Praxis
Scarlett Solo anschließen
Das Inbetrieb-Nehmen des Audio-Interfaces ist denkbar einfach. Da die Stromversorgung über das USB-Kabel gesichert wird, heißt es einstecken und loslegen – sofern zuvor die passenden Treiber installiert wurden. Um die Treiberinstallation auf Herz und Nieren zu testen, habe ich mich für einen Rechner mit älterer Windows-Version entschieden (Windows 7). Die Installation verlief hier reibungslos. Manche Treiber von Audio-Interfaces laufen auch mit noch älteren Betriebssystemen, für die sie nicht explizit ausgewiesen sind. Das gilt nicht für das Scarlett Solo. Die Installation auf einem PC mit Windows Vista wollte mir nicht gelingen. Die Mindestanforderungen des Herstellers (Mountain Lion/Mavericks bzw. Windows 7/8) sind deshalb vor dem Kauf unbedingt ernst zu nehmen!
Preamp und Mikrofon Scarlett CM25
Das Scarlett CM25 ist nicht zuletzt aufgrund seines kompakten Metallgehäuses ein grundsolide aufgebauter Großmembraner. Die satte Lackierung in Rot und Schwarz gibt dem Mikrofon einen markanten Touch und verleiht ihm einen hohen Wiedererkennungswert. An der dazugehörigen Mikrofonhalterung gibt es auf den ersten Blick ebenfalls Nichts auszusetzen. Aber Stop! Da fehlt doch etwas? Genau. Was nützt die beste Mikrofonhalterung, wenn kein Stativ vorhanden ist. Hier wäre es vor allem für Einsteiger nett gewesen, hätten Focusrite zumindest einen kleines Tischstativ in ihr Bundle integriert. So aber muss zusätzlich ein Halter oder eines gekauft werden. Das ist sicher kein Weltuntergang, trübt aber die Auspacken-und-Loslegen-Mentalität, die das Scarlett Solo Studio Pack ansonsten bietet.
Und wo wir schon einmal beim Thema Stativ sind: Da wir von einem Kondensatormikrofon sprechen, das gegenüber einem dynamischen Mikrofon um einiges sensibler auf Umwelteinflüsse reagiert, sollte eventuell gleich eine elastische Lagerung („Spinne“) für das CM25 erworben werden. Denn die mitgelieferte Mikrofonhalterung kann die Übertragung von Körperschall nicht mindern. Sobald ich mich als Einsteiger mit dem Set eingegroovt habe, könnte das erste wichtige Upgrade deshalb aus der Anschaffung einer Mikrofonspinne bestehen.
Mehrfarbig leuchtende Ringe zeigen unterhalb der Gain-Potis an, ob der Eingangspegel ok (grün), gefährlich hoch (orange) oder zu hoch (rot) ist. Diese Info ist auch für echte Maulwürfe selbst dann abzulesen, wenn das Audio-Interface sich in einiger Entfernung befindet. Das Einpegeln des Mikrofons gelingt deshalb mühelos. Einfach Mikrofonkabel einstecken, Phantomspeisung einschalten und laut in Richtung Mikrofon singen, dabei den Pegel des Mikrofoneingangs so justieren, dass der umlaufende Leuchtring nie Rot und selten bis gar nicht Orange anzeigt. Das war’s auch schon.
Monitorausgang und Kopfhörer Scarlett HP60
Der Kopfhörer ist ultraleicht und hat einen vergleichsweise geringen Anpressdruck. Das ist erfreulich und verspricht Tragekomfort auch bei längerer Nutzung. Die Ohrpolster sind jedoch genau dafür nicht geschaffen. Sie führen schon nach kurzer Tragezeit dazu, dass das Ohr schwitzt und das Tragen des Scarlett HP60 bei längerer Einsatzdauer nicht ganz so angenehm bleibt. Insgesamt macht der HP60 einen doch eher „billigen“ Eindruck. Seine Bauteile sind zwar allesamt fehlerfrei verbaut, strahlen für sich genommen aber keine hohe Qualität aus. In klaren Worten heißt das: Kunststoff, wohin das Auge blickt.
Drehe ich den Monitorausgang maximal auf, ohne dass ein Ausgangssignal anliegt, so höre ich im Kopfhörer nicht das geringste Rauschen. Das spricht entweder für den im Audio-Interface verbauten Preamp oder aber gegen die Auflösung der Höhen beim Kopfhörer. Um mir Gewissheit zu verschaffen, schalte ich deshalb die „Direct Monitoring“-Funktion ein. Sie gibt das Mikrofonsignal latenzfrei direkt vom Mikrofonpreamp an den Kopfhöreranschluss weiter. Dabei bestätigt sich meine zweite Vermutung. Zwar ist auch beim direkten Abhören des Mikrofonsignals kein Rauschen zu hören. Doch ist das über die Kopfhörer ausgegebene Mikrofonsignal trotz guter Aussteuerung (Pegel-Check in der Software) insgesamt sehr leise. Auch fehlen in ihm hohe Signalanteile nahezu vollständig. Zwar lässt sich mit geschultem Ohr dennoch heraushören, dass Mikrofon und Preamp (eventuell) einen seidigen Schimmer haben könnten. Mit dem Scarlett HP60 lässt sich das jedoch nicht bestätigen. Ein kurzer Gegencheck mit einem AKG K701 bringt mir die Gewissheit, dass das CM25 durchaus angenehme Höhenanteile zu bieten hat.
Die Treiber-Software des Scarlett Solo bietet neben der Auswahl von Sample-Frequenz und Samplepuffer drei verschiedene „Performance“-Modi. Selbst an einem alten Dual-Core-Laptop kommt das Audio-Interface per USB 2.0-Anschluss auf eine Latenzzeit von 5 ms. Das geht aus meiner Sicht voll in Ordnung und macht die „Direct Monitoring“-Funktion im Grunde sogar überflüssig.
Wie klingt das Ganze?
Sofern ich mich als Sprecher unmittelbar vor dem Mikrofon befinde (5 bis 10 cm), muss ich den Preamp nicht allzu weit aufdrehen. Schon mit wenigen Zentimetern Abstand mehr ist jedoch eine deutlich größere Verstärkung vonnöten, so dass Rausch- und Raumanteile im Signal Überhand nehmen. Meine Empfehlung ist deshalb das „Auf-die-Nase-kleben“ des Mikrofons. Bei geringem Abstand kann die Sprechstimme außerdem noch vom Nahbesprechungseffekt profitieren. Dieser ist allerdings beim Scarlett CM25 nicht allzu stark ausgeprägt. Wer also den klassischen vollen und runden Broadcast-Sound erwartet, könnte ein wenig enttäuscht sein. Überhaupt ist der Frequenzverlauf des Mikrofons recht ausgewogen und zeigt bei der menschlichen Stimme eine zu den Höhen hin angenehm abfallende Energieverteilung. Von ausreichend kräftigen unteren Mitten und für Stimmsignale förderliche Mittenanteile über unaufdringlich vorhandene Höhenanteile bietet das CM25 mehr Klangqualität als man für ein Bundle-Mikrofon in dieser Preisklasse erwarten kann. Negativ fallen mir allerdings Verzerrungsanteile im Signal auf, die sowohl bei naher als auch mittlerer Mikrofonierungsdistanz auftreten, obwohl das Signal optimal ausgesteuert wurde.
Der Mikrofonpreamp bekommt erst im letzten Viertel seines Regelwegs allzu deutliche Rauschanteile. Das gilt für den Preamp des Instrumenten/Line-Eingangs. Ihn habe ich mit einer Akustik- sowie einer E-Gitarre getestet. Mit Klang, Verstärkungsgrad und Rauschverhalten dieses zweiten Eingangs kann der Studio-Pack-Kunde ebenfalls zufrieden sein. Allerdings muss ich auch anmerken, dass sich der Treiber des Scarlett Solo mit zunehmender Betriebsdauer nicht ganz so stabil zeigte wie erwartet. Ich musste ihn einige Male im Cubase-Gerätemanager zurücksetzen, damit er seine Arbeit wieder aufnahm. Hier sollte unbedingt noch nachgebessert werden.
Der Scarlett HP60 wummert leider im Bassbereich ordentlich aus seinen Hörmuscheln. Deshab sind schon ein wenig Grundkenntnisse erforderlich, um mit dieser Kombination aus Mikrofon und Kopfhörer einen ausgewogenen Sound zu produzieren. Mit ein wenig Übung ist das aber durchaus zu schaffen. Wenn Ihr Euch einen besseren Eindruck verschaffen möchtet, dann hört doch einfach mal in die Audiobeispiele hinein, die ich für Euch aufgezeichnet habe.
Für dich ausgesucht
Wie in den Testaudios zu hören, ist der vom CM25 umgesetzte Stimmklang auch jenseits der Haupteinsprechrichtung recht stabil. Auch mit etwas Abstand zum Mikrofon behält der Klang der Stimme seine Grundzüge ausreichend bei. Das bedeutet, dass ich mich als Sprecher ruhig ein wenig vor dem Mikrofon bewegen darf, ohne dass der Klang inkonsistent wird. Somit ist das Mikrofon auch für ungeübte Sprecher/Sänger geeignet. Mit zunehmender Entfernung wird es allerdings umso wichtiger, als Sprecher in der Haupteinsprechachse des Mikrofons zu bleiben. Hier macht sich die Nierencharakteristik des CM25 positiv bemerkbar. Schallquellen, die rückseitig aufgegriffen werden, sind so wunderbar leise. Auch der Pegel von über den per Line/Instrumenten-Eingang aufgegriffenen Instrumenten ist herrlich einfach einzurichten. Der Klang des Preamps wirkt auf mich allerdings eher höhenarm und matt.