkeitsstufen eingrenzen. Im Einsteigerbereich geht es mit teilweise sehr leichten Zwei-Finger-Arrangements los, die für Anfänger keine große Hürde darstellen und schnell Erfolgserlebnisse vermitteln. Und das ist vielleicht sogar der größte Pluspunkt solcher Apps: Jeder, der spontan Lust bekommt, das Klavierspielen mal auszuprobieren, kann sofort loslegen und kommt auch recht schnell an den Punkt, wo es „nach etwas klingt“. Die Kategorie „Profi“ enthält dagegen durchaus ambitionierte Arrangements (z.B. vom Simpsons-Thema oder der Super Mario Musik). So macht die App auch jenen Spaß, die bereits eine gewisse Fingerfertigkeit erlangt haben und mal Stücke ausprobieren möchten, die im „normalen“ Klavierunterricht vielleicht nicht immer Platz haben. Einige besonders beliebte Titel gibt es zusätzlich zur schwierigen Originalversion noch in einer oder mehreren mehr oder weniger stark vereinfachten Varianten. Gut gelöst!
Unter „Meine Songs“ findet man alle Songs, mit denen man einmal begonnen hat, mitsamt einer Fortschrittsanzeige. Diese ist allerdings eher ein Gag, denn eine Aussage wie „100% Noten gespielt“ sagt natürlich überhaupt nichts darüber aus, ob man den Song auch wirklich spielen kann.
Übrigens bekommt man von Flowkey jede Menge E-Mails, die daran erinnern, welche Songs man angefangen hat zu üben und ob man nicht weitermachen wolle. Neben dem Werbeaspekt ist das wohl auch als Motivation gedacht, mich hat es aber ziemlich schnell genervt. Zum Glück lassen sich die Mails abbestellen.
Klavierstunde mit Flowkey
Durch Antippen im Browser kann man Titel vorhören, hier gibt es auch eine Funktion zum Markieren von Favoriten. Hat man sich dann entschieden, so drückt man auf „Jetzt Song lernen“, woraufhin sich der Übungs-Player öffnet. Im oberen Bereich des Bildschirms ist nun eine Tastatur zu sehen, während der untere Bereich die Noten anzeigt. Durch Druck auf den mittig platzierten Play-Button kann man sich den Song anhören und den Händen des „Lehrers“ auf der Tastatur zusehen. Die Noten laufen mit und die gespielten Tasten werden nach Art eines Leuchttasten-Keyboards hervorgehoben. Sehr gut gefällt mir der schöne Klang des Flügels in den Videos, der nichts mit den statischen MIDI-Sounds einiger anderer Lern-Apps gemein hat. Zudem rattert der virtuelle Lehrer nicht stur die Noten herunter wie in einigen anderen Lernprogrammen, sondern interpretiert das Stück mit Tempoänderungen, Dynamik und allem, was dazu gehört. So bekommt man als Einsteiger ein Gefühl für diese wichtige Ebene, die sich eben nicht in Noten darstellen und nach „Schema F“ erlernen lässt.
Die verschiedenen Übungs-Modi lassen sich mit den beiden Hand-Symbolen jeweils einzeln für die linke oder rechte Hand oder für beide Hände gleichzeitig aktivieren. Los geht’s mit dem sogenannten Warte-Modus, der mich an die Übungsfunktionen einiger Einsteiger-Keyboards erinnert. Hier wartet die App und hält das Video kurz an, bis man die richtige(n) Note(n) gespielt hat. Die zu spielenden Tasten sind auf dem Bildschirm farbig unterlegt, zusätzlich lassen sich die Notennamen einblenden. Über das Mikrofon des iPads oder Computers hört die App zu und analysiert, was man spielt. Da keine Kabel nötig sind, klappt das mit beliebigen Instrumenten vom heimischen Klavier über Digitalpianos bis hin zu Keyboards. Im Test auf einem iPad 4 und auf einem Macbook Pro in Google Chrome funktionierte die Erkennung recht gut, brauchte aber jeweils einen kleinen Moment. Bei schnelleren Läufen oder Akkordfolgen kommt die App manchmal nicht gleich hinterher und man muss eine Note noch einmal anschlagen, bis sie erkannt wird, was dem viel beschworenen „Flow“ beim Üben natürlich nicht gerade zuträglich ist. Abhilfe schafft die Option zum Anschließen eines Digitalpianos oder Keyboards über MIDI. Gegenüber der Mikrofon-Variante sorgt das für eine schnellere und zuverlässigere Erkennung. Bislang klappt das aber nur in der Browser-Version und auch nur mit Chrome, in anderen Browsern ist die MIDI-Funktion noch nicht verfügbar.
Wenn man die Noten dann einigermaßen drauf hat, kann man auf die nächste Stufe wechseln und in Echtzeit mit dem „Lehrer“ mitspielen. Hier wartet dann keiner mehr und am Anfang ist man vielleicht froh über die Option, den Song etwas langsamer abzuspielen – Stichwort „angemessene Herausforderung“. An diesem Punkt wird leider deutlich, dass die guten Flügel-Aufnahmen mit der musikalischen, nicht an ein starres Raster geknüpften Interpretation nicht nur Vorteile haben. Dass auf der langsamen Stufe unschöne Verzerrungen im Klang auftreten, könnte man noch verschmerzen. Blöd ist aber, dass man das Tempo nicht in kleinen Schritten steigern kann, wie es Klavierlehrer/innen seit Jahrhunderten mit großem Erfolg lehren. Bei Flowkey gibt es nur zwei Stufen, nämlich „langsam“ oder „schnell mitspielen“. Für ein Lernprogramm finde ich das eindeutig zu wenig! Dazu passt auch, dass Flowkey leider kein Metronom beinhaltet, was bei längeren Noten oder Pausen sehr hilfreich wäre. Noch nicht einmal einen Einzähler gibt es, sodass man den richtigen Moment zum Losspielen nur anhand der Hände im Video sehen kann. Auch das Stummschalten der linken bzw. rechten Hand im Video ist natürlich nicht möglich, weil hier mit Audioaufnahmen und nicht mit MIDI-Daten gearbeitet wird. Gut ist wiederum der Loop-Modus, mit dem man einen beliebigen Abschnitt als Dauerschleife wiederholen kann, bis er endlich sitzt.
Anders als im Warte-Modus fehlt im Mitspiel-Modus leider jede Art von Feedback. Im Grunde läuft nur das Video, entweder langsam oder schnell, und es gibt keinerlei Kontrolle darüber, wie gut man sich schlägt. Mit einer Funktion, die das Spiel intelligent analysiert und Kritik übt bzw. lobt, wäre die App richtig gut. So wie es sich derzeit gestaltet, kann Flowkey leider kaum mehr als die Übungsfunktionen typischer Keyboards – auch wenn es zugegebenermaßen sehr viel besser klingt und besser aussieht.
Piano Lessons London by WKMT sagt:
#1 - 19.05.2020 um 14:30 Uhr
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Alexander Hartel sagt:
#2 - 27.09.2020 um 05:46 Uhr
Frage: Mit MIDI Keyboard Aturia Keystep erkennt Flowkey zwar die Eingabe, aber ich höre nichts. Parallele App Nutzung GarageBand oder Korg Module schaltet sich stumm sobald ich App verlasse. Gibt‘s dafür ne Lösung?