Zusammen mit Mastermind Tom Oberheim stellt der Retro-Gear-Spezialist GForce den Oberheim SEM vor. Dieser monophone Synthesizer entspricht sozusagen einem Achtel des GForce OB-E. Dies ist die schon seit einiger Zeit erhältliche polyphone Version (Oberheim Eight Voice). Neben dem GForce SEM finden sich weitere Emulationen der frühen Oberheim-Synthesizer. Schon gewusst? Auf Bonedo gibt es den Vergleich aller Soft-Synths auf SEM-Basis. Sie holen den Oberheim SEM und Eight Voice ins virtuelle Studio. Die Originale sind noch vor den bekannteren Modellen der OB-Serie („Jump-Sound“) erschienen.
SEM meint „Synthesizer Expander Module“. Tom Oberheim veröffentlichte 1974 diese kleine analoge Synthesizer-Box und schuf daraus die ersten multi-timbralen Synthesizer Oberheim Two Voice, Four Voice und Eight Voice. Der Synthbass im Weather Report-Klassiker „Birdland” (1975) von Joe Zawinul ist historisch eines der prominentesten Soundbeispiele. Fun Fact: Tom Oberheim und der schon verstorbene Joe Zawinul haben am gleichen Tag Geburtstag (7. Juli) – das kann kein Zufall sein.
Der GForce Oberheim SEM erhebt den Anspruch, dem originalen Sound des Vintage-Synths extrem nahe zu kommen. Eine wesentliche Rolle spielt dabei das Multimode-Filter. Es bietet mehr klangliche Flexibilität als die Tiefpass-Kaskade beim Minimoog. Wie das konkret bei einem Arpeggio klingt, demonstriert das erste Soundbeispiel. Hier blenden wir stufenlos zwischen den Filtertypen (Tiefpass, Bandsperre, Bandpass).
Details und Praxis
Oberfläche: vom Original übernommen
Das Front Panel ist farblich sowie mit Knöpfen und Schaltern dem historischen Synthesizer Expander Module nachempfunden. Linksseitig gibt es Abweichungen, so findet man hier etwa einen neuen Arpeggiator/Sequencer oder die Regler für Delay- und Hall-Effekt. Beim Original ist hier ein Patch Panel für Steckverbindungen, wofür GForce teilweise auf dem Rear Panel Alternativen bietet.
Die Rückseite des GForce Oberheim SEM bietet Ergänzungen: VCO 3 und eine Effektsektion. Eher ungewöhnlich ist die Option, mehrfach per Velocity und Druckdynamik modulieren zu können. So lassen sich etwa der Filtermode oder auch die Pulsbreite dynamisch modulieren, was zu lebendigen Klängen führt.
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Ehrlich, die Benutzeroberfläche sieht eher langweilig aus, ist zum Programmieren von Sounds aber sehr angenehm. Fast immer wird man Front und Rear Panel gleichzeitig auf dem GUI haben, was sehr praktisch ist.
Wie klingt der GForce Oberheim SEM?
Exzellent! Bässe, Leads, Arpeggios und Sequencen liefert der Oberheim SEM sehr eigenständig. Sein Klang lässt sich als edel, sanftmütig und modulativ charakterisieren. Eine Crossmodulation mit dem Filter und eine Synchronisation der beiden ersten Oszillationen sind möglich. Dennoch, richtig brettharte und raue Sounds sind nicht das Metier des Oberheim SEM. Dies offenbaren die über 400 mitgelieferten Klänge, auch wenn manche davon deftiger zupacken.
Die Library zeigt sich retro-lastig. Der Oberheim SEM ist aber auch für aktuelle Spielarten offen – man muss es wollen und selbst am Panel umsetzen. Wie auch immer, GForce packt die besten 50 Presets als „Alpha Patches“ zusammen. Einige dieser repräsentativen Sounds zeigen die Audio-Demos.
Und das Spielgefühl? Beim Anspielen der Factory Patches liegt das Modulationsrad brach. Filter und andere Parameter lassen sich per Aftertouch steuern. Dies ist umständlich. Arpeggio-Noten spielen und gleichzeitig per Aftertouch das Filter sweepen lassen klappt selten. Man braucht sowieso eine Tastatur mit einer guten Umsetzung der Druckdynamik.
Lässt sich der Oberheim SEM gut bedienen?
Es ist kein Minimoog mit einer sehr klaren und bekannten Struktur aus Oszillator, Filter und Mixer. Auf dem Panel des GForce Oberheim SEM muss sich der OB-Novize schon ein wenig einfinden. Presets dudeln ist nur Warm-up, aktiv werden lohnt sich. Wie aber könnte der persönliche Start mit dem GForce Oberheim SEM ausschauen? In jedem Fall sollte der Sequencer ausprobiert werden.
Von Ambient bis Techno lassen sich überraschend schnell brauchbare Phrasen erstellen. Man stellt den Sequencer scharf, spielt über die Midi-Tastatur nacheinander bis zu 32 Noten ein, setzt hier und da eine Pause und lässt die beliebige Notenfolgen abspielen. Bei der Eingabe erkennt der GForce Oberheim SEM auch die jeweiligen Anschlagstärken. Tipp: Die Noten unterschiedlich stark anschlagen, mit dem Velocity-Parameter auf dem Rear Panel herumspielen und ein wenig Delay-FX hinzugeben – auf dem Synth entstehen plötzlich musikalische Ideen. Die Effekte sind durchaus brauchbar. Man wird sie aber während der Produktion durch bessere FX-Plugins der DAW ersetzen.
Zu welchen Ergebnissen kommt man, wenn der erfahrene User genüsslich während einer Kaffeepause an Sequencer-Phrasen werkelt? Wir haben es probiert und zeigen schließlich zwei selbst erstellte Patches. Natürlich lassen wir dabei noch einmal das Multimode-Filter des GForce Oberheim SEM glänzen.
Was sollte verbessert werden?
Eigentlich nichts. Der Oberheim SEM bleibt in allen Belangen dicht an der originalen Box der 70er Jahre – und das ist gut so. Die Aftertouch-Steuerung sollte sich alternativ per Modulationsrad erledigen lassen. Eine User Library für Sequencer Patterns wäre ebenso nützlich. So könnte man Phrasen schnell mit verschiedenen Klängen ausprobieren. Vielleicht überrascht GForce auch noch mit einem verlockend günstigen Upgrade auf den OB-E v2?
Fazit
Wer perfekte Abwechslung zum emulierten Minimoog sucht, bekommt sie mit dem kleinen feinen Synth von GForce. Der Oberheim SEM macht viel Spaß und klingt sehr authentisch. Seine charmante Filtersektion ist klasse. Sie gibt einen klaren Anreiz beim Klangschrauben. Dank skalierbaren GUIs liegt das Plugin stets passend auf dem Schirm. Ernste Konkurrenz gibt’s kaum – bis auf eine Ausnahme: Plugin Alliance bx_oberhausen, der aber regulär deutlich mehr kostet und auch ein größeres Effekt-Aufgebot hat.
Und der Preis bei GForce? Fast schon unverschämt. Bis 31. Juli läuft der Software Deal. Bei rund 40 Euro überlegt kein Synthesizer-Fan zweimal. Also, zuschlagen und einen wahren Meilenstein der Synthesizergeschichte in der eigenen DAW erleben. Falls es mehr sein darf: Der große Bruder GForce OB-E v2 ist sounddaten-kompatibel und enthält quasi acht einzelne Oberheim-Module.
- authentischer Sound
- einfache Bedienung
- viele gute Presets
- günstiger Preis
- kompatibel mit G-Force OB-E v2
- keine
Features
- GForce Oberheim SEM
- Emulation des gleichnamigen Synthesizer (Model SEM-1), 1974 von Tom Oberheim veröffentlicht.
- Einstimmige Klangerzeugung, berühmtes Multimode-Filter, ergänzt um einen dritten Oszillator
- Weitere Extras: Sequencer, Arpeggiator, Effektsektion aus Stereo-Delay und Hall
- Über 400 Werksklänge
- Läuft ab Ab Windows 7 bzw. Mac OS X ab 10.14 als Plugin und Standalone.
- Aktueller Straßenpreis 41 EUR (Stand 15.07.2022), regulär 69 EUR
Wellenstrom sagt:
#1 - 16.07.2022 um 13:42 Uhr
Kann den positiven Testeindruck bestätigen. Hatte kurz nach Erwerb gleich 'nen Track damit fertig. 2 Instanzen mit dem Synth brachten die Fülle, die es brauchte. Viel mehr war gar nicht nötig. Klingt Fett und die Arpeggios perlen mit dem virtuellen Teil, dass es eine Freude ist.
Matthias Sauer sagt:
#1.1 - 16.07.2022 um 15:49 Uhr
Das Ding ist einfach klasse 😅
Antwort auf #1 von Wellenstrom
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