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Gear-Chat und Interview mit Wayne Sermon von Imagine Dragons

Die Imagine Dragons aus Las Vegas haben es geschafft, sich mit ihrem Debütalbum “Night Visions“ und dem Hit “Radioactive“ auf Anhieb international zu etablieren: Ein Grammy-Award, 3,9 Millionen verkaufte Alben und ausgiebiges Touren einmal um die Welt waren die Folge. Mit „Smoke + Mirrors“ haben sie soeben ihr zweites Album veröffentlicht, das sie mit einigen Radiokonzerten in Deutschland vorstellten. Live spielen ist der Band laut eigenem Bekunden sehr wichtig, sie legen viel Wert auf eine überzeugende Show. Vor dem Gig in Hamburg beim NDR hatten wir die Gelegenheit mit Gitarrist Wayne Sermon ausführlich über sein Bühnenequipment zu sprechen.

(Alle Bilder: © Ralf Schlünzen / bonedo.de)
(Alle Bilder: © Ralf Schlünzen / bonedo.de)

Auffällig am Sound der Imagine Dragons ist Waynes „großer“ Gitarrensound: Er bewegt sich irgendwo zwischen The Edge und Coldplay – mit viel Echo und Modulation. Bei Songs wie „I’m So Sorry“ oder „Friction“ vom neuen Album geht es aber durchaus auch mal à la Nine Inch Nails mit ordentlich Zerre richtig zur Sache. Wie bringt man einen so großen Sound also auf die Bühne? Nach kurzer Begrüßung führt mich ein aufgeräumt wirkender Gitarrist zu seinem Pedalboard:

Das Pedalboard von Wayne – er hat natürlich noch ein größeres...
Das Pedalboard von Wayne – er hat natürlich noch ein größeres…

Wayne: Dieses Pedal-Board habe ich schon eine ganze Weile – es ist momentan etwas auseinandergerupft – es ist nicht mein Fly-Rig. Den Line6 M9 Stomp Modeler habe ich schon sehr lange: Das M9 ist simpel, klingt gut – und funktioniert einfach. Besonders dann, wenn man Fly-Dates  hat, wo man viele unterschiedliche Sounds der unterschiedlichsten Pedale benötigt – aber eben nicht 30 Pedale dabei haben kann. Denn meine Wunschträume können nun mal leider nicht immer erfüllt werden… Es ist sehr praktisch – man kann damit zum Beispiel den Univibe-Sound für unseren Song “Demons” hin bekommen.  Auch wenn es natürlich nicht ganz wie ein echtes klingt, ist es nah dran – und bietet außerdem noch Delays, Reverbs und Octave Reverbs, die ich viel einsetze. Ich verwende auch den Eventide H9, weil er über einige wirklich besondere Sounds und Algorithmen verfügt. Seinen “Black Hole Reverb” benutze ich sehr viel auf dem aktuellen Album – und Big Hall Reverbs. Ich mag diese groß klingenden Hallräume sehr gern. Mit diesem Setup decke ich all meine Time & Delay-Bedürfnisse ab!

Fotostrecke: 6 Bilder Das Pedalboard – links im Bild der Eventide H9

Wofür setzt du deinen Electro Harmonix Super-Ego ein?

Wayne: Wir haben nicht immer einen Synth-Player dabei. Ich nehm das Super-Ego für Synth-artige Passagen. Ich benutze ihn für Intros, Zwischenteile und Outros von Songs. Normaler Weise sitzt daneben noch ein Chorus im FX-Loop des Pedals. Ich weiß nicht, wo der gerade hin ist…
Spricht seinen Guitar-Tech an: “Wo ist der Chorus denn hin?” – “Das TWA Pedal hat leider den Geist aufgegeben”. – “Ooh…”

Na dann – „no Chorus today….“??

(Wayne lacht) Der Guitar Tech beruhigt sogleich: “Ich habe ein Backup, das ich nachher noch rein bringe.”
Wayne: Für den Zweck nehmen wir immer, was wir gerade verfügbar haben. Hauptsache es ist klein: Das Pedal muss sooo klein sein (zeigt die Größe eines Mini-Pedals). Hier ist mein Tuner, muss man ja wohl nicht viel zu sagen.
Das geht alles im Prinzip in mein Volumenpedal, das ich übrigens echt liebe: Es ist das einzige mit Beleuchtung! So eine geniale Idee – ich versteh nicht, warum das nicht mehr Firmen machen. So eine einfache Sache! Manchmal will man ziemlich genau die halbe Lautstärke haben, und dank dieser visuellen Anzeige sieht man das sofort. Außerdem klingt es super, es verfärbt den Sound überhaupt nicht – was ich für ein Volume-Pedal echt wichtig finde.

Und du kommst bei dem Steptanz auf den Pedalen nie durcheinander?

Wayne: Nein – Mein anderes Rig ist viel komplexer. Das Pedal neben dem Visual Volume kontrolliert übrigens meinen Mix Dry vs. Reverbs, so dass ich mich immer sofort optimal an den jeweiligen Raum anpassen kann.
Der Keeley Compressor ist ein toll klingender Kompressor, den habe ich schon seit 10 Jahren oder so. Es ist den alten ROSS Kompressoren nachempfunden. Klingt ziemlich danach, ein bisschen dunkel, hat ewas „Grit“, aber wenn dich das nicht stört, ist er echt super.
Das hier ist mein Lieblingspedal, ohne das ich nirgendwo hin gehen würde: Es ist ein Analogman King of Tone und bietet im Prinzip zwei Distortionpedale in einem.  Einen Low-Gain Zerrer, ein bisschen mehr wie eine Bluesbreaker-Schaltung. Eigentlich basieren beide auf darauf – aber das eine ist eine High-Gain Schaltung. Und du kannst sie stacken, kannst sie beide anhaben. Du hast also 3 verschiedene Sounds: Clean, Stufe 1, Stufe 2 und beide zusammen – also eigentlich 4!

King of Tone: Das Lieblingspedal des Gitarristen!
King of Tone: Das Lieblingspedal des Gitarristen!

Bei “Friction” schaltest du zwischen einem cleanen Edge-artigen Sound und einem brettharten Sound wie bei Nine Inch Nails oder Awolnation. Wie machst Du das?

Wayne: Da setze ich einen Rockbox Boiling Point Zerrer für ein, auch ein fantastisches Pedal. Damit kannst du einen Marshall-artigen Sound reinregeln, wofür der Analogman nicht ganz so gut geeignet ist. Er kann es zwar, aber der Boiling Point kann da wirklich in „High Gear“ gekickt werden und hat eine Menge Gain.

Jede Menge Extragain: Rockbox Boiling Point
Jede Menge Extragain: Rockbox Boiling Point

Kommen wir zu deinen Amps: Was setzt du da ein?

Wayne: Auch wenn ich heute die Vox-Amps mit habe, würde ich Marshall Stacks hinter mir bevorzugen. Aber das ist nun mal nicht immer machbar. Bei den Aufnahmen hatte ich einen Dry-Center 1964 Vox AC30. Und links und rechts habe ich alle Effekte aufgenommen. So kriegt man einen großen Sound hin. Auf dem Album habe ich sehr viel Eventide H7600 verwendet, und hatte gehofft, das auch Live machen zu können. Das war mein Traum: Einen richtig breiten Wet-Dry-Wet Sound auf die Bühne zu bringen…

Zwei klassisch abgemicte Vox Amps machen "laut".
Zwei klassisch abgemicte Vox Amps machen “laut”.

… und dann bist du leider aufgewacht?

Wayne: (Lacht) Well, und dann hat mir mein Guitar Tech das tatsächlich realisiert! In den USA habe ich ein Rack und ein Liquid RJAM Mastermind GT. Alles voreingestellt für Dry Center, Left & Right – aber für den Gig heute habe ich einfach links & rechts und es klingt auch super!

Du machst also den Sound komplett mit den Pedalen, und die Amps machen einfach laut?

Wayne: Genau! Der hier ist genau an der Grenze zum Zerren, aber noch clean, und dann treibe ich das mit den Pedalen an.

Was für Gitarren spielst du?

Wayne (geht zum Case): Ich habe hier diese von BILT aus Des Moines in Iowa. Eine kleine Firma, die wirklich tolle Instrumente baut. Ich finde die richtig cool. Das sind Custom-Made Gitarren mit eingebauten Effekten…

Die Bilt Gitarren bieten onboard Effekte
Die Bilt Gitarren bieten onboard Effekte

…eingebaute Effekte?

Wayne: Ja, hier ist zum Beispiel ein Carbon Copy Delay von MXR, ein Sustainiac Pickup, die Gitarre hat einen Fuzz, Kill-Switches – lauter abgefahrenes Zeugs. Sehr „textural stuff“.

wayne_sermon_bilt_guitar_fx

Hast du dafür auch ein Backup?

Wayne: Kann man so sehen… (Zieht die nächste Gitarre aus dem Rack – Ich bin geblendet. Sie ist komplett gold.) Das ist meine Lieblingsgitarre – sie heißt C-3PO. Es ist eine Holzgitarre, aber sie haben sie komplett vergoldet. Ich weiß auch nicht, WIE sie das hinbekommen haben – hat aber sehr lange gedauert… (“It involves Wizards!”, kommentiert der Guitar Tech aus dem Off. “Ja! Genau”, grinst Wayne. „Die ist genau wie eine Starcaster, aber eben… gold!)

Hei, wie das spiegelt: Die goldene Bilt!
Hei, wie das spiegelt: Die goldene Bilt!

Das sind also deine beiden „Go-To“ Gitarren?

Wayne: Ja, würde ich so sagen!

Um deinen Sound hinzubekommen, tanzt du also auf all diesen Pedalen rum, und hast zusätzlich noch die Soundmöglichkeiten in der Gitarre – und kommst nie durcheinander?

Wayne: Nein! Ich komme da eher mit meinem anderen Effektboard durcheinander – das hier ist im Vergleich zu dem, was ich sonst so mache, wirklich simpel.

Das Setup hier war also ein Kompromiss, deine Kollegen haben dich dazu überredet, Maß zu halten?

Wayne: Yeah, yeah – genau. Ich hab nur (zählt durch) 6,7,8 Pedale. Das ist nicht genug – für keinen Gitarristen. (Lacht) Sollte es aber wahrscheinlich sein!

Nochmal zum Abschluss: Dein allerliebstes Pedal aller Zeiten ist das…

Wayne:King of Tone Distortionpedal! Ich könnte nur mit dem klar kommen für eine Show oder im Studio. Benutze ich dort auch viel. Das ist mein „Go-To“ Distortion Pedal!

wayne_sermon_fin
Damit ist unsere Zeit auch schon vorbei – die Band macht sich für den Sound-Check fertig um in dieser etwas ungewohnten Radiostudio-Athmosphäre später vor Publikum sehr überzeugend zu performen. Das Imagine Dragons Konzert wurde live gesendet und ist beim NDR mit Video auch abrufbar.

TIPP: Weitere Infos zu Gitarren-Effekten und Pedalboards findet ihr unter:
Pedalboard im Eigenbau Workshop
Effektpedale richtig einsetzen
Mit Effektpedalen zum Sound der Stars

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