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Garritan Jazz & Big Band 3 Test

Praxis:

Klang
An der energiegeladenen und kraftvollen Performance einer Bläser-Section beißen sich die Sample-Produzenten bislang überwiegend vergeblich die Zähne aus. Auch die teure Konkurrenz schafft es bis heute nicht wirklich überzeugend, dieses Feuer in der digitalen Welt zum Lodern zu bringen. Hat eine so günstige Library wie „Jazz & Big Band 3“ da überhaupt eine reale Chance?

Audio Samples
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Swing Rough

Obgleich sie mit einer beeindruckenden Soundauswahl und einem schönen Player antritt, lautet die Antwort klar: Nein. Schon der erste Test mit einem relativ „normalen“ Arrangement offenbart einen recht matten und ziemlich „midi- mäßigen“ Grundsound. In diesem Soundbeispiel habe ich fürs Erste auf alle Möglichkeiten der Echtzeitsteuerung verzichtet, um zu demonstrieren, wie die Library „out of the box“ klingt. Alle Sounds – also auch die Rhythmusgruppe – stammen von „Jazz & Big Band 3“.

Das klingt leider etwas müde. Während die Trompeten zumindest im Satz noch akzeptabel erscheinen, reißen die Posaunen und auch die Rhythmusgruppe mich wahrlich nicht vom Hocker. Natürlich erfordern alle Sample-Librarys – auch die teuren – einige Detail-Frickelei, um wirklich überzeugende Ergebnisse zu liefern, aber verglichen mit den meisten anderen aktuellen Angeboten kommen diese Sounds beim ersten Antesten schon etwas zu plastikhaft daher. Wir testen probehalber noch ein anderes Arrangement, auch dieses erst einmal ohne jede Nachbearbeitung oder Nutzung der Echtzeitmöglichkeiten:

Audio Samples
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No Legato

Auch hier hört man schon beim ersten Ton sofort, dass dies keine Big Band ist! Die Sounds klingen relativ statisch und programmiert, obwohl nichts quantisiert wurde. Bleibt „Jazz & Big Band 3“ in den Startlöchern stecken? Wir geben noch nicht auf und probieren als Nächstes einmal aus, was man noch mit den Möglichkeiten zur Echtzeitsteuerung heraus kitzeln kann.

Auto Legato
Eines der Hauptprobleme von Sample-Librarys ist die möglichst natürlich wirkende Abbildung von legato gespielten Tonübergängen. In den letzten Jahren haben fast alle Top-Hersteller innovative Lösungsansätze für dieses Problem herausgebracht. Gigabyte-starke High-End-Soundsammlungen wie die Vienna Symphonic Library begegnen der Aufgabe mit real eingespielten Aufnahmen fast aller erdenklichen Intervallsprünge, die von der Software an den passenden Stellen eingesetzt werden. Daneben gibt es zahlreiche Librarys, die sich die Skriptfähigkeit von Native Instruments Kontakt zunutze machen, um diese Hürde zu überspringen.
„Jazz & Big Band 3“ bietet für die Blasinstrumente ebenfalls eine Legato-Funktion. Sie wird entweder durch das Sustainpedal oder durch einen Schalter in der „Control“-Ansicht des Players aktiviert.

Audio Samples
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Auto Legato

Der ARIA-Player schneidet bei aktivierter Legato-Funktion die Attack-Phase des nächsten Samples heraus und schafft mittels eines Crossfades die Illusion einer flüssigen Performance. Am Beispiel einer Trompete klingt das so wie im linken Audioplayer (zuerst ohne, dann mit Auto-Legato-Funktion phrasiert).

Man hört zwar immer noch heraus, dass die Tonübergänge nicht real eingespielt sind, aber immerhin lassen sich Phrasierungen so schon einmal besser gestalten. Die Aktivierung der Funktion mit dem Sustainpedal erfordert etwas Übung. Wenn man den Dreh heraushat, kann man aber sehr gut damit arbeiten. Unser Arrangement klingt mit aktivierter Auto-Legato-Funktion jetzt so:

Audio Samples
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Legto

Schon besser, aber immer noch viel zu statisch. Doch „Jazz & Big Band 3“ bietet noch einige andere Möglichkeiten, die wir selbstverständlich auch noch ausprobieren wollen.

Lautstärke und Ausdruck
Bei so gut wie allen Keyboards und auch Soundlibrarys ist die Lautstärke meist mit der MIDI-Velocity – also der Anschlagstärke – verknüpft. „Jazz & Big Band 3“ verfolgt einen etwas anderen Ansatz, der im Hinblick auf Blasinstrumente auch durchaus Sinn macht. Die Steuerung der Lautstärke erfolgt über das Modulationsrad. Dadurch werden auch Lautstärkeverläufe bei gehaltenen Tönen möglich, was typisch für Blasinstrumente ist und sich allein über die Anschlagstärke nicht realisieren ließe. Die Velocity übernimmt eine andere Aufgabe: Sie steuert das Einschwingverhalten der Samples. Bei vorsichtigem Anschlag verlängert sich die Attack-Zeit, sodass der Sound nicht so hart einsetzt. Schlägt man härter an, bekommt auch der Attack des Sounds mehr Biss.

JABB3_Realtime

Dieses Prinzip erfordert zunächst etwas Umgewöhnung beim Spielen. Es ist jedoch gerade im Hinblick auf Blasinstrumente durchaus durchdacht und sinnvoll. Leider verfügt die Library jedoch für den Großteil der Sounds nicht über verschiedene Samples für laute und leise Töne und unterschiedliche Artikulationen. Stattdessen simuliert sie die Veränderungen in der Klangfarbe, die sich durch die Spielweise ergeben, durch Anpassung von Syntheseparametern wie der Attack-Zeit. Das spart Speicherplatz, wird dem komplexen Klang von Blasinstrumenten aber natürlich nur bedingt gerecht.
Am Beispiel einer Posaune hört ihr im nächsten Klangbeispiel, wie sich die Anschlagstärke und das Modulationsrad auswirken. Zunächst spiele ich den Ton mit Velocity-Werten von 10, 40, 60, 80, 100, 115 und 127, wobei das Modulationsrad bei einem Wert von 100 steht. Danach wird die Note konstant mit einer Velocity von 100 gespielt und das Modulationsrad in den gleichen Schritten bewegt.

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Velocity Modulation

Über den gesamten Velocity- und Modulationsbereich erklingt immer das gleiche Sample. Die verlängerte Attack-Zeit bei schwach angeschlagenen Noten geht zwar in die richtige Richtung, kann aber das Sample eines zart gespielten Tons von einem Blasinstrument natürlich nicht wirklich ersetzen. Trotzdem versuchen wir, unserem Arrangement unter Verwendung dieser Steuerungsmöglichkeiten noch etwas mehr Leben einzuhauchen. Ich habe den Effekt etwas übertrieben, damit er deutlich hörbar ist:

Audio Samples
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Weitere Modulation

Wieder etwas besser, aber wirklich überzeugend kommen die Lautstärkemodulationen nicht rüber. Der Mangel an speziellen Samples für unterschiedliche Intensitäten offenbart sich an dieser Stelle deutlich.

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Effects

Während die meisten teureren Librarys spezielle Samples für verschiedene Spielweisen der Instrumente beinhalten, muss man darauf bei „Jazz & Big Band 3“ weitestgehend verzichten. Lediglich für die Trompeten stehen drei Spezialeffekte bereit. Über einen MIDI-Controller kann man „Falls“, „Doits“ und „Kisses“ aktivieren, die von der Software beim Loslassen der Taste eingebaut werden. Zwar sind diese Spielweisen bei den Trompeten besonders häufig anzutreffen und entsprechend wichtig. Ähnliche Möglichkeiten hätte ich mir jedoch auch für die anderen Instrumente gewünscht. Für einen wirklich überzeugenden Big-Band-Sound wäre es vielleicht sinnvoller gewesen, einige der exotischeren Instrumente wie z.B. die seltenen Saxofonvarianten wegzulassen und stattdessen die Hauptinstrumente mit vielseitigeren Möglichkeiten auszustatten.

Nebengeräusche
Für eine lebendigere Atmosphäre kann man auf die Nebengeräusche zurückgreifen, die sich für fast alle Sounds über MIDI-Controller hineindrehen lassen. Hierbei handelt es sich z.B. um separat gesampelte Klappen- und Ventilgeräusche. Auch Luft- und Atemgeräusche sind enthalten.
Bei einem Tenorsaxofon klingt das zum Beispiel so (ich drehe die Luft- und Klappengeräusche langsam dazu):

Audio Samples
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Sax Noises

Auch diese Geräusche können leider nicht wirklich als authentisch durchgehen. Sie wirken nicht wirklich wie ein Teil des Instruments, sondern eher wie ein Fremdkörper.

Probieren wir noch einmal eine Trompete (hier habe ich zusätzlich noch den „Growl“-Parameter eingesetzt):

Audio Samples
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Trumpet Noises

Obwohl die Effekte in den Soundbeispielen natürlich übertrieben sind, zeigt sich auch hier das gleiche Bild. Sie wirken nicht wirklich aus einem Guss, und können nicht über den etwas künstlichen Charakter hinwegtäuschen. Trotzdem sind sie natürlich eine willkommene Beigabe, und gerade in einer Library dieser Preisklasse längst nicht selbstverständlich. Wenn man sich die Mühe macht und sie über MIDI-Controller dynamisch einsetzt, kann man damit durchaus noch etwas zusätzliche Atmosphäre schaffen.
Rhythmusgruppe
Bisher haben wir uns auf die Bläser konzentriert, die ja auch klar im Fokus dieser Library stehen. Neben der sehr umfangreichen Ausstattung mit Blasinstrumenten aller Couleur fristet die Rhythmusgruppe eher ein Nischendasein. Da sie aber für den Sound einer Big Band ebenso entscheidend ist, wollen wir einige dieser Sounds auch noch kurz unter die Lupe nehmen.

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Piano Rhodes Organ

Die Tastenabteilung bietet neben einem Steinway-Jazz-Piano auch ein Rhodes-artiges E-Piano, ein Vibraphon und verschiedene Orgeln. Das Piano klingt im unteren Register akzeptabel. Weiter oben gefällt es mir weniger gut. Trotzdem geht es für eine so günstige Library in Ordnung.
Das E-Piano hingegen kann mich nicht überzeugen. Es klingt undefiniert und wenig kraftvoll. Man sucht vergeblich nach dem knarzigen Sound eines hart angeschlagenen Rhodes. Für flächige Pads mit reichlich Tremolo ist es jedoch ganz gut geeignet. Bei den Orgeln vermisst man sofort die Möglichkeit, an Zugriegeln und Leslie zu spielen. Außer einem Tremolo stehen keine weiteren Modulationseffekte und auch kein Leslie-Effekt zur Verfügung. So wirken die Orgeln etwas dünn und man wird in der Regel auf externe Effekte zurückgreifen wollen.
Insgesamt sind diese Sounds also eher als nettes Beiwerk anzusehen. Wer mit dieser Library auskommen muss, kann sicher damit arbeiten. Wer für diese Bereiche jedoch spezielle Librarys sein eigen nennt, wird damit auf jeden Fall besser bedient sein.

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Bass

Einer der beiden enthaltenen Kontrabässe wurde, wie schon erwähnt, von Chuck Israels beigesteuert. Dieser Bass hat einen durchaus angenehmen Grundsound, lässt aber, wie die gesamte Library, verschiedene Lautstärkeabstufungen vermissen. So wird man ihn nie so ausdrucksstark spielen können wie die Konkurrenz-Librarys in diesem Bereich. Immerhin lassen sich Fingergeräusche dazu einblenden, die dem Sound etwas mehr Leben einhauchen. Trotzdem fehlt auch diesem Sound das „gewisse Etwas“, was für eine wirklich packende Performance nötig wäre. Im Klangbeispiel schalte ich die Fingergeräusche etwa ab der Hälfte dazu.
Die übrigen Rhythmusgruppen-Sounds bringen keine weiteren Überraschungen. Sie sind allesamt etwas dürftig mit Samples ausgestattet und können deshalb trotz eines teilweise schönen Grundsounds nicht restlos überzeugen.
Das Hauptaugenmerk dieser Library sind aber eindeutig die Bläser. Deshalb, und weil das Sample-Angebot im Bereich der Rhythmusgruppe bereits sehr umfangreich ist, ist das durchaus zu verschmerzen.

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