ANZEIGE

Garritan Jazz & Big Band 3 Test

Details:

Installation und Autorisierung
Garritan Jazz & Big Band 3 ist als Download oder auch auf DVD erhältlich. Der ARIA-Player läuft Standalone oder als VST-, AU- oder RTAS-Plug-In in einer geeigneten Host-Software auf PC und Mac. Die Installation ist unkompliziert und verläuft ohne Überraschungen. Auch die Auslagerung der knapp drei GB großen Library auf eine andere Festplatte ist kein Problem. Man sollte sich jedoch vor der Installation überlegen, wo man sie ablegen möchte, denn ein nachträgliches Verschieben erfordert einen manuellen Eingriff in die   Preferences-Textdatei, damit der Player die Sounds wieder findet. Das ist für Ungeübte etwas umständlich und wurde von anderen Herstellern schon deutlich eleganter gelöst.
Nachdem man auf der Website des Herstellers einen Account eingerichtet und die Seriennummer registriert hat, erhält man eine virtuelle Keycard. Das ist eine personalisierte Grafikdatei, die wie eine Kreditkarte aussieht. Diese zieht man einfach auf die Standalone-Version des ARIA-Players, und die Library ist autorisiert. Laut Garritan funktioniert die Autorisierung auf bis zu vier Rechnern.
Das zusammen mit der Library installierte englische PDF-Handbuch ist sehr ausführlich und lässt kaum Fragen offen. Neben einer reinen Funktionsbeschreibung der Software enthält es auch einen lesenswerten Abschnitt zur  Geschichte des Jazz und der typischen Instrumente, verfasst vom Jazzbassisten Chuck Israels.
Der ARIA-Player
Wie viele größere Hersteller von Sample-Librarys hat auch Garritan einen eigenen Sample-Player entwickelt, der speziell auf die Bedürfnisse der eigenen Librarys zugeschnitten ist. Die Software hört auf den Namen ARIA. Es handelt sich dabei um ein virtuelles, 16-fach multi-timbrales Soundmodul.
Im oberen Bereich des Players befinden sich 16 Slots, die über ein Popup-Menü mit Sounds gefüllt werden können. Außerdem kann man in diesem Bereich Anpassungen des Tunings vornehmen und den Slots Einzelausgänge und MIDI-Kanäle zuweisen. Dieser Bereich ist immer sichtbar, sodass immer deutlich ist, welcher Sound in welchen Slot geladen ist.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Mixer-View

Der mittlere Bereich dient unterschiedlichen Aufgaben. Über die Reiter am rechten Rand des Players kann man zwischen vier verschiedenen Ansichten wählen.
In der Mixer-Ansicht befindet sich hier ein einfaches Mischpult, das neben Fader, Pan sowie Mute- und Solo-Knöpfen pro Kanal auch einen Send-Regler besitzt. Dieser schickt das Signal bei Bedarf an den internen Effektprozessor. Eine EQ-Sektion sucht man auf der Mixer-Seite vergeblich – dieser steht jedoch für jeden Sound in der Control-Abteilung zur Verfügung. Auch über eine Dynamiksektion verfügt der Mixer nicht. Da er aber hauptsächlich dazu dient, die Sounds auf die Einzelausgänge zu gruppieren, erfüllt er seinen Zweck zumindest beim Einsatz als Plug-In in einer DAW vollkommen.
Zwei Dinge vermisse ich dennoch: Schön wäre eine Pegelanzeige oder zumindest eine Signalleuchte pro Kanal, damit man auf den ersten Blick sieht, auf welchen Kanälen gerade etwas passiert. Da dieses „visuelle Feedback“ fehlt, muss man sich gerade bei größeren Multi-Setups mitunter etwas auf die Suche machen, um den richtigen Fader zu bewegen. Außerdem gibt es keine Möglichkeit, mehrere Fader gleichzeitig zu bewegen, um so z. B. eine komplette Sax-Section insgesamt leiser zu machen. Also wird man das Abmischen in der Regel doch extern vornehmen wollen.
Wechselt man in die Control-Ansicht, findet man hier verschiedene Knöpfe zur Detailsteuerung der Sounds. Für jeden Slot gibt es einen 3-Band-Equalizer mit semiparametrischen Mitten. Der Rest dieser Seite verändert sich abhängig davon, welcher Slot im oberen Bereich gerade ausgewählt ist und zeigt immer genau die Bedienelemente, die für den ausgewählten Sound einen Sinn ergeben und verfügbar sind. Zum Beispiel sind für eine Trompete unter anderem Regler für Vibrato, Flutter und Luft-Geräusche vorhanden, während es für einen Kontrabass einen Knopf gibt, der die Fingergeräusche kontrolliert. Ist ein Drum-Set geladen, so befindet sich hier eine Möglichkeit zur Lautstärke-Feinabstimmung der einzelnen Bestandteile des Sets. Man sieht also immer nur die Regler, die auch wirklich eine Funktion haben. Das ist sehr übersichtlich gelöst und lenkt den Blick auf das Wesentliche.
Sehr benutzerfreundlich ist außerdem, dass an allen Reglern, die sich per MIDI-Controller fernsteuern lassen, auch eindeutig die Nummer des betreffenden Controllers steht. Bei vielen anderen Plug-Ins und Librarys muss man dafür erst das Handbuch wälzen oder sich per Trial-and-Error auf die Suche nach dem richtigen Controller machen. Leider lassen sich diese nicht frei zuweisen. Das ist in der Praxis aber wohl zu verschmerzen, denn um eine so große Anzahl von Parametern sinnvoll in Echtzeit steuern zu können, benötigt man ohnehin eine frei konfigurierbare MIDI-Reglerbank. Das ist zugleich ein kleiner Kritikpunkt, denn die Handhabung der diversen verwendeten MIDI-Controller ist in der Praxis doch etwas umständlich. Um die Library und ihre Steuerungsmöglichkeiten wirklich nutzen zu können, braucht man stets zahlreiche verschiedene MIDI-Controller im Echtzeitzugriff. Wer keine Reglerbank hat, muss sein Modulationsrad oft umprogrammieren oder die Werte im Sequenzer mit der Maus einzeichnen, was dem Echtzeitgedanken widerspricht.

Die Bezeichnung der Effects- Ansicht ist etwas irreführend, denn andere Effekte als einen einfachen Hallprozessor gibt es nicht. Dieser verfügt über acht einstellbare Parameter und zwölf Presets vom Jazz-Club bis zur Konzerthalle.
In der Settings-Ansicht findet man eine Übersicht über den „Betriebszustand“ des Players, also über Daten wie zum Beispiel den belegten Speicher und die Anzahl der gerade gespielten Noten. Außerdem befinden sich hier zwei Knöpfe, mit denen man den Shop- und den Support-Bereich der Garritan-Website direkt ansteuern kann. Die Importfunktion für unterschiedliche Stimmungen, die etwas unscheinbar ebenfalls in diesem Bereich untergebracht ist, ist sicherlich eher etwas für Experten, soll jedoch nicht unerwähnt bleiben.
In der unteren Zone des Players befindet sich schließlich eine grafische Tastatur. Diese hat nicht nur eine kosmetische Funktion: Auf den ersten Blick sieht man hier jederzeit den verfügbaren Tonumfang des ausgewählten Instruments. Wenn ein Sound mit Keyswitches geladen ist, werden auch diese hier angezeigt.
Damit ist der ARIA-Player sehr übersichtlich gestaltet. Die Bedienung erschließt sich auch ohne Lesen des Handbuches sofort, und man hat alle wichtigen Einstellungen immer im Blick.
Die Sounds
Garritan Jazz & Big Band 3 enthält alle klassischen Big-Band-Instrumente und einige nette Extras. Neben einer kompletten Bläser-Sektion wurden auch die Instrumente der Rhythmusgruppe berücksichtigt. Der klare Schwerpunkt liegt aber bei den Blasinstrumenten, für die ja auch der größte Bedarf an einer weiteren Sample-Library bestand.
Es gibt jeweils fünf Trompeten und fünf Posaunen, die allesamt auch mit verschiedenen Dämpfern verfügbar sind. Die einzelnen Instrumente eines Typs klingen dabei durchaus recht unterschiedlich. So erhält man einen realistischeren Section-Klang, in dem nicht jeder Spieler den gleichen Sound hat. Vervollständigt wird die Reihe der Blechbläser durch fünf verschiedene Flügelhörner (!), eine Bassposaune und eine Tuba.
Die umfangreich ausgestattete Saxofon-Abteilung wartet mit dreimal Alt, viermal Tenor und zweimal Bariton auf. Damit lassen sich schon nahezu alle normalen Big-Band-Arrangements bedienen, doch das war noch längst nicht alles.
Zusätzlich enthält die Library noch einen ganzen Schwung seltener anzutreffender Saxofone: Zwei Sopran- und ein Sopranino-Sax runden die Section nach oben hin ab. Zwei Bass- und ein Kontrabass-Saxofon sorgen bei Bedarf für ein solides Fundament. Ebenfalls enthalten sind die exotischen Orchester-Saxofone C-Melody und Mezzosopran, die ich noch nie in irgendeiner anderen Sample-Library gesehen habe. Damit verfügt Jazz & Big Band 3 über das bei Weitem umfangreichste Saxofon-Angebot, das mir bisher in einer Library begegnet ist.

JABB3_Saxophones

Die übrige Holzbläser-Reihe wird von drei Klarinetten, Bassklarinette, drei Flöten sowie Piccolo- und Altflöte gebildet und deckt damit alles ab, was normalerweise in einem Jazz-Kontext zum Einsatz kommt. Selbst umfangreiche Woodwind-Arrangements à la Gil Evans sollten mit diesem Soundangebot kein Problem sein. Sogar an eine Mundharmonika wurde gedacht.

Auf der Seite der Rhythmusgruppe gibt es verschiedene Drumkits, wovon zwei mit Besen gespielt sind. Dank eines recht umfangreichen Angebots an Percussion-Instrumenten ist die Library auch für Latin-Jazz gut gerüstet. Neben jeweils zwei E-Bässen der Varianten Jazz Fretted, Fretless und Slap gibt es zwei Kontrabass-Sounds, von denen einer von Chuck Israels eingespielt wurde. Auch ein gestrichener Kontrabass ist vorhanden.

Ein Piano, ein Fender Rhodes und sieben verschiedene Orgelsounds bilden die Tastenfraktion. Auch das Vibraphon wurde nicht vergessen und zuguterletzt gibt es noch eine akustische und zwei elektrische Gitarren und ein Banjo.

Damit ist Jazz & Big Band 3 in der Tat ziemlich vollständig mit allen Sounds ausgestattet, die in einer Big Band so vorkommen können. Die Qualität der Sounds und die Möglichkeiten zur Echtzeitkontrolle während des Spiels nehmen wir im Praxisteil genauer unter die Lupe.

Zusätzlich zu den Einzelsounds besteht auch die Möglichkeit, Kombinationen von Sounds zu laden, die per Keyswitch umgeschaltet werden. So kann man zum Beispiel zwischen einer offenen und einer gedämpften Trompete umschalten. Interessant sind auch die Saxofon-Kombinationen, die sehr praxisnah zwischen Saxofon und verschiedenen anderen Holzblasinstrumenten wechseln, ganz so, wie es unter Saxofonisten in den typischen Broadway-Orchestern üblich ist. Leider sind die Kombinationen festgelegt und auch die Belegung der Keyswitch-Tasten lässt sich nicht verändern. Obwohl die verfügbaren Kombinationen allesamt durchdacht und sinnvoll sind, wäre eine solche Möglichkeit schön gewesen.

Fast alle Sounds gibt es zusätzlich noch in einer Lite-Variante. Diese benötigt weniger Speicherplatz und bietet sich vor allem an, will man die Systemperformance während der Kompositions- und Arrangement-Phase nicht zu sehr strapazieren. Für den späteren Mix kann man dann zu der „Vollversion“ der Sounds wechseln. Außerdem sind die Lite-Versionen der Bläsersounds im Gegensatz zu den großen Versionen auch polyphon spielbar, was ich zum Ausprobieren von Voicings beim Arrangieren sehr praktisch finde.

Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.