FXpansion machten bisher vor allem durch die Software-Instrumente BFD und Guru auf sich aufmerksam. Die Londoner, die sich seit 1999 als kleines, aber feines Unternehmen am Markt behaupten, lieferten damit sowohl ein Tool zum Programmieren realistischer Drumpattern inklusive massiver Sample-Library, als auch ein kreatives Groovebox- und Beat-Slicing-Instrument. Beide Konzepte bestachen durch schlichtes Design und guten Sound. Umso gespannter macht diese Historie auf das neue Produkt aus dem Londoner East-End – vor allem, da es sich diesmal um ein Dreierpack von spezialisierten Softsynths und somit um eine neue Kernkompetenz im Firmenportfolio handelt.
Schon im Vorfeld der Veröffentlichung und spätestens seit der Präsentation auf der NAMM 2009 tummelten sich erste Videos im Netz, in denen die drei Synthesizer Strobe, Cypher und Amber näher vorgestellt wurden. Die User-Kommentare gerieten stellenweise euphorisch, was auch das Interesse seitens der Presse mehrte. Nun sind die drei Synthesizer endlich erhältlich und werden hier einem ersten Test unterzogen.
Unter dem Namen DCAM: Synth Squad sieht man sich hier mit drei sehr individuellen Software-Synthesizern konfrontiert, die ausschließlich in dieser Konstellation als Bundle erhältlich sind. Während Strobe mit seiner Ein-Oszillator-Architektur eher in die Richtung klassischer subtraktiver Analog-Synthies im Stile eines Roland SH-101 zielt, versucht sich Cypher in analoger FM-Synthese und Amber in der Emulation alter String-Machines wie Eminent Solina oder Roland RS-505.
FXPansion DCAM: Synth Squad
Das liest sich primär nicht sonderlich spektakulär, allerdings versprechen die grafische Oberfläche und vor allem die Technik, die sich hinter dem Akronym DCAM versteckt (Erklärungen dazu später), mehr als einen weiteren redundanten Spross in der großen Familie der Software-Synthesizer. Als Dreingabe schließt sich dem Ganzen zusätzlich ein semi-modularer Host namens Fusor an, der mittels umfangreicher Modulationsmöglichkeiten und einer opulenten Effektsektion noch Einiges mehr aus den Synthesizern herausholen soll. Spätestens jetzt sollte klar sein, dass wir es hier mit einer Menge Stoff zu tun haben! Also beginnen wir am besten ganz vorne und sehen uns die Synthies genauer an.
KLANGERZEUGUNG
Die Klangerzeugung ist bei allen drei Synthesizern virtuell-analog – schließlich handelt es sich hier um Software. Allerdings hat sich FXpansion mit der Emulation analoger Schaltkreise hier ganz besondere Mühe gegeben. Das vermeintliche Zauberwort heißt DCAM und steht für Discrete Component Analogue Modelling. Für die individuellen Bausteine der Synthesizer wurden im Zuge der Entwicklung analoge Vintage-Synthies demontiert und die Klangerzeuger Bauteil für Bauteil am Rechner modelliert. Das hat zur Folge, dass auch „Unreinheiten“ im Signalfluss mit in den Klangformungsprozess des virtuellen Synthesizers einfließen.
Nach Aussage des Herstellers wurden so zum Beispiel für Amber mehr als zehn Vintage-String-Synthesizer unter die Lupe genommen. Die Vorzüge analoger Schaltkreise scheinen FXpansion, wie viele andere Hersteller auch, zur Grundmaxime der Entwicklung zu machen – „digitales Selbstbewusstsein“ sucht man hier vergebens. Die modellierten Synthesizer beziehungsweise ihre Bauteile werden allerdings nicht direkt benannt, wie es zum Beispiel beim Arturia Origin der Fall ist. Zusätzlich führt der beschriebene Entwicklungsprozess zwangsläufig zu einer Durchmischung von Einzelelementen verschiedener Klassiker. Es wird also nicht zum hundertsten Mal ein Mini-Moog simuliert, sondern ein durchaus eigenständiges Trio von Software-Synthesizern auf den Markt gebracht.
AUFBAU/GUI
Neben dem Prinzip der Modellierung analoger Schaltkreise ist auch der grundsätzliche Aufbau der Synthesizer vergleichbar. Alle drei (virtuellen) Geräte erscheinen auf den ersten Blick sehr aufgeräumt und strukturiert. Im Zentrum und mit dem meisten Platzbedarf präsentieren sich die eigentlichen Instrumente. Am oberen Bildschirmrand wurde sowohl ein Browser zum Verwalten von Presets und eigenen Patches als auch die Bedienoberfläche des sogenannten Trans-Mod-Systems platziert. Im unteren Bildschirmbereich findet sich dagegen die obligatorische Klaviatur mit Pitchbend- und zwei Modulationsreglern, direkt darüber ein simpler Arpeggiator (beim Instrument Amber nicht vorhanden), Keying- und Glide-Kontrolle und Einstellmöglichkeiten für Unisono und die gesamte Stimmenanzahl.
Was sofort auffällt, ist außerdem der kleine virtuelle Bildschirm, der bei allen Synthesizern das GUI dominiert und den FXpansion als Scope bezeichnet. Dabei handelt es sich im Prinzip um eine kleine Hilfe, die aktuell bearbeitete Parameter grafisch darstellt. So werden je nach Arbeitsschritt Envelopes, Filtereinstellungen oder Wellenformen visualisiert und damit auch filigrane Einstellungen vereinfacht.
STROBE Der erste der drei ungleichen Geschwister setzt auf Minimalismus. Hinter dem in gedeckten Blau- und Grautönen gehaltenen Design verbirgt sich eine schlanke Klangerzeugungsarchitektur, die – zumindest theoretisch – erst einmal nur einen Oszillator hergibt.
Strobe
Der Strobe bietet auf den ersten Blick alles, was man für klassische subtraktive Synthese braucht. Der erste Oszillator stellt Sägezahn-, Rechteck- und Noise-Wellenform zur Verfügung, die mittels der kleinen Mixersektion miteinander kombiniert werden können. Ein Suboszillator bietet zusätzlich Sinus-, Dreieck-, Sägezahn- und Rechteck-Wellenform an, die bis zu drei Oktaven unterhalb des Hauptoszillators schwingen können.
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Arpeggiator 1Arpeggiator 2Bassline
Kontrolle über Osc-Sync, eine Stackingfunktion, die den Sound schon ohne Unisono ordentlich aufblasen kann, und Detuning der einzelnen virtuellen Oszillatoren sind ebenso an Bord wie Regler für die Einflussnahme auf die Tonhöhe (durch Tastatur, LFO und Hüllkurve). Des Weiteren gibt es eine Sektion für Pulsweitenmodulation, die sowohl den Haupt- als auch den Suboszillator beeinflussen kann.
Die Oszillatorsektion des Strobe
Dem klassischen Signalfluss der subtraktiven Synthese folgend wird das Signal, das schon an dieser Stelle dank Stacking und drei Suboszillatoren äußerst mächtig klingen kann, durch das Filter geschickt. Während die Filter-Modi üppig ausfallen – immerhin 17 Varianten vom klassischen 2-Pol Lowpass bis hin zu mehreren kombinierten Notchfiltern – ist er Rest der Sektion angenehm aufgeräumt. Cutoff und Resonanz sind zentral angeordnet, mit einem Driveregler kann schon am Eingang des Filters subtil bis brachial verzerrt werden und drei weitere Regler erlauben die direkte Modulation der Cutoff-Frequenz. Das Filter kann bis hin zur Selbstoszillation getrieben werden und erlaubt bei Modulation durch Keytracking dessen „Spielen“ mittels (Midi-) Tastatur.
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Filter DriveFilter Selbstozillation
Obligatorische Modulationsmöglichkeiten sind Envelopes für Amp und Filter, ein LFO und eine Ramp-Hüllkurve. Alle Modulationsquellen lassen sich anhand des Gate-Reglers zusätzlich durch Notenbefehle steuern. Des Weiteren greift auch hier die TransMod-Matrix, welche die Modulationsmöglichkeiten noch einmal enorm erweitert.
Schlussendlich passiert das Signal die Amp-Sektion. Hier kann sowohl Panning wie auch die Ausgangslautstärke bestimmt, aber auch noch ein weiteres Mal Sättigung durch Überfahren der Eingangsstufe erreicht werden. Zusätzlich springt einem ein weiterer Regler mit der Beschriftung „Analogue“ ins Auge. Dieser streut Störsignale in die gesamte Signalkette ein und führt so, je nach Einstellung, zu subtiler Zerre und leichtem Rauschen oder zu brachialen Verstimmungen und einem schon fast „kaputten“ Gesamteindruck inklusive durchaus kräftigem Netzbrummen.
Filter- und Amp-Section mit Analogue-Regler
Cypher
Cypher
Im Vergleich zu Strobe wirkt dieser Synthesizer auf den ersten Blick weitaus komplexer und weniger instinktiv bedienbar.
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Vergleich – Pad ohne/mit Analogue
Selbst in der Bedienungsanleitung wird darauf hingewiesen, dass man für einfache subtraktive Synthese und intuitives Programmieren bitte die Finger von diesem Gerät lassen möge.
Dem ersten Eindruck eines „klassischen“ FM-Synthesizer sei an dieser Stelle noch hinzugefügt, dass FXpansion sich nicht an bekannten digitalen FM-Synthesizern wie denen von Yamaha orientieren wollte, sondern durch die Modellierung tatsächlicher analoger Schaltkreise vielmehr auf analoge FM-Synthese abzielt. Der SCI Prophet und einige Roland Jupiter Modelle zum Beispiel boten diese Möglichkeit, indem sie die Modulation einzelner Parameter nicht nur durch LFOs, sondern auch durch die tatsächlichen Oszillatoren im hörbaren Frequenzbereich zuließen.
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ArpeggiatorBassPad
Herzstück des Cypher bildet die Oscillator-Section, die mit drei Oszillatoren schon ein wenig umfangreicher ausgestattet ist als der Strobe. Möglich ist die stufenlose Überblendung zwischen Dreieck, Sägezahn, Rechteck und Pulse-Wellenform, was gerade für Modulatoren in der FM-Synthese ein angenehmes Feature ist. Die drei Oszillatoren lassen sich auf (festgelegten Wegen) untereinander verschalten. Zur Auswahl stehen Tonhöhen-, Wellenform-, Filter-Modulation und direkte Ringmodulation, was ein ansehnliches Grundpotential bereitstellt. Die Oszillatoren arbeiten alle im hörbaren Frequenzbereich – die Grundlage der Frequenzmodulation – lassen sich aber bei Bedarf auf LFO-Betrieb umschalten und eignen sich dann auch als Signalgeber für Vibrato, Tremolo etc.
Die Oscillator-Section des Cypher
Ein besonderes Feature ist an dieser Stelle die Möglichkeit, eine stufenlose Einstellung für die Oszillatorsynchronisation vorzunehmen. Wird der Regler bis zum Anschlag aufgedreht, führt das zu klassischem Hard-Syncing. Im Bereich darunter wird der Slave-Oszillator nur dann neu gestartet, wenn dessen Phasenlage einen Grenzwert überschritten hat. Somit können noch einmal komplexere Klangverläufe gestaltet werden.
Ebenso schön und kreativ einsetzbar ist das Beat-Syncing der Oszillatoren. Die bei leicht verstimmten Oszillatoren entstehenden Schwebungen sind im Normalfall tonhöhenabhängig. Ein gerade eben noch wunderbar im Takt pulsierender Sub-Bass gerät beim Wechsel der Tonhöhe zwangsläufig aus dem Timing. Der Cypher bietet nun die Möglichkeit, eine Verstimmung unabhängig von den gespielten Noten durchzuführen. Mittels des Beat-Reglers wird ein Wert festgelegt, um den der Oszillator immer gegenüber dem ersten Oszillator verstimmt wird, was berechenbare und immer konstante Schwebungen ermöglicht. Damit sind zum Beispiel wabernde Dubstep-Basslines sehr einfach zu realisieren.
Als letzte Besonderheit sei hier die Sample- and Hold-Funktion genannt. Als Signalquelle eines Oszillators kann ein mit dessen Frequenz gesampeltes Signal eines anderen Oszillators in den Signalweg mit einbezogen werden, was sehr „digitale“ und experimentelle Klänge ermöglicht.
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Filter Modulation
Die Oszillatoren bieten zuguterletzt ein variables Routing auf zwei Filterwege. Diese können wahlweise parallel oder seriell betrieben werden, in jedem Fall wird aber die Cutoff-Frequenz global gesteuert und nur über einen für die Filter einzeln regelbaren Versatz individuell eingestellt. Es stehen jeweils acht Filter-Modi zur Verfügung, wobei grundsätzlich zwischen zwei durchaus unterschiedlich klingenden Filtertypen (transistor-ladder, bekannt z.B. aus dem Mini-Moog und state-variable) gewählt werden kann. Die Filter lassen sich ebenfalls durch die Oszillatoren modulieren und ermöglichen somit zusätzliche FM-typische Ergebnisse.
Des Weiteren kann wahlweise vor oder nach dem Filter noch ein Waveshaper eingesetzt werden. Mit ihm kann das Signal, noch bevor es die schon anhand des Strobes beschriebene AMP-Section erreicht, saftig verzerrt oder mit dem Analogue-Regler leicht verschmutzt werden.
Filtersektion des Cypher
AMBER Dieses Instrument ist zweifelsohne der am höchsten spezialisierte Vertreter des Trios. Mit Amber wird der Versuch unternommen, die sogenannte „divide-down“-Syntheseform zu emulieren, die in den Siebzigern eine ganze Reihe von Instrumenten prägte. Anstelle einzelner Oszillatoren für die polyphone Klangwiedergabe nutzte man hier im Normalfall zwölf Oszillatoren in der höchsten Oktave, die nun durch Oktavierung auch sämtliche tieferen Tasten bedienten. Ein Oszillator war somit für den Klang mehrerer Tasten verantwortlich und gab so oftmals mehrere Tonhöhen gleichzeitig wieder. Diese Form von Synthesizern brachte klangliche Einbußen mit sich und führte zur Einführung eines weiteren, für die String-Synthesizer typischen Elementes, dem Choruseffekt. All diese Eigenheiten versucht Amber nun zu simulieren. FXPansion nähert sich der Aufgabe auch hier vor allem über die Modellierung alter analoger Bauteile und deren Integration in den virtuell-analogen Synthesizer.
Amber
Die tatsächliche Synthese beginnt beim Amber mit zwei Klanggeneratoren. Auf der einen Seite steht die Synth-Section zur Verfügung, die neben einer Sägezahn-Wellenform in zwei Oktavlagen einen Noisegenerator anbietet. Diese drei Signale können beliebig gemischt, in der Phasenlage zum zweiten Klanggenerator variiert und durch zwei Filterstufen geschickt werden. Als Erstes passiert jede einzelne Stimme – daher auch die durchaus hohe Anforderung an die Rechenleistung – ein einpoliges Filter (gleichzeitig Hoch- und Tiefpass) und danach ein resonanzfähiges Filter mit acht Filtermodi.
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StringsBassFormant Filter
Die zweite Sektion liefert einen typischen Ensemblesound in drei Oktavlagen, die ebensfalls frei miteinander gemischt werden können. Danach passieren sie, wie auch die Synthesizer-Sektion, pro Stimme ein Einpol-Filter und können dann nach ihrer Summierung mit einem Formantfilter weiter bearbeitet werden. Dieses stellt vier Bänder zur Verfügung, die mit einer Bandpass-Charakteristik und eigenen Frequenz- und Gaineinstellungen zur Formung der Ensemble- und durch optionales Routing auch des Synth-Sektion eingesetzt werden können. Auch dieses Filter ist resonanzfähig, allerdings wird dessen Stärke global, also für alle vier Bänder, gleichzeitig geregelt.
Ensemble- und Filer-Section des Amber
Im Anschluss an das Filter durchläuft das Signal – je nach Routing also nur das Ensemble- oder auch das Synth-Signal – die Chorus-Sektion, die essentiell für den charakteristischen Sound von alten String-Synthesizern ist. Drei verschiedene Eimerketten-Delays wurden modelliert und sympathischerweise anhand von Jahreszahlen sortiert. Das ausgewählte Modell kann durch einen Schalter aktiviert und anhand eines Rate-Reglers weiter angepasst werden. Zusätzlich stehen eine optionale Höhenanhebung und ein Regler zur Stereoverbreiterung zur Auswahl.
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Analogue-Signal (Pegel stark angehoben)
Auch Amber ermöglicht die Modulation einzelner Parameter durch einen LFO, eine RAMP-Envelope, zwei Verstärker und eine frei zuweisbare Envelope. Aber auch hier kann das Spektrum durch den Einsatz des Trans-Mod-Systems noch beachtlich erweitert werden. Zuletzt werden die Signale in einer Mixer- und Verstärkersektion zusammengeführt und können, wie auch bei den beiden anderen Synthesizern, schon am Eingang kräftig verzerrt werden. Dazu kommt der Analgue-Regler, der schon Störgeräusche und das oben beschriebene Brummen produziert, bevor überhaupt eine Note gespielt wird.
Fusor
FUSOR Mit Fusor setzen FXpansion noch einen drauf und erweitern das Paket um ein separates Tool, das die Kombination von bis zu drei Instanzen der vorgestellten Synthesizer innerhalb eines Patches ermöglicht. Prinzipiell ist Fusor nicht als vollwertiger Host konzipiert, sondern soll vielmehr als ein weiteres Werkzeug zum Entwickeln komplexer Klänge und rhythmischer Pattern dienen, die in dieser Form mit den einzelnen Synthesizern nicht zu realisieren wären.
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ArpeggiatorBass
Fusor wird als normales PlugIn oder als Standalone-Anwendung geladen und präsentiert erst einmal eine aufgeräumte „Global Page“, von der aus man sich durch insgesamt zwölf Seiten navigieren kann, die den verschiedenen Funktionen zugeordnet sind.
Auf drei Slots verteilt hat man die Möglichkeit, jeweils eine Instanz der drei oben vorgestellten Synthesizer zu laden. Tatsächliche Notenbefehle erhalten diese allerdings erst, wenn man auf der Keymap-Seite mittels der vier Tastaturzonen ein entsprechendes Routing vornimmt.
Jeder Slot bietet Platz für drei Insert-Effekte und drei Aux-Sends, die entsprechende Effektwege beschicken. Die Auswahl an Klang formenden Mitteln ist dabei immens. Von schlichten Gates und Vierband-EQs über klassische Hallräume bis hin zu Granular-Effekten wird fast jeder Wunsch erfüllt. Auch hier zeigt sich die Liebe zum Detail und zu analogen Schätzchen: FXpansion emuliert unter dem ansprechenden Namen TinCanReverb billige Onboard-Effekte alter Synthesizer.
Spätestens an dieser Stelle sollte klar sein, dass Fusor mehr ist als nur ein kleines Add-On für die Bereitstellung einiger Standardeffekte. Die umfangreichen Modulationsmöglichkeiten, die unabhängigen Sequenzer und nicht zuletzt die auch hier gelungene intuitive Bedienung lassen einen schlichten Synthesizersound schnell zu einem komplexen Soundgebilde anwachsen. Und diese Modulationsmöglichkeiten, zusammen mit einem Satz von Macro-Reglern, die die Modulationsziele noch einmal zusammenfassen können, machen das Ganze genauso interessant für Live-Auftritte – zumal der Fusor auch im Standalone-Betrieb als kleiner Sequenzer durchaus zu gefallen weiß.
Installation Das gesamte Paket ist schnell installiert und via Internetverbindung freigeschaltet. Die Synthesizer liegen nun, wenn auch etwas verstreut, über den Programm-Ordnern als Standalone-Versionen und als Plugins im AU-, RTAS- und VST-Format – wahlweise als Instrument oder als Insert-Effekt – bereit. Mir bereitete kein Host Probleme, die Plugins waren sofort zum Anspielen bereit.
Während man auf dem PC noch mit Windows XP (Service Pack 3) ausreichend versorgt ist, muss auf dem Apple allerdings schon System 10.5.7 auf einem Intel-Prozessor her. Wenn man davon ausgeht, dass in dem einen oder anderen Studio tatsächlich noch ein etwas älteres Modell steht, wäre eine weiter reichende Abwärtskompatibilität durchaus wünschenswert. Andererseits macht ein aktueller und damit hoffentlich kräftiger Rechner schon Sinn – bei komplexen Fusor-Patches oder dem Amber, der beim polyphonen Spiel äußerst leistungshungrig ist, kratzte die CPU-Auslastung meines zugegebenermaßen schon etwas betagten Mac Book Pro Dual Core mit 2.16 GHz schnell mal an der 50 Prozent Marke.
Manual Sowohl Anleitung als auch Quick-Start-Guide werden in Englisch mitgeliefert, die beide hervorragend geschrieben sind. Neben ausführlicher Dokumentation der Programme liefert FXpansion hier kleine Einleitungen in die verschiedenen Spielarten der Synthese und historische Verweise auf (un-) bekannte Vintage-Synthesizer und Klassiker. Einzig die teilweise etwas übertriebene Hervorhebung des Produktes wirkt manchmal etwas irritierend, kommt dann aber glücklicherweise doch sehr selten vor.
GUI Die Synthesizer erscheinen beim ersten Öffnen etwas unterdimensioniert, denn bei 1440 x 900 nimmt selbst der größte Synth nur etwas mehr als die Hälfte der Bildschirmfläche ein, lassen sich aber erstaunlich gut und intuitiv bedienen. Die Oberflächen sind schlicht gehalten und die Aufteilung in Sektionen und die Anordnung der Regler erschließen sich sofort.
Presets+ Soundbearbeitung Presets lassen sich über einen klassischen Browser mit hilfreicher Funktion zum Filtern der Daten aufrufen und verwalten, über einen weiteren Knopf gelangt man ins OS, um eventuelle Patches oder Sammlungen zu importieren.
Ein erstes Preset ist schnell geladen, das Spiel mit den Parametern macht sofort Spaß und selbst bei dem auf FM spezialisierten Cypher sind Modulationsquellen und -ziele schnell nachvollziehbar. Diese Tatsache ist zu großen Teilen auch dem Scope zu verdanken, das bearbeitete Parameter sofort visuell darstellt. Besonders gelungen ist hierbei die „lock-scope“-Funktion, bei der man die Darstellung eines Parameters „arretieren“ kann. So lässt sich zum Beispiel der Einfluss einer Envelope auf das Filter während der Bearbeitung nachvollziehen – erhöht man den Attack-Wert, sieht man entsprechend, wie sich das Filter immer später öffnet.
Generell verlässt man sich zwar eher auf das Gehör, was solch ein Tool durchaus redundant machen könnte, aber allein für die schnelle Nachvollziehbarkeit von Patches und als Rettungsleine, wenn man sich in den unzähligen Modulationen verloren hat, finde ich das Scope durchaus sehr hilfreich. Gewünscht hätte ich mir einzig die Möglichkeit, auch das Ausgangssignal auf irgendeine Weise, und sei es durch schlichte Fourier-Analyse, sichtbar zu machen.
TransMod Ähnlich komfortabel und als Beitrag zur Klangformung um Weiten mächtiger, ist das TransMod-System. Hier lassen sich auf einzelnen „Slots“ Gruppen von Modulationszielen mit individueller Intensität zusammenfassen. Somit können einem einzigen Controller, zum Beispiel dem Modulation-Wheel, sehr schnell eine ganze Reihe von Parametern zugeordnet werden. Massive Eingriffe in den Sound während des Spielens sind auf diese Weise schnell realisierbar. Das TransMod System geht an dieser Stelle noch eine ganze Ecke weiter, als man es von vielen anderen Softsynths kennt. Nach der Verknüpfung einer Modulationsquelle mit einem oder mehreren Parametern, kann eine weitere Quelle zur Skalierung der Modulationswerte genutzt werden. Während als Standardwerte sowohl eine positive als auch negative “Modulations-Richtung” und auch eine bipolare Skalierung (also von -1 bis 1) zur Verfügung stehen, können hier auch Parameter wie Velocity, LFOs und Hüllkurven eingesetzt werden. Möglich ist so zum Beispiel die bewusste Verschiebung des Modulationsbereiches durch die Anschlägsstärke, auch wenn der tatsächliche Eingriff über einen MIDI-Controller vorgenommen wird.
Modulationen mit Fusor Innerhalb von Fusor stehen sämtliche Modulationsquellen und -ziele sogar unabhängig von den einzelnen Instanzen zu Verfügung. Das bedeutet, dass eine Hüllkurve eines Synthesizers zum Beispiel gleichzeitig Effektparameter von Fusor und Filterstellungen eines weiteren Synthesizers steuern kann. Eine weitere erwähnenswerte Besonderheit ist die Möglichkeit “Unison” als Modulationsquelle einzusetzen. Wird diese aktiviert, wirkt sich jede Bearbeitung innerhalb des Modulation-Slots einzig und allein auf die Unisono-Stimme aus (sofern diese aktiv ist). Effektiv bedeutet das pro Unisono-Stimme einen weiteren unabhängigen Oszillator – gerade beim Strobe eine willkommene Möglichkeit, einen Sound komplexer zu gestalten!
Sound Morhping Das TransMod-System bietet so weitreichende Möglichkeiten, dass sie im Detail den Rahmen dieses Artikels sprengen würden. Eine letzte Funktion sollte trotzdem nicht unerwähnt bleiben. Mit der “Load to Mod Slot”-Funktion können sämtliche Parameter aus einem nicht aktiven in den aktuelle Patch transferiert werden. Dabei überschreiben diese allerdings nicht einfach die Werte des Patches, sondern werden auf einem der Modulation-Slots abgelegt. Mit einer einzigen Reglerbewegung kann man nun (mit wenigen Einschränkungen) zwischen zwei Presets morphen, was massive klangliche Eingriffe erlaubt.
Übersichtlichkeit Die Fülle an Möglichkeiten, die das TransMod-System bietet, sollte den geneigten User auf keinen Fall abschrecken. Die Bedienung erweist sich als äußerst überschaubar und ist schnell verinnerlicht. In Hinblick auf die Arbeit mit komplexen Patches erleichtert das System den Workflow sogar erheblich. Fährt man zum Beispiel direkt nach dem Öffnen eines Presets mit der Maus über die Slots am oberen Bildschirmrand, erkennt man sofort an jedem Regler die entsprechenden Minimal- und Maximalwerte und kann den Aufbau eines Patches sehr schnell erfassen.
MIDI-Learn MIDI-Learn funktioniert ebenso unkompliziert. Jedem Regler wird mittels empfangener Midi-Daten der entsprechende Controller zugewiesen. Ein Klick mit der rechten Maustaste auf einen Regler öffnet dann ein Menü, über das gesondert die MIDI-Verknüpfung, der Modulationsbereich und bei tonhöhenbezogenen Reglern sogar die Art der Skalierung bearbeitet werden können.
SOUND Die drei Synthesizer klingen allesamt äußerst überzeugend und eigenständig. Schon die Presets machen Spaß und bieten ein weites Spektrum zwischen konventionellen und sehr individuellen Sounds.
Logo Strobe
Der Strobe ist auf den ersten Blick ein mächtiger Lead- und Bass-Synthesizer. So reduziert er zunächst anmuten mag, so sehr begeistern die Sounds. Durch das Schichten der virtuellen Oszillatoren und mit der richtigen Prise Unisono klingen schon simple Bass-Sounds extrem knackig. Mit entsprechendem Finetuning lassen sich dem Strobe aber auch schöne Pads und modulierende Flächen entlocken.
Logo Cypher
Cypher dagegen ist etwas komplexer zu bedienen und es braucht einen kleinen Moment, bis man den Signalfluss verinnerlicht hat. Ich hätte mir am Anfang ein etwas flexibleres Routing gewünscht, stellte dann aber fest, dass diese leicht einschränkende Festlegung auf Modulationswege tatsächlich eher inspirierend als einschränkend wirkt. Und spätestens bei Einbeziehung des Trans-Mod Systems werden die Modulationsmöglichkeiten noch einmal weitaus komplexer. Dann kann, auch wenn FXpansion das „analoge“ FM sehr betont, von digital klingende FM-Glocken bis hin zu verzerrten und durch die Sample-and-Hold-Funktion sehr krassen Klängen eine Menge toller Sounds programmiert werden.
Logo Amber
Amber schließlich ist ein kleiner Spezialist, der alles andere als Brot-und-Butter-Sounds bietet. Auch wenn sich alle weitreichend verbiegen lassen, bleibt das Instrument eine Emulation alter String-Machines und Synthesizer mit der typischen Divide-Down-Architektur – die er allerdings überzeugend liefert. Mit leicht knorrigem Bassbereich und schönen, durch den Chorus aufgefächerten Höhen, kommen schon die entsprechenden Presets den Vorbildern erstaunlich nahe.
Logo Fusor
Mit Fusor gibt es zuguterletzt ein nützliches Tool, um aus den drei Einzelgängern gelayerte und noch einmal komplexere Klangstrukturen zu generieren. Spätestens hier wird das Paket auch interessant für Sounddesigner und Filmkomponisten. Die nahezu unerschöpfliche Auswahl an Modulationsmöglichkeiten kann einen Sound sowohl mit zurückhaltenden Variationen im Klangverlauf aufwerten, als auch sehr experimentelle und drastische Klangverformungen ermöglichen. Einziger Punkt auf meiner persönlichen Wunschliste ist ein flexibleres Output-Routing im Betrieb ohne zusätzlichen Sequencer. Auch wenn Fusor nicht als Standalone-Host konzipiert ist, wäre hier die Möglichkeit, die einzelnen Instanzen auf separate Ausgangskanäle zu schicken, eine tolle Ergänzung.
Auch die Effekte sind rundum gelungen. Gerade die etwas wilderen Kandidaten aus der großen Auswahl werten die Grundsounds ungemein auf. Aber auch das Standard-Repertoire bietet teilweise ernsthafte Alternativen zu der Ausstattung, die der eigene Sequenzer mitbringt. Gemeinsam haben die drei Synthesizer und Fusor jedenfalls Eines: Sie bringen eine angenehme Portion Unberechenbarkeit und Schmutz mit. Die Sättigung der Filter und der Verstärkerelemente, aber auch die modellierten Signalwege an sich verpassen dem Sound schnell etwas Raues. Wie viel davon auf das DCAM zurückzuführen ist, mit dem intensiv geworben wird, sei dahingestellt. Fest steht, dass mir schon das erste Anspielen eines Arpeggio-Synths mit dem Strobe das Gefühl gab, einen lebendigen und „analogen“ Sound in den Fingern beziehungsweise in den Ohren zu haben. Die Analogue-Regler sind, speziell beim Amber, sicherlich Geschmackssache. Aber in einer Zeit, in der man gerne mit digital generierten Sounds noch einmal ins gute alte Outboard-Equipment geht, um die synthetische „Kälte“ loszuwerden, finde ich diesen Ansatz persönlich sehr gut.
FXpansion DCAM: Synth Squad ist ein durchweg gelungenes und sehr inspirierendes Bundle. Wer auf der Suche nach einem einzelnen Allround-Synthesizer und Alleskönner ist, sollte sich vielleicht nach Alternativen umschauen. Aber in Bezug auf ihren stellenweise bewusst eng gesteckten Rahmen machen Amber, Cypher, Strobe und Fusor richtig Spaß und bringen mit interessanten Presets und eigenständigem Sound frischen Wind in die DAWs dieser Welt! Gerade die charakteristischen Grundsounds und die leicht schmutzigen „Schaltkreise“ machen jeden der drei Synthesizer einzigartig.
Überzeugender Klang und technische Finesse runden das positive Gesamtbild ab. Für knapp 200 Euro bekommt man, bezieht man jetzt auch noch Fusor mit ein, ein Paket, das seinen Preis definitiv wert ist.
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