Praxis.
Die PlugIns waren schnell und unkompliziert unter Windows 7 installiert und mittels Challenge-Response-Verfahren freigeschaltet. Sie nehmen in etwa 9 MB Festplattenspeicher in Beschlag und zeigen sich nicht besonders Ressourcen-hungrig. Eine Leistungsoptimierung bei Mono-Signalen ließ sich bei mir nicht feststellen – ich hätte mir deshalb zusätzliche Mono-Versionen gewünscht.
Praktisch ist auf jeden Fall die Unterteilung in zwei getrennte PlugIns, denn so ist man bei der Signalbearbeitung am flexibelsten. Hier hätte ich Focusrite auch die unpraktische Vereinigung zu einem „Super-Master-Channel-Strip“ zugetraut.
In den folgenden Beispielen habe ich die gewohnten Testfiles mit den PlugIns bearbeitet und bin zu folgenden, doch recht brauchbaren Ergebnissen gekommen:
Der EQ formt das Signal sehr gut und musikalisch, und auch rein bedienungsmäßig bin ich, als Grafik-EQ-Freund, sehr schnell zurechtgekommen. Hier zeigt sich der Sinn musikalischer EQs, zu denen dieser hier ganz klar zählt. Für wirklich technische Korrekturen ziehe ich allerdings noch immer phasenlineare Kerbfilter vor – dafür hat man ja den Rechner. Dieser hier, kann bei Bedarf dennoch sehr unauffällig sein, bei gleichzeitig vorhandener, subtiler Wärme und dem Fünkchen Biss. Wer etwas mehr Farbe sucht, sollte sich bei Neve´s früheren Werken umschauen.
Eine wirkliche Färbung lässt auch der Kompressor nicht wirklich vernehmen, bei normalen Einstellungen verrichtet er seine Arbeit stets dezent und zurückhaltend und fügt dem Signal Plastizität und Vintage-mäßige Crispness hinzu. Selbst bei extremeren Einstellungen will er einfach nicht aus den Fugen geraten. Spielt man mit dem Threshold in Verbindung mit dem Eingangs-Gain in den oberen Gefilden, kommt es zu einer Art Soft-Clipping und fügt dem Signal mehr Dicke und Wärme hinzu, allerdings immer noch auf seine smoothe Art und Weise.
Für dich ausgesucht
Bei den Drums könnte es meiner Einschätzung nach noch ein wenig mehr knallen, doch dafür ist dieser Kompressor nicht gedacht. Bei den anderen Signalen kann er jedoch vollends mit einer musikalischen und unauffälligen „smoothen“ Regelcharakteristik überzeugen, die niemals aufgesetzt wirkt. Die feinen Höhen bleiben erhalten und werden nicht einfach weggebügelt.
Aber es gibt auch ein paar Kritikpunkte, die allerdings nur den Bedienkomfort und nicht den Klang betreffen:
Eine grafische Visualisierung der Filterkurve sucht man leider genauso vergebens, wie globale Bypass-Schalter, als auch individuelle Bypass-Schalter für einzelnen Bänder beim EQ. Dass solche Featurewünsche bei einem Hardwaregerät den Preis nach oben treiben, musste ich schon oft am eigenen Geldbeutel erfahren. Bei einem PlugIn schätze ich den Programmiermehraufwand allerdings auf maximal 1,5 Liter Cola.
Leider ist auch mangels konkreter Beschriftung einiger Parameter das Werteablesen etwas mühselig und umständlich gelöst. Vor allem das LowCut-Filter ist zu unpräzise einstellbar. Man hätte ruhig bei einem Mouse-Over der Regler konkrete Zahlen anzeigen können.
Für Mastering-Zwecke eignen sich die PlugIns also nicht, auch wenn die Marketingabteilung sie da wohl gern gesehen hätte, denn immerhin hat man ihnen die Farbe der Focusrite Blue Range verpasst.
Eine Preset-Library mit Starting-Points gibt es leider auch nicht und damit auch keinerlei Kopiermöglichkeiten der Einstellungen. Ich persönlich benötige so etwas nicht unbedingt, finde aber zumindest eine eingebaute A/B-Vergleichsmöglichkeit immer ganz nett. Natürlich kann man seine VSTs samt Einstellung kopieren und auch an- und ausschalten, allerdings immer mit einem Mehr an Klickaufwand. Das passt aber auch irgendwie wieder zu dem esoterisch-elitären Karma von Midnight.