Vergleich
Die Sounds
Wenn ein Hersteller ein günstiges Keyboard baut, geht er meistens so vor: Aus einem Fundus von Klängen, die ursprünglich für höherklassige Modelle geschaffen wurden – gern auch in zurückliegenden Gerätegenerationen – werden Sounds ausgewählt und so reduziert, dass sie in den kleineren Speicher des Einsteigermodells passen. Das kann bedeuten, dass die Klänge mono statt stereo sind, oder zum Beispiel mit kürzeren Ausklingzeiten oder Sample-Loops gearbeitet wird. Das Ergebnis sind Sounds, die deutlich weniger realistisch klingen als in den Spitzenmodellen. Leider scheint gerade im Einsteigerbereich das Credo „Masse statt Klasse“ zu gelten: Auch die günstigsten Keyboards protzen mit Hunderten von Sounds, nur dass diese dann eben klanglich meist eher enttäuschen.
Die „größeren“ Modelle bieten einige Sounds, die sich dank unterschiedlicher Samples für verschiedene Anschlagstärken dynamischer spielen lassen. Das sorgt für ein wesentlich realistischeres Spielgefühl. Neben besseren Grundsounds verfügen sie auch über mehr Möglichkeiten, aus den Sounds noch etwas „herauszukitzeln“. Dazu zählen die Effekte wie Hall oder Chorus, aber auch der Zugriff auf Elemente der Klangerzeugung selbst, wie zum Beispiel Filter oder Hüllkurven. So kann man kreativ an Klängen herumbasteln und sie dem persönlichen Geschmack anpassen.
Beispielhaft vergleichen wir die E-Piano-Klänge der sechs getesteten Modelle:
Es ist deutlich zu hören, dass die Sounds bei den günstigsten Modellen flacher und weniger ausdrucksstark klingen, obwohl es sich in vielen Fällen um den gleichen Ausgangsklang wie bei den großen Geschwistern handelt.
Die Rhythmen
Auch bei den Rhythmen ist bei den verschiedenen Kandidaten das Recycling-Prinzip zu beobachten. Die Einsteigergeräte enthalten meist „abgespeckte“ Versionen von Rhythmen, die ursprünglich aus höherklassigen Keyboards stammen und für diese programmiert wurden. Dann werden die Rhythmen etwas angepasst, damit sie mit dem reduzierten Klangangebot der kleinen Modelle funktionieren. Dadurch ergeben sich teils gravierende Klangunterschiede, obwohl es sich im Prinzip um die gleichen Patterns handelt. Besonders die Drumsounds machen eine Menge aus: Während die Spitzenmodelle zahlreiche spezialisierte Drumkits für verschiedene Stile bieten, müssen die Rhythmusprogrammierer bei den günstigen Geräten mit wenigen Standard-Trommeln auskommen. Vor allem bei modernen, Dance-orientierten Rhythmen fällt das Ergebnis dann meist nicht so überzeugend aus. Aber auch die anderen Klänge wie Gitarren, Bässe und Bläser tragen erheblich zum Gesamtsound eines Styles bei.
Beispiel gefällig? In den nächsten Klangbeispielen ist der Big-Band-Rhythmus der drei getesteten Yamaha-Modelle zu hören. Wie unschwer zu erkennen ist, handelt es sich um ein und denselben Style – und trotzdem ist der Unterschied frappierend.
Auch bei Casio wird so vorgegangen. Die günstigen CTK-2200 und CTK-3200, deren Rhythmen identisch sind, bedienen sich ungeniert bei den Styles des größeren CTK-4200. Heraus kommt dennoch etwas völlig anderes.
Für dich ausgesucht
Die realistischeren Klänge der größeren Modelle machen sich also nicht nur beim Spiel auf der Tastatur positiv bemerkbar, sondern sorgen auch für deutlich besser und runder klingende Begleitrhythmen.
Was die Ausstattung der Rhythmen angeht, sind alle Kandidaten vergleichbar. Die Rhythmen bieten zwei Variationen mit unterschiedlicher Intensität, zwei Fill-Ins sowie je ein Intro und ein Ending. Auch eine Sync Start-Funktion, die den Rhythmus beim Spielen auf der Tastatur startet, ist bei allen Geräten vorhanden. Das Yamaha PSR-E433 bietet zusätzlich auch eine Sync Stop-Option. Die beiden Hersteller verfolgen allerdings unterschiedliche Ansätze bezüglich der Fill-Ins und des Wechsels der Variationen. Bei Casio muss man zwei Knöpfe drücken, um ein Fill-In einzufügen und zur anderen Variation zu wechseln. Dafür ist es auch möglich, ein Fill-In ohne Variationswechsel zu erzeugen. Das geht bei Yamaha leider nicht, wo aber wiederum der Variationswechsel mit gleichzeitigem Fill einfacher ist, weil man dafür nur einmal drücken muss.
Die Tastatur
Logisch, dass es auch bei der „Hardware“ zum Teil deutliche Unterschiede zwischen den günstigsten Modellen und ihren größeren Geschwistern gibt. Soviel vorweg: Eine Tastatur, die einem Klavier auch nur ansatzweise nahe kommt und damit für den Klavierunterricht taugt, besitzt keines der hier getesteten Keyboards. Wer richtig Klavier spielen lernen möchte, mit der richtigen Technik und dem authentischen Spielgefühl, sollte stattdessen lieber in ein Digitalpiano investieren. Bei einer Keyboardtastatur geht es vor allem darum, bei möglichst vielen verschiedenen Sounds ein akzeptables Gefühl zu erreichen. Für einen Klaviersound bräuchte man eigentlich eine gewichtete Tastatur mit Hammermechanik, während für einen Orgelklang eine leichtgängige Plastiktastatur das Optimum ist. Das Ergebnis ist also immer ein Kompromiss, den die Probanden unterschiedlich gut hinbekommen.
Die beiden günstigsten getesteten Keyboards, das Yamaha PSR-E233 und das Casio CTK-2200, bieten keine Anschlagdynamik. Diese stellt jedoch in meinen Augen eine Minimalanforderung an eine Tastatur dar. Auch Anfänger werden schnell merken, dass die Ausdrucksmöglichkeiten ohne Anschlagdynamik sehr begrenzt sind, und sich bald mehr wünschen. Daher empfehle ich unbedingt, von Anfang an in eines der Modelle mit Anschlagdynamik zu investieren, die ja zum Glück auch nicht viel mehr kosten.
Das Spielgefühl ist eine Geschmacksfrage. Im Test gefielen mir die Yamaha-Tastaturen etwas besser, weil sie sich meines Erachtens noch etwas feinfühliger bedienen lassen. Gut möglich, dass jemand anders zu einer genau gegensätzlichen Feststellung kommt. Da hilft nur Ausprobieren. Fest steht aber: Alle getesteten Modelle mit Anschlagdynamik haben Klaviaturen, die der Preisklasse und den klanglichen Möglichkeiten der Keyboards angemessen sind.
Von den Testkandidaten besitzen nur zwei ein Pitch-Bend-Rad: das Casio CTK-3200 und das Yamaha PSR-E433. Dass bei Casio ausgerechnet das mittlere Modell eines hat, das größte aber nicht, verwundert etwas. Ein Pitch-Bend-Rad ermöglicht stufenlose Tonhöhenveränderungen, die bei bestimmten Klängen (Bläser, Synths) eine realistischere Darbietung ermöglichen. Ein wirklich essentielles Kriterium ist sein Vorhandensein in meinen Augen in dieser Preisklasse aber nicht.
Die Lautsprecher
Die eingebauten Lautsprecher sind zu einem nicht unerheblichen Teil für den Klang des Keyboards verantwortlich. Sind sie schlecht, könnten die Sounds und Rhythmen noch so gut sein und würden trotzdem pappig klingen. Hier gibt es zum Teil deutliche Unterschiede zwischen den Kandidaten. In der Budget-Klasse bleiben die Lautsprecher der beiden Casio-Modelle CTK-2200 und CTK-3200 leider etwas hinter denen des Yamaha PSR-E233 zurück. Die Yamaha-Speaker klingen runder, druckvoller und sauberer, vor allem bei hohen Lautstärken. Bei den darüber positionierten Modellen sind die Unterschiede nicht mehr ganz so groß, das Yamaha PSR-E333 und das Casio CTK-4200 liegen mit ihren Speakern etwa gleichauf. Konkurrenzlos sind die Lautsprecher des Yamaha PSR-E433, dessen Zweiwege-Systeme alle anderen Mitbewerber deklassieren.
Die Anschlüsse
Bei den rückseitigen Anschlüssen sind sich die sechs getesteten Keyboards recht ähnlich – mit einigen wichtigen Ausnahmen. Alle bieten einen Stereo-Kopfhörerausgang, über den sie sich auch an eine Stereoanlage oder ein Mischpult anschließen lassen. Dafür benötigt man unter Umständen ein sogenanntes Y-Kabel. Für den Bühneneinsatz ist diese Lösung nicht optimal – dafür wäre ein separates Stereo-Ausgangspaar besser, das aber keines der Keyboards hat. Die drei Casio-Modelle besitzen zusätzlich einen Audioeingang, an den man zum Beispiel einen Audioplayer oder ein weiteres Keyboard anschließen kann, um das Signal über die Lautsprecher des Keyboards abzuhören. Die Ausstattung dieses Eingangs ist jedoch sehr rudimentär: es gibt noch nicht einmal eine Möglichkeit, den Eingangspegel zu regulieren.
Ein Anschluss für ein Sustain-Pedal ist bei allen Modellen vorhanden. Die Casio-Keyboards bieten die Möglichkeit, mit dem Pedal anstelle von Sustain auch weitere Funktionen zu steuern, wie zum Beispiel die Start-Stopp-Befehle der Begleitautomatik. Auch ein USB-Anschluss zur Verbindung des Keyboards mit einem Computer ist bei allen Modellen eingebaut. Die Ausnahme bildet das Yamaha PSR-E233, das stattdessen gewöhnliche MIDI-Buchsen besitzt. Über USB oder MIDI lassen sich die Keyboards zur Steuerung einer Musiksoftware auf dem Rechner und zum Abspielen von MIDI-Files einsetzen. Zusätzlich ist es bei einigen Modellen möglich, weitere Rhythmen und Songs in den Speicher des Keyboards zu laden – das funktioniert über die MIDI-Buchsen des PSR-E233 aber natürlich nicht. Das Yamaha PSR-E433 hat als einziges getestetes Keyboard einen zweiten USB-Anschluss für einen Speicherstick. Darauf lassen sich die User-Daten (aufgenommene Songs, Registrierungen etc.) archivieren.
Recorder
Hat man beim Spielen eine gute Idee, möchte man sie für die Nachwelt festhalten. Dafür besitzen einige der Keyboards eine integrierte Aufnahmefunktion, die je nach Modell sehr unterschiedlich ausgestattet ist. Das Casio CTK-2200 und CTK-3200 sowie das Yamaha PSR-E233 haben überhaupt keinen Recorder. Das Yamaha PSR-E333 bietet eine Aufnahmefunktion, die bis zu fünf Songs mit je zwei Spuren speichern kann. Am besten ausgestattet sind das Casio CTK-4200 und das Yamaha PSR-E433, deren Recorder mit sechs Spuren und bis zu zehn Songs für ausgedehnte Kompositionen taugen.
Weitere Funktionen
Möchte man live spielen, ist es wichtig, schnell von einem Song zum nächsten umschalten zu können. Bis vom Rhythmus über das Tempo bis hin zu den Sounds alles richtig eingestellt ist, vergeht sonst einige Zeit, und das Publikum wird ungeduldig. Dafür bieten das Casio CTK-4200 und das Yamaha PSR-E433 die Möglichkeit, bis zu 32 Registrierungen abzuspeichern. So genügt ein Knopfdruck, und alles ist für den nächsten Titel richtig eingestellt. Die kleineren Modelle haben diese Funktion leider nicht.
Alle getesteten Casio-Keyboards besitzen eine Sampling-Funktion, mit der man selbst Sounds vom Audioeingang aufnehmen kann. Beim CTK-2200 und CTK-3200 beträgt die maximale Sampling-Zeit eine magere Sekunde. Beim CTK-4200 sind es zehn Sekunden – damit kann man schon einiges anfangen. Gesampelte Sounds lassen sich wie normale Tones auf der Tastatur spielen. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, gesampelte Schlagzeugsounds in den internen Rhythmen zu verwenden. Näheres dazu erfahrt ihr in den einzelnen Testberichten. Letztlich bleibt die Funktion auch beim CTK-4200 jedoch eine nette Spielerei, weil die Sampling-Qualität nicht überzeugen kann und überdies ein Mikrofoneingang fehlt.
we36 sagt:
#1 - 28.11.2012 um 19:47 Uhr
Der ausführliche Test/Beratung hat mir sehr geholfen. Vielen Dank - we36
Manfred Moeller sagt:
#2 - 09.12.2012 um 12:06 Uhr
Prima, sehr hilfreich, vielen Dank!
Harry sagt:
#3 - 31.12.2012 um 18:53 Uhr
Hier hat man sich viel Arbeit und sehr viel Gedanken gemacht! Einfach SUPER
Von mir die volle Punktzahl für diesen Test!!!!!
eternity sagt:
#4 - 12.09.2013 um 11:39 Uhr
super Test, danke für die Mühe!
Buster sagt:
#5 - 21.04.2014 um 13:39 Uhr
Vielen Dank, das war sehr Hilfreich, habe mir das neue PSR-E443 vorbestellt.