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Interview mit Livemischer Dave Rat

Beim Blink-182 Open-Air-Konzert auf der Hamburger Trabrennbahn sprachen wir mit dem langjährigen FOH-Mischer der Band, Dave Rat.

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Dave ist ein mit allen Wassern gewaschener Vollprofi, der mit seiner Firma Ratsound seit 1982 im Geschäft ist. Social Distortion, Violent Femmes, John Cale, Foo Fighters, Black Flag, Metallica – die Liste hört gar nicht mehr auf (wer neugierig ist, hier gibt es mehr: http://ratsound.com/tours.htm). Dave steht auch schon seit 20 Jahren höchstselbst für die Red Hot Chili Peppers an den Reglern.

„Ich bin ein ‚Analog Guy’”, sagt er. „Am Liebsten arbeite ich mit einem Analogpult. Für diese Show hier habe ich ein Midas  XL-4 angefordert. Das ist ein großes, solides Pult, das es mir ermöglicht, direkt und schnell in den Mix einzugreifen.“
An digitalen Pulten stört ihn oft, dass ihm die visuelle Kontrolle fehlt. „Ich mag es, wenn ich z.B. alle Kompressoren auf einen Blick sehen kann – und nicht erst in irgendwelchen Menüs surfen muss“, meint er dazu. „Das hellste Ding sollte die Band sein, und nicht die Beleuchtung des Pultes. Das lenkt nur ab. Ich mag es, mit der Musik mitzugehen – deshalb nutze ich auch keine Fader-Automation“.
Die Frage, wie er sich auf Touren wie diese vorbereitet, kommentiert er lachend: “Na ja, wir hatten einen Produktionstag – und am nächsten Tag war die erste Show. Und dann ging direkt die Tour los!“ Er kommt oft für eine ganze Woche ohne einen weiteren Sound-Check aus: „Ich mache dann nur Line-Checks und tune die PA mit Musik aus der Konserve.“ Es geht für ihn momentan Schlag auf Schlag: Direkt vor dieser Tour war er mit den ebenfalls wieder vereinigten Soundgarden auf einwöchigen Rehearsals, mit nahtlos anschließenden Gigs. „Inzwischen muss ich nicht mehr immer mit auf Tour gehen. In meiner Firma arbeiten 12 feste und bis zu über 40 Freelance Mitarbeiter. So kann ich mir den Luxus erlauben, nur die Dinge zu machen, die ich wirklich möchte. Mit Soundgarden, das war schon toll: 1990 habe ich da nur Monitormixing gemacht, diesmal dann gleich FOH!“

Fotostrecke: 3 Bilder Die Ruhe vor dem Sturm … das Festivalgelände auf der Hamburger Trabrennbahn.

Die Show auf der Trabrennbahn in Hamburg ist von der Größe ja schon „Bundesliga“: Was sind für ihn die größten wiederkehrenden Probleme, wenn er quasi von außen „einfliegt“, um eine Show zu mischen? „Auf diesem Level hat man es in der Regel immer mit gutem Material zu tun. Ob Meyer, L-acoustics, d&b – die Systeme sind immer ziemlich gut. Das Problem ist, dass aus irgendeinem Grund die Soundtechs es lieben, mit EQs herumzufrickeln, anstatt den von Haus aus guten Sound der Systeme zu nutzen. Mein Tipp: Gleich erst mal alle Settings bypassen und zurück aufs Factory-Setting. Die PAs sind heutzutage so gut, dass man mit „Finetuning“ oft eher Schaden anrichtet. Der Tech tat mir heute echt leid – er hatte gut 45 Minuten rumgschraubt, und dann kam ich und sagte: weg damit! Er hatte 30 EQ-Punkte modifiziert mit teilweise 16tel Oktav-breiten Bändern …“
Wieviele Inputs benötigt Dave eigentlich, um eine Band wie Blink-182 oder die Chili Peppers abzumischen? „Ich versuche, nie mehr als 24 Inputs zu haben – sogar bei den Chili Peppers komme ich damit aus. Zuviele Inputs und Effekte sind ein sicheres Rezept für Desaster!“ Als Effekte hat er auch selten mehr als zwei: er hat immer ein Lexicon PCM60 und einen Eventide H3500 dabei. „ …hmm. Aber vielleicht sollte ich mir nächstes Mal noch einen zweiten H3500 mitnehmen. Dann habe ich aber auch wirklich alles, was ich brauche. Weniger ist mehr!“

Fotostrecke: 4 Bilder Das Kit von Travis – an der Seite sieht man das V-Drum.

An Mikrofonen kommen bei Blink-182 ausschließlich Audix-Mics zum Einsatz. „Ich setze Audix schon seit vielen Jahren ein und war auch teilweise in die Entwicklung involviert. Es gibt übrigens auch einen YouTube Film, wo ich zeige, wie man das richtige Mic auswählt. Seit 10 Jahren setze ich sehr gern das OM7s ein, das benutzen die Jungs auch hier. Es ist meiner Meinung nach das beste Vocalmic bei hohem Background-Noise, wenn der Sänger dicht am Mikro stehen kann. Für Travis Barker habe ich das i5 und D-Serien Mikrofone im Einsatz:
Kick: Audix D-6
Snare Top: Audix i-5
Snare Bottom: Audix i-5
Snare zwei: Audix M-1244
HiHats: Audix M-1244
Overhead L: Audix M-1244
Overhead R: Audix M-1244
Rack Tom: Audix Micro-D
Floor Tom: Audix Micro-D
Cowbell: Audix M-1244
Als ich wieder zu Blink kam, hatte ihr langjähriger Engineer Steve Walsh, der hier den Monitormix macht, das alles schon so am Laufen – und es klang super, also habe ich da nichts geändert.“
Travis spielt auf der Tour ein Naturdrumset von Orange County Drums & Percussion. Insgesamt werden seine Drums mit 12 Mics abgenommen – zusätzlich hat er einen V-Drum Triggerkanal für eine 808 Kick-Drum. Sehr abgefahren ist natürlich sein hydraulischer Drum-Riser, der sich nicht nur hebt, sondern dabei auch um die eigene Achse dreht. Die Gitarren werden via Palmer DI-Boxen abgenommen, „no guitar noise on stage – die Jungs spielen mit In-Ear Monitoren“, fügt Dave hinzu.

Travis hat sich was besonderes überlegt: einen hydraulischen Drum Raiser, der um die eigene Achse dreht ... der arme Roadie!
Travis hat sich was besonderes überlegt: einen hydraulischen Drum Raiser, der um die eigene Achse dreht … der arme Roadie!

Abschließend wollten wir wissen, wie sich das Live-Sound-Geschäft seiner Meinung nach in den letzten 20 Jahren verändert hat. „Es gab massive Veränderungen: einmal technisch durch die Innovationen von L-acoustics, die es ermöglichten, mit Line-Arrays riesige Konzerte zu bespielen. Und dann natürlich durch die Weiterentwicklung der Hörgewohnheiten durch bessere Car HiFis, iPods und Computer-Equipment – unfassbar, wie gut heutzutage schon die Standard-Ear-Buds vom iPod klingen! Das hat die Erwartungen der Hörer natürlich erheblich steigen lassen. Und das hat dazu geführt, dass Sound heute eine erheblich höhere Rolle spielt, und auch die Tour-Budgets dafür aufgestockt wurden.“ Und was steht als nächstes auf Dave´s Kalender? „Wenn ich wieder zuhause bin, stehen wohl noch ein paar Gigs mit Soundgarden an. Ich bin schon gespannt!“

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