Praxis
Cross DJ LE
Womit beginnt ein DJ-Mix in der Regel? Richtig! Mit der Musikauswahl. Und da zeigt sich Mixvibes ganz groß. Cross spielt AIFF, WAV, MP3, FLAC, M4A und OGG ab. Es kann mit Playlisten, Cover-Art, skalierbarer Optik, Tag-Editor, File-Explorer und iTunes-Tab aufwarten, womit alle nötigen Bordmittel zur professionellen Verwaltung einer Musik-Sammlung zugegen wären. Darüber hinaus stehen dem Anwender ein Bewertungssystem, Tonart-Codes, Kommentarfelder und eine inkrementelle Suchfunktion zur Seite. Cross beinhaltet ferner eine Autoplay-Funktion und eine Prepare-Liste zur Vorbereitung eines Sets. Wird ein Titel aus iTunes abgespielt, landet er automatisch in der Collection und kann dort gegebenenfalls editiert werden (Tags, BPM, Grid, etc.). Auf der rechten Seite ist obendrein ein Vorhördeck implementiert, welches über die Preview-Taste auch von der Hardware aus eingeschaltet werden kann, sodass ich trotz zweier laufender Decks in Ruhe nach einem dem Folgetitel suchen kann. Prima. Der Aufbau orientiert sich am Industriestandard: Oben sind die Decks mit BPM-, Titel- und Tempoinformationen, Cue-Punkten und Loops sowie einer skalierbaren Wellenauschnittsbetrachtung und einer Click-sensitiven Übersicht beheimatet. Dann folgen Sampler und Library. Wie im echten Leben sitzt das Mischpult in der Mitte. Cross LE heizt mit satten vier Audiokanälen ein, zwei davon können Sample Decks zugeordnet werden. Ferner ist die Software mit einem Session-Rekorder ausgestattet, so dass der Deejay seinen Mix für die Ewigkeit festhalten kann. Das ist sonst meist nur den Vollversionen vorbehalten und verdient ein Extralob.
First-Mix: Zusammenspiel zwischen Soft- und Hardware
Mit dem Encoder durchfahre ich Playlisten oder den Tree, doch zu meinem Unmut ist kein adäquater Fokuswechsel möglich, was an der MIDI-Steuerdatei liegt. Ärgerlich, da diese nicht rekonfigurierbar ist. Der Griff zur Tastatur oder Maus ist sozusagen „vorprogrammiert“. Eine zusätzliche Shift-Taste (!) könnte hier im Übrigen – ohne große Verwirrung zu stiften – in mehrfacher Hinsicht Wunder wirken, liebe Produktplaner. Mit den Load-Buttons gelangen die Musikstücke in die Decks. Titel werden on-the-fly berechnet, sobald sie im Player landen. Der Musikbestand auf der Festplatte lässt sich alternativ mit einem Rutsch in die Cross-Bibliothek importieren und analysieren, was ich sehr komfortabel finde (je nach Datenvolumen benötigt die Software natürlich eine gewisse Zeit, um die Sammlung auf Tempo, Tags, Peaks und Beats zu untersuchen). Jedoch fehlt mir ein rekursiver Import, der die Ordnerstrukturen der übergeordneten Partitionen oder Verzeichnisse berücksichtigt. Der Song startet mit einem Tastenhieb auf den beleuchteten Play-Button, der Zweite lässt sich nach dem Einstarten auf dem Kopfhörer „cuen“ und per Sync-Button automatisch im Takt und Tempo zum Hauptdeck angleichen, wenn die Softwareanalyse exakt ist. Das klappt gut. Alternativ kann ich das Tempo mit den Pitch-Reglern bei etwa zwei Zehnteln Genauigkeit nach Gehör einstellen (120 BPM +/-8) und den nachfolgenden Titel mit den Tellern in den Takt schubsen. Auch kein Problem. Ein Tap-Button zum Einklopfen des Tempos von der Konsole aus fehlt zwar, aber für den Einstieg reicht das Gebotene. Wenn die Tracks im Gleichschritt galoppieren, noch ein wenig an den EQs geschraubt, von denen ich mir ein wenig mehr Feingefühl erhofft hätte, und mit dem Crossfader übergeblendet. Soweit, so gut. Doch der (ohnehin etwa lockere) CF reagiert erst nach fast zwei Teilstrichen, was ihn leider, selbst wenn ich die Curve in den Software-Einstellungen ändere, für Scratch-Einlagen disqualifiziert und sich natürlich grundsätzlich auch auf das Ineinanderblenden auswirkt. Hier hätte ein wenig mehr Qualitätsanspruch nicht geschadet. Dennoch kommt ein wenig Spielfreude auf, denn die Handhabung der Konsole ist schnell erlernt, Cross-LE ist für eine Beipacknummer echt klasse ausgestattet und die Hardware läuft mit den von Haus aus eingestellten 5,3 Millisekunden stabil und frei von Audiofehlern mit der Software zusammen. Auch die Software-Effekte verdienen ein Lob. Über zehn von der Hardware steuer- und auswechselbare Algorithmen sind mit an Bord, die solide klingen und zudem einsteigerfreundlich parametrisiert sind. Der Loop-Roll lässt die fehlenden Auto-Loops „fast“ vergessen, ist aber im Mix mit einem zweiten Titel mit Vorsicht zu genießen.
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Klang
Bei einem Preis von knapp 150 Euro darf man natürlich keine Wunder erwarten, aber meiner persönlichen Meinung nach hat Gemini hier in Anbetracht der Zielgruppe und Preisklasse unterm Strich recht ordentliche Arbeit geleistet. Der Master-Ausgang liefert ein ziemlich ausgewogenes Klangbild und der Kopfhörerausgang ist für den angestrebten Verwendungszweck laut genug. Schade, dass die Lautstärkeregler für den Kopfhörer und dem etwas dumpf klingenden Mikrofonweg so fummelig klein geraten sind, was Partykeller-Aktivisten aber nicht unbedingt abschrecken sollte.
Viel ärgerlicher ist da schon, dass sich der Kopfhöreranschluss am Testmodell bereits am ersten Tag löste und ins Innere der Konsole verschwand, daher musste ich in der Annahme, dass es sich im ein Montagsmodell handelt, erst einmal Ersatz anfordern. Doch auch hier erweist sich die Buchse als nicht genügend widerstandsfähig.
Ich kann es drehen und wenden, wie ich will: In meinen Augen ist der Firstmix nicht für fortgeschrittene Anwender konzipiert und auch Einsteiger werden mit steigendem Anspruch schnell an ihre Grenzen kommen. Wer schon Erfahrung hat und mehr als einen kleinen Ausflug ins DJ-Handwerk plant, ist gut beraten, gleich etwas tiefer in die Geldbörse und zu einem umfangreicher ausgestatteten Modell zu greifen. So finden sich z.B. in Geminis Portfolio neben dem kleinen Bruder Firstmix (ohne Interface) unter anderem die Steuerkonsolen CTRL-One, CTRL-Two, CTRL-Six oder CTRL-7, die unterm Strich eine qualitativ hochwertigere Gegenleistung für die Investition bieten. Musikliebhaber, die ihren Freundeskreis schon immer mal mit einer selbstgemixten CD beglücken wollten, aber ansonsten keine Ambitionen zum DJ haben, sehe ich da schon eher als potenzielle Kunden. So ein Firstmix I/O lässt sich nämlich prima in einer Schublade verstauen, bei Bedarf hervorkramen und loslegen, ohne dass zuvor noch eine aufwendige Verkabelung mit einem Interface ansteht, das dann auch noch einen weiteren USB-Port am Notebook einfordert und den Kabelsalat auf dem Schreibtisch erhöht. Auch kann einem der Firstmix (er ist ja USB-bestromt) ohne Weiteres eine längere Bahnreise vertreiben. Abzuwarten bleibt jedoch, ob Gemini das Problem der Kopfhörerbuchse in den Griff bekommt, daher kann ich das Gerät aktuell nur sehr bedingt empfehlen – auch, weil es in diesem Preissegment durchaus robustere Alternativen gibt.