Wenn es um USB-Audiointerfaces geht, ist der Hersteller Focusrite insbesondere mit seiner preisgünstigen Scarlett-Serie extrem erfolgreich. Nachdem diese mittlerweile zweimal überarbeitet wurde, kam im Herbst 2021 die gehobene Clarett-Serie an die Reihe.
Diese wurde zwar zwischenzeitlich von Thunderbolt auf USB umgestellt, ansonsten blieb sie seit ihrem Launch im Jahr 2015 aber weitgehend unverändert. Die neue Generation hört auf den Namen Clarett+ (bzw. Clarett Plus) und zeichnet sich unter anderem durch verbesserte Wandler aus, die für erhöhten Headroom und einen größeren Dynamikumfang sorgen.
Mit dem Clarett+ 8Pre sehen wir uns nach dem 4Pre und dem 2Pre die größte Ausbaustufe der überarbeiteten Serie genauer an. Was das Audiointerface mit seinen acht Mikrofonvorverstärkern und zusätzlichen Features alles kann, wie es klingt und wo die wesentlichen Unterschiede gegenüber dem vergleichbar konfigurierten und deutlich günstigeren Scarlett 18i20 3rd Gen. liegen, finden wir im Review heraus.
Details
Erster Überblick
Das Clarett+ 8Pre ist ein USB-2.0-Audiointerface mit USB-C-Anschluss (Adapterkabel auf USB-A enthalten), das an Mac und PC betrieben werden kann und bei Abtastraten bis 24Bit/192kHz arbeitet. Das 19-Zoll-Gehäuse mit einer Höheneinheit passt perfekt in jedes Studio-Rack, aber auch der Desktop-Betrieb ist natürlich möglich. Dazu sind im Lieferumfang vier kleine Gummifüße enthalten. Die Rackohren lassen sich bei Bedarf abmontieren.
Genauso wie das preisgünstige Scarlett 18i20 bietet das Clarett+ 8Pre 18 Eingangs- und 20 Ausgangskanäle, die sich in exakt der gleichen Weise auf analoge und digitale Schnittstellen verteilen. Auf der analogen Seite finden sich acht kombinierte Mic/Line-Eingänge und zehn Line-Ausgänge. Die beiden Kopfhörerausgänge werden dabei nicht zusätzlich gezählt, da sich sich mit einem Teil der Line-Ausgänge die Wandler teilen und streng genommen nicht separat adressierbar sind. Im Bereich der digitalen Anschlüsse sorgen optisches ADAT und koaxiales S/PDIF für bis zu zehn weitere Kanäle in beide Richtungen.
Mehr Dynamik und JFET-Instrumenteneingänge
Die wohl wesentlichsten Unterschiede zwischen den überarbeiteten Claretts und den günstigen Scarletts liegen in der Qualität der verbauten Komponenten und insbesondere der Preamp/Wandler-Kombination. Auch wenn die Clarett-Preamps mit 57 dB Gain kaum kräftiger ausfallen als die Preamps der Scarletts (56 dB), bieten die Claretts großzügigeren Headroom, geringeres Grundrauschen und erweiterten Dynamikumfang. So lassen sich eingehende Signalspitzen sauberer abbilden, während auch leisere Details noch exakt übertragen werden. In diesem Punkt liegt auch ein wesentlicher Unterschied zwischen den Claretts mit und ohne „Plus“: Die neue Generation arbeitet dank der verbesserten Wandler präziser und kann in dieser Hinsicht noch eine Schippe an Klangqualität drauflegen.
Als eine weitere Neuerung wurden die Instrumenteneingänge der überarbeiteten Claretts mit einer JFET-Stufe ausgestattet, die sich dem Verhalten von Gitarrenverstärkern weiter annähert.. Auch die Kopfhörerausgänge wurden in Hinblick auf Pegel und Transparenz verbessert. Das analoge Air-Feature, das den Klang des klassischen Focusrite ISA 110 Preamps nachbildet und unter anderem durch eine Anpassung der Impedanz für ein höhenreicheres Klangbild sorgt, ist nach wie vor vorhanden. Air ist übrigens nicht gleich Air – laut Hersteller bestehen Unterschiede in der Umsetzung der Schaltung für Clarett+ und Scarlett.
Bewährtes Konzept ohne Talkback
Das Layout des Clarett+ 8Pre entspricht weitgehend dem des Vorgängers, und auch die Verwandtschaft zur Scarlett-Serie wird beim Betrachten der weinroten Aluminiumfront offensichtlich: Zwei Mic/Line-Eingänge, die sich zusätzlich als Instrumenteneingänge nutzen lassen, 48V-Phantomspeisung, die in zwei Viererblocks aktiviert wird, acht Gain-Potis mit zugehörigem LED-Meter, eine kleine Monitoring-Sektion und zwei Kopfhörerausgänge. Die Verarbeitungsqualität wirkt allgemein sehr gelungen.
Ein nicht ganz unwesentlicher Unterschied zum aktuellen Scarlett 18i20 ist, dass sich die kleine Monitoring-Sektion des Clarett+ 8Pre auf einen Lautstärkeregler mit zugehörigem Dim- und Mute-Taster beschränkt. Auf ein integriertes Talkback-Mikrofon und eine A/B-Funktion zum Umschalten zwischen zwei Lautsprecherpaaren wird an dieser Stelle also verzichtet. Auch wenn dies für Audiointerfaces ganz sicher nicht zum Standard gehört, hätten sich diese Extras bei der neuen Generation der Claretts sicher gut gemacht.
ADAT: Volle acht Kanäle nur bis 48 kHz
Der Großteil der Anschlüsse des Clarett+ 8Pre ist auf der Rückseite des Gehäuses untergebracht. Neben den verbleibenden sechs Mic/Line-Eingängen finden sich dort die zehn symmetrischen Line-Ausgänge, ein MIDI-I/O, der USB-C-Port, ein Wordclock-Anschluss und die digitalen Audio-Schnittstellen in Form von koaxialem S/PDIF (zwei Kanäle) und optischem ADAT (bis zu acht Kanäle).
Wenn man bedenkt, dass sich das Clarett+ 8Pre vorrangig an anspruchsvolle Anwender richtet, die bereit sind, einen deutlichen Aufpreis für erhöhte Klangqualität zu zahlen, dann erscheint es nicht ganz schlüssig, dass das Interface nur mit einem einfachen ADAT-Port ausgestattet ist. Viele aktuelle Audiointerfaces (wie z.B. auch das Scarlett 18i20) bieten einen zweifachen ADAT-Port und arbeiten mit Sample-Multiplexing, um die Bandbreite der Schnittstelle zu erweitern. Dies ermöglicht dann (z.B. im Zusammenspiel mit einem externen Preamp-Modul) das Übertragen der vollen acht Kanäle bei Abtastraten bis zu 96 kHz. Da dies beim Clarett+ 8Pre nicht umgesetzt wurde, sind die vollen acht Kanäle auch nur bis 48 kHz möglich. Bei 96 kHz bleiben noch vier Kanäle, bei der höchsten Abtastrate von 192 kHz nur noch zwei. In diesem Bereich hätte der Hersteller bei der Überarbeitung der Clarett-Serie durchaus ansetzen können.
Steuerung über iPad/iPhone möglich
Das Clarett+ 8Pre zeigt grundsätzlich einen leichten Hang zur Steuerung über Software. Auch wenn das Gain der Vorverstärker nach wie vor manuell an den zugehörigen Potis geregelt wird, ist beispielsweise das Aktivieren des Air-Features und des Instrumentenmodus für die betreffenden Preamps nur über einen angebundenen Rechner möglich. Dies läuft über die genauso pragmatisch wie übersichtlich gestaltete App Focusrite Control.
Ein dicker Pluspunkt ist, dass Focusrite Control auch auf iOS-Geräten läuft, die sich im gleichen WLAN-Netzwerk wie der angebundene Rechner befinden. Dies ermöglicht einspielenden Musikern, ihren persönlichen Monitor-Mix direkt von ihrer Position aus einzurichten. Ein echtes Pro-Feature, das insbesondere bei der Nutzung mehrerer Aufnahmeräume sehr hilfreich ist. Einen echten Mehrwert stellt zudem das enthaltene Software-Paket dar. Hier wird man nicht nur mit kleinen DAW-Versionen von Ableton Live und Pro Tools, sondern auch mit einer beträchtlichen Auswahl an virtuellen Instrumenten und Effekt-Plugins namhafter Hersteller (u.a. Softube, Brainworx und Antares) versorgt.