PRAXIS
Aufgrund des übersichtlichen Backpanels ist der Kandidat schnell ins Geschehen eingebunden, respektive an den Mixer und PC angeschlossen. Von klanglicher Seite habe ich an dem Audio-Interface nichts auszusetzen. Die Bedienung des Gerätes ist absolut schlüssig und geht sofort in Fleisch und Blut über, das großzügige Arrangement trägt seinen Teil zum hohen Spaßfaktor bei.
„Vinyl“ stellt den Jog-Modus von „Scratch“ auf „Bend“, was die Touch-Sensorik der Metalloberfläche abschaltet und lediglich ein Abbremsen oder Beschleunigen per Teller zulässt, ohne die Abspielrichtung selbst zu verändern. Das gelingt mit den großen Fingermulden an der Seite ausgezeichnet. Auch die Oberfläche liegt gut unter der Hand und der Sensor reagiert im Scratch-Modus sehr akkurat. Als besonderes Bonbon lässt sich der haptische Widerstand des Rades mittels „Jog Adjust“ stufenlos von stark auf leicht regulieren, wenngleich „leicht“ sicher nicht das ist, was Turntablisten sich für ihre Scratch-Performance wünschen würden, denn leicht ist hier immer noch ziemlich schwer, hat aber für mich genau den passenden Widerstand fürs Beatmatchen. Apropos Beatmatchen…
BPM
Zur Ermittlung des Tempos eines Tracks kann der DJ durch rhythmisches Tippen auf den BPM-Button einen Durchschnittswert seiner Eingaben berechnen lassen. Alternativ darf er den integrierten Beatcounter bemühen oder auch das BPM-Tag eines MP3-Titels auslesen. BPM-Lock ermöglicht ferner, den gewünschten Tempo-Wert per Encoder einzustellen. Prima, was will man mehr. Festzuhalten ist auch, dass der Beatcounter seine erste Tempoeinschätzung bereits beim Aufbau und der Analyse der Wellenform abgibt, also noch, bevor der Titel eingestartet wurde und dass die Zuverlässigkeit seiner Aussage (vor allem auch bei straight-forward programmierten Beats) recht gut ist. Meiner Meinung nach braucht sich der Tempomat nicht vor manch wankelmütiger Konkurrenz zu verstecken und lässt durch die vier Modi kaum Wünsche offen.
Hotcues, Loops und Effekte
Rechts oben sind drei Schaltflächen zum Erstellen von Hotcues on-the-fly arrangiert, die sich unmittelbar an Auslöseposition ohne optionale Beat-Ausrichtung der Benutzereingabe positionieren. Die Taste „Memo“ dient zum Anlegen und ebenfalls zum Löschen der Marker. Belegte Buttons leuchten grün auf. Habt ihr Intro, Hauptteil und Outro markiert, ist es bei einem herkömmlichen Track nicht möglich diese drei Markierungen in der kleinen Ausschnittbetrachtung simultan zu überblicken. Erschwerend kommt hinzu: Eine Nummerierung der Cuepoints erfolgt nicht, sie geben sich statt dessen durch dezente grüne Linien zu erkennen, die etwas schwierig wahrzunehmen sind.
Bescheiden gibt sich der Schleifenbaukasten, dem es an einem Roll-Feature, einem Autoloop und einem Loop-Cutter mangelt. Jedoch können Startpunkt (via IN) und Endpunkt (via Jogwheel) justiert werden.
CDJ-700 hat sechs Effektprogramme eingebaut, derer drei im Jog-Modus in einem Parameter per Touchslider beeinflusst werden (Filter, Flanger und Echo). Der Filter ist mir persönlich nicht „rotzig“ genug, der Flanger lässt über die Slider-Länge kaum Veränderungen wahrnehmen, weder im Tempo noch im Sound. Das etwas blecherne Echo-Timing ist auch nicht ganz mein Fall. Im Vinyl-Modus habt ihr Zugriff auf Wah, Trance und Bubble. Die Scratch-Effekte werden per Jogwheel ausgelöst und hauen mich ebenfalls nicht unbedingt vom Hocker. Es gibt eine Hold-Funktion, der Dry/Wet-Regler legt das Mischungsverhältnis zwischen Original- und Effektsignal fest. Ein paar Mitschnitte gefällig? – Bitte sehr:
Zum Display möchte ich noch sagen, dass ich die Touch-Funktion während des Testlaufs kaum genutzt habe. Das liegt jedoch nicht daran, dass ich eine Abneigung gegen berührungsempfindliche Steuerungen habe, sondern ganz einfach daran, dass ich vom iPhone oder ähnlichen Geräten einfach ein besseres Feeling gewohnt bin, das sich beim Gemini nicht so richtig einstellen will. Auch liegen die Buttons hier etwas nah beieinander. Auf der anderen Seite ist die Bedienung über die Potis, Knöpfe und das Jogwheel sehr effizient und somit das Bedürfnis, alternativ mit dem Touchscreen zu arbeiten, nicht sehr hoch. Das Display lässt sich auf gewohnter Entfernung, also auch wenn man vor den Mixer stehend seitlich auf den Burschen starrt, gut ablesen – und bei Bedarf über den Push-Encoder im Kontrast regulieren.
MIDI-Controller
Der CDJ-700 unterstützt MIDI, HID und USB-Audio. Doch bevor es soweit ist, spielen Windows-User erst einmal die ASIO-Treiber auf, am Mac geschieht die Einbindung mittels Core-Audio, wo sich das USB-Interface im Dienstprogramm mit 16 Bit und 48 kHz zum Einsatz meldet. Das lässt sich übrigens am CD-Player umstellen. Die „Bandbreite“ reicht von 16 Bit & 44,1 kHz bis 24 Bit & 192 kHz.
Traktor-Anwendern sei gesagt, dass sich der CDJ am MacBook mit 2,13 GHz bei 512 Samples eintaktete, was einer Gesamtlatenz von 12,2 ms entspricht (10,7 Output, 1,5 Processing). Die Einbindung via Setup-Wizard/HID ist nicht möglich. Es gilt statt dessen, die TSI-per Controller-Manager zu laden. Das Mapping selbst birgt an einigen Stellen vielleicht noch Verbesserungspotenzial, denn nicht alle Funktionen sind (Traktor 2.1.2) entsprechend der Aufschriften am Gerät gewählt, einige Regler sind gar nicht belegt. Hier heißt es selbst Hand anlegen. Titelinformationen gibt das Display leider nicht aus.
Zur Performance: Im Test konnte ich das Interface bedenkenlos mit 256 Samples fahren. Selbst als ich es auf 128 Samples stellte, traten keine Audioaussetzer auf.
Unter Virtual-DJ Pro kopierte ich zunächst die mitgelieferten Device- und Mapping-Dateien in den jeweiligen Ordner im Benutzerverzeichnis. Danach konnte ich nach Einstellung der Audio-Preferences auch hier unverzüglich „browsen“, laden, pitchen, Cuepoints setzen und loopen, doch auch hier leider keine Spur von Titel- oder Library-Informationen auf dem Gemini-Display. Schade. Nichtsdestotrotz: der erste Schritt hin zu den (semi-) professionellen Tabletops ist unterm Strich geglückt, auch wenn Konkurrenten bereits mit eigener DJ-Software, iPad-Browse-Funktion, Timecode-Integration, Player-Vernetzung und vollständiger MIDI- & HID-Unterstützung punkten können – aber letztlich zum Teil auch deutlich mehr Kohle für ihre Gerätschaft und deren Zusatzangebote verlangen, als der Gemini im Doppelpack mit einem Mixer kostet. Daher kann ich dem Kandidaten einen echt attraktiven Preis attestieren.