KLANG
Was auffällt: Der RNP gehört nicht zu den rauschärmsten Mikrofonvorverstärkern, die der Markt zu bieten hat. Mit -120 dB EIN (“Equivalent Input Noise”) liegt er im Mittelfeld (der professionellen stand-alone Mic-Pres, wohlgemerkt!), allerdings ist aufgrund der anscheinend guten spektralen Verteilung im Normalfall nicht allzu viel davon mitzubekommen. Heutige Mikrofon-Designs haben einen recht hohen Übertragungsfaktor, so dass der Gain nicht allzu weit aufgerissen werden muss, und der Rauschteppich im Normalfall vom Nutzsignal maskiert wird. Es bleibt aber immer genügend Headroom, ohne das Signal zu stark zu verrauschen. Allerdings sollte man vorsichtig sein: Clippings gibt es zwar erst bei verdammt hohen Pegeln, dafür machen diese sich aber sofort negativ bemerkbar. Den Preamp “heiß” zu fahren funktioniert also nicht. Für hochdynamisches Material wie Klassikaufnahmen wird man vielleicht noch hochwertigere Preamps einsetzen wollen.
Von Vorteil bei jeder Art von Material ist die wirklich außerordentliche “Schnelligkeit” des Verstärkers: Impulse werden weitergegeben, ohne dass sie verschleift und vermatscht wirken. Dies ist in erster Linie durch das breite Spektrum des RNPs möglich. Vor allem an “T”- und “S”-Lauten der Stimme lässt sich das bemerken. Man hat manchmal jedoch das Gefühl, als würde der FMR das Eingangssignal ganz leicht und sanft komprimieren.
Klanglich wirkt der Texaner eher verhalten, von Signalfärbung kann man nicht sprechen (dadurch natürlich auch nicht von “Charakter”). Man hat das Gefühl, dass der FMR genau eine Sache macht: verstärken. Dies tut er mit Subbässen genauso wie mit Höhen. Der FMR arbeitet erstaunlich frequenzlinear. Um in der Sprache des Fotos zu bleiben: Er liefert die ungeschminkte Wahrheit. Für den DI-Input gilt genau das Gleiche.
Hinweis: Die Aufnahmen wurden im Tonstudio unter professionellen Bedingungen durchgeführt. Um die Eigenschaften genau erkennen zu können, solltest Du mit hochwertigen Kopfhörern oder über ein gutes Lautsprechersystem abhören. Verwendet wurden:
Mikro: CAD Equitek E-200 MKI; E-Piano: Fender Rhodes MKI Stage 73 (per DI); Kabel: van Damme Starquad; Audio I/O: MotU 828 MKI
Vergleichspreamps:
Lydkraft Tube-Tech MP-1A
Focusrite Blue Range ISA220
Wirklich erstaunlich und absolut nützlich im Praxisbetrieb ist die Kanalgleichheit des kleinen Stereo-Amps. Nur zu häufig stimmen die abgelesenen, manchmal auch die gerasterten Gain-Stellungen nicht überein oder haben Kanäle einen leicht unterschiedlichen Frequenzgang oder sogar Impulsverhalten. Dies wäre ein Hinweis auf nicht sonderlich gut selektierte und auf einander abgestimmte Bauteile (denn das ist es, was Bauteile teuer macht!). Ob es sich beim FMR allerdings um zufällig passende Fertigungstoleranzen handelt, kann kaum festgestellt werden, vielleicht ist es bei anderen RNPs anders; allerdings macht es nicht den Anschein.
Verwendet wurde hier ein Pärchen Oktava MC012 mit DE-Kapseln in Klein-AB-Aufstellung.
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Der FMR ist also insgesamt als eher “klinisch” und “seelenlos” zu bezeichnen, was durchaus positiv gemeint ist. Oft will man eben keine Färbung durch den Mic-Pre, sondern überlässt das lieber den Kompressoren oder EQs, wenn überhaupt.