Der Ursprung des Schlagzeugs liegt in Deutschland? Nun ja, auf der einen Seite ja, auf der anderen Seite nein. Bekannt ist, dass sowohl die Brüder Theobald und William Ludwig als auch Friedrich Gretsch, zwei der wohl prägnantesten Namen in der Geschichte des Instruments, deutsche Wurzeln haben und als Auswanderer ihr Wissen in die Staaten mitnahmen. Der Rest ist Geschichte.
Andererseits ist vielen heute kaum mehr bewusst, welch eine bunte Instrumentengeschichte hierzulande noch vor einigen Jahrzehnten geschrieben wurde. Wo Ludwig und Gretsch zu klangvollen internationalen Markennamen avancierten, gerieten Hersteller wie Trixon, Deri, Rimmel, Tromsa, Korri, Lindberg, Offelder, Trowa, Tacton und andere mehr oder minder in Vergessenheit. Einige der wenigen Ausnahmen sind das 1875 gegründete Unternehmen Sonor, Lefima (1861) und Rohema (1888). Eine Schande, dachte sich Autor Fritz Steger, einer der ausgewiesenen Vintage-Fachleute hierzulande, und widmete ebendiesen Herstellern nun ein ganzes Buch. Abgesehen von Ingo Winterbergs Werk über Trixon [Trix on Trixon, 2007] oder Klaus Ruples Buch über Sonor [Sonor in Weißenfels, 2017] ist dieses – vor allem in seinem umfassenden Ansatz – das erste seiner Art.
Trixon, Tromsa, Korri, Rimmel … neben Sonor gab es viele weitere Hersteller
Auf 113 Seiten erzählt Steger die Geschichte des Trommelbaus in Deutschland und setzt dabei etwa in den Zwanzigerjahren des vorigen Jahrhunderts an, wobei er oft auch einen Blick auf die Jahrzehnte davor wirft. Dabei zeigt er nicht allein die Entwicklung und die (teils wahrhaft abenteuerlichen) Highlights der einzelnen Unternehmen auf, sondern en passant eben auch, wie sich hierzulande eine immer dichter werdende Szene etablierte, die heute mit zu den größten Absatzmärkten der Welt gehört. Wenn dies auch kaum mehr den deutschen Herstellern zugute kommt. Wusstet ihr beispielsweise, dass Trixon zu denjenigen gehörte, die in den Fünfzigerjahren selbst große Namen wie Zildjian und Paiste im Vertrieb hatten und in Deutschland populär machten? Wie viele Innovationen in Sachen Schlagzeugbau nahmen also in Deutschland ihren Anfang, bevor sie anderweitig populär wurden?
Solchen wahrlich spannenden Fragen geht Fritz Steger detailverliebt nach …
… und garniert das Ganze mit zahlreichen Bunt- und Schwarzweißfotos sowie Auszügen aus Produktkatalogen und historischen Werbeanzeigen. Einziger Kritikpunkt ist die Papierqualität, die leider über eine Seminararbeit an der Uni nicht wirklich hinauskommt. Von dieser äußerlichen Kleinigkeit abgesehen, ist das Buch jedoch eine bemerkenswerte, solide recherchierte und fachkundig geschriebene, kurzweilig zu lesende Fundgrube für alle, die mehr über den Trommelbau in Deutschland wissen wollen. Da gibt es nämlich so einiges zu entdecken.
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Info:
- A History of Drums Made in Germany and the Companies behind them
- Rebeats Verlag, ISBN-Nummer: 978-1-888408-63-8, 113 Seiten, Englisch, ca. 40 Euro