Focal Lensys Professional im Praxis-Check
Der mehrtägige Praxistest erfolgte an den folgenden Kopfhörerverstärkern:
- Universal Audio Apollo X4
- SPL Phonitor mini
- Apple MacBook Pro (2024)
Als Vergleichskopfhörer kamen der hauseigene offene Clear Mg Professional sowie der Adam Audio Studio Pro SP-5 als mein derzeit hochwertigster geschlossener Kopfhörer zum Einsatz.
Die klangliche Bewertung des Focal Kopfhörers erfolgte anhand vertrauter Produktionen (gemastert und ungemastert), Produktionsbestandteile, Signalgeneratoren in Apple Logic sowie dem Monitoring meiner eigenen Stimme beim Recording.
Anwendungsbereich
Als Studiokopfhörer in geschlossener Bauweise gibt es von vornherein kein Einsatzszenario, für das sich der Lensys Professional nicht eignen würde. Seine hervorragenden Dämmeigenschaften qualifizieren ihn für die Verwendung selbst bei sensiblen Mikrofonierungen. Sollten die Wiedergabeeigenschaften Klangbeurteilungen und Eingriffe beim Mixdown und Mastering ermöglichen, wäre der Focal Lensys Professional das ultimative Allround Tool für Profis – und genau das ist der Fall!
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Wie klingt der Focal Lensys Professional?
Bevor das aktuelle Testobjekt im Mittelpunkt steht, finde ich es sinnvoll, einige Erfahrungswerte mit Focals offenem Spitzenmodell loszuwerden. Seit Jahren hat die Arbeit mit Kopfhörern für mich einen hohen Stellenwert in fast allen Arbeitsschritten professioneller Musikproduktionen. Als ich den Clear Mg Professional vor über drei Jahren zum Review erhielt, war es quasi Liebe auf den ersten Blick (trotz des Designs!). Folglich hatte ich mir ein Exemplar gekauft, das sich seitdem im regelmäßigen Einsatz befindet. Trotz aller klanglichen und sonstigen Vorzüge setze ich meinen mittlerweile zehn Jahre alten AKG K812 immer wieder zur finalen Qualitätskontrolle und bei Schnittbearbeitungen ein. Da der offene Focal-Kopfhörer mit seinen etwa bedeckteren Höhen nicht alle Artefakte so schonungslos offenlegt. Und genau in diesem Punkt weicht der Lensys Professional von Focals offenem Referenzkopfhörer ab.
Frequenzwiedergabe
Der Zusatz „±3 dB“ bei einem Übertragungsbereich von 5 bis 22000 Hz klingt schon fast ein wenig arrogant, wenn man bedenkt, dass in den Angaben im Übertragungsbereich anderer Kopfhörermodelle nicht selten Pegelunterschiede im zweistelligen dB-Bereich auftreten. Nun weiß ich nicht, ob man generell jeglichen Herstellerangaben trauen sollte, allerdings bestätigt sich meine hoffnungsvolle Erwartung einer neutralen und professionell beurteilbaren Frequenzwiedergabe definitiv im Hörtest. Keine Angst, der Lensys Professional ist kein freudloser Analyst alter Schule. Druck und Emotionen werden genau so intensiv übertragen wie auf guten Studiomonitoren!
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Dabei beschränkt sich die Frequenzwiedergabe nicht auf einen weitgehend homogenen Übertragungsbereich, der den menschlichen Hörbereich knapp erweitert. Das Herausragende ist die klangliche Separierung einzelner Frequenzbereiche und Mixbestandteile. Durch diese Griffigkeit sind Klangbeurteilungen und Bearbeitungen fast ein Kinderspiel.
Wie ist der Bass? Die Wiedergabe tiefer Frequenzen ist wirklich exzellent. Druckvoll, tief und von einwandfreier Tonalität. Hierdurch grenzt sich der Focal Kopfhörer von vielen Konkurrenzprodukten ab, die behaupten, eine tolle Basswiedergabe zu haben, weil es untenrum etwas wummert.
Die Mitten klingen lebendig, wie es sich für ein professionelles Abhörwerkzeug gehört. Dabei wirkt das Verhältnis von unteren und oberen Mitten gut ausbalanciert und natürlich. Vor allem in diesem Bereich empfinde ich die Wiedergabe neutraler als bei meinem ebenfalls hochwertigen geschlossenen Studiokopfhörer Adam Audio Studio Pro SP-5.
Wie bereits erwähnt, werden hohe Frequenzen zwar relativ prominent, aber auch filigran wiedergegeben, wodurch sich der Lensys Professional als „Audiolupe“ für kritische Beurteilungen und Bearbeitungen eignet. Der Focal Kopfhörer verzeiht nichts und in manchen Produktionen klingen die Höhen durchaus scharf. Allerdings ist diese Schärfe dann tatsächlich im Mix vorhanden – auch professionelle Produktionen sind nicht immer perfekt! Der Focal Kopfhörer kann hierfür ein zweckdienlicher Indikator sein.
Raumabbildung
Auch wenn der Lensys Professional nicht ganz so luftig klingt und der Lautsprecherwiedergabe nahe kommt wie Focals offener Referenzkopfhörer, die Räumlichkeit und Separierung einzelner Mixbestandteile ist fantastisch! Bei entsprechender Produktionsqualität werden beispielsweise Instrumente so plastisch im Raum abgebildet, dass man sie fast greifen kann. Für kreative und technische Mixeingriffe ist dies eine große Hilfe. Binaurales Klangmaterial wird ebenfalls beeindruckend wiedergegeben.
Dynamik und Transienten
Auch in diesen Bewertungskategorien agiert der geschlossenen Focal Kopfhörer auf Referenzniveau. Transienten gelangen unverfälscht ans Ohr, auch die Ausklingphasen tieffrequenter Impulse werden absolut präzise wiedergegeben. Zudem spielt der Lensys Professional selbst bei hohem Abhörpegel frei von Kompressionsartefakten.
Zusammengefasst bewerte ich die Wiedergabeeigenschaften als beeindruckend und den Focal Kopfhörer als herausragendes Tool für kopfhörerbasierte Audio- und Musikproduktion im Studio und unterwegs!
Tragekomfort
Focals offenes Referenzmodell Clear Mg Professional, mit dem ich nun seit Jahren arbeite ist mit einem Gewicht von satten 450 g überdurchschnittlich schwer. Paradoxerweise ist es einer der Kopfhörer, die ich – auch für mehrstündige Hörsessions – als am komfortabelsten erachte! Der Grund hierfür: Eine perfekte Passform und exzellente Polsterung mit komfortablen und atmungsaktiven, körperaufliegenden Materialien.
Mit 306 g wiegt der Lensys Professional ca. ein Drittel weniger. Obwohl sich beide Gehäusekonstruktionen auf Abbildungen stark ähneln, ist das neue geschlossene Modell deutlich kompakter. Die Passform ist gleichermaßen gelungen und passt sich meiner Kopfform perfekt an. Auch der schmalere Bügel übt trotz einer geringeren Auflagefläche keinen unangenehmen Druck auf meine Schädeldecke aus.
Während der vertikale Innendurchmesser der Ohrpolster mit ca. 6 cm bei beiden Modellen identisch ist, fällt dieser in der Horizontalen mit ca. 4,3 cm ein halben Zentimeter knapper aus als beim offenen Modell. Meine Ohren werden dabei aber immer noch komplett umschlossen.
Angenehm wie ungewöhnlich ist der stoffartige Bezug der Memory-Foam-Polster. Neben einem komfortablen Tragegefühl ist diese Material zudem viel atmungsaktiver als das häufig verwendete Kunstleder vieler Konkurrenzprodukte.
Den Anpressdruck der Ohrmuscheln empfinde ich als optimalen Kompromiss aus sicherem Sitz und einem langzeittauglichen Tragekomfort.
Alternativen zum Focal Lensys
Neumann NDH 20 | Audeze LCD-2 Classic |
etwas günstigere Alternative mit gleichem Anforderungsprofil und vergleichbarer Ausstattung; in zwei Farbvarianten erhältlich | etwas teurere Alternative mit magnetostatischen Schallwandlern; vergleichbarer Qualitätsanspruch, allerdings geringere Dämmeigenschaften |