Praxis
Man verbindet die Marke Gibson, vorrangig bedingt durch ihre Gitarren, traditionell mit dem Attribut „edel“. Das erzeugt eine Grunderwartungshaltung, die nicht immer von Vorteil ist. Edel wirkt der EB14 nämlich nicht, wenn man ihn in die Hand nimmt und inspiziert. Nun kann man bei einem Instrument in der vorliegenden Preisklasse kein Edelbasswunder erwarten, aber es geht um die Balance zwischen dem, wofür der Name Gibson steht und dem, was man gerade in den Händen hält. Es ist nicht so leicht zu beschreiben, woran man ein subjektives Gefühl festmacht. Im Fall des mir vorliegenden Testinstrumentes scheint eigentlich alles in Ordnung zu sein. Ich sehe gute Verarbeitung, keine visuell wahrnehmbaren Mängel und doch „fühlt“ sich der Bass irgendwie nicht edel an und er sieht auch nicht edel aus. Es ist eine Mischung aus Haptik und Optik. Die matte Korpuslackierung, wie sie dieser Tage recht populär ist, in Verbindung mit der eigentlich schönen, reliefartigen Oberflächenstruktur des Korpusholzes wirkt ein wenig nach Schnellverarbeitung. Das grundsätzlich überaus positiv zu bewertende geringe Gewicht fällt so derart ungewohnt niedrig aus, dass man schon fast unfairerweise das Gefühl bekommt, als wäre etwas nicht in Ordnung. Ich rede hier ausschließlich von „Gefühlen“ – und die können bekanntlich sehr individuell sein und auch schon mal täuschen.
Hängt man sich ein Instrument zum ersten Mal um den Hals, dann dreht wohl jeder reflexartig auch an den Reglern und wenn man dazu noch weiß, dass sich dort zwei Push-/Pull-Potis verbergen, will man natürlich sofort deren Wirkung auf den Sound kennen. So war auch das Erste, was mir beim Schnelleinstieg in diesen Test passierte, der Umstand, dass ich den Potiknopf für die Halstonabnehmer-Lautstärke in der Hand hielt. Dabei war ich noch äußerst sanft und sensibel zur Sache gegangen, auf der Bühne geht es da wesentlich rauer zu. Eigentlich sollte für gewöhnlich eine Endkontrolle solche unnötigen Peinlichkeiten vermeiden, und zwar, bevor die Ware das Haus verlässt. Bemerkenswert, dass man trotzdem im Koffer des EB14 eine lange Endkontroll-Checkliste findet, mit vielen Häkchen und Unterschriften versehen. Nach meiner Erfahrung sollte noch ein Punkt hinzugefügt werden: „Nicht nur am Knopf drehen, sondern auch ziehen“. Bei einem Bass für 100 Euro hätte ich jetzt gesagt, „was soll‘s“, bei einem Bass in der tausender Klasse darf man jedoch etwas pingeliger sein.
Erst einmal trocken angespielt fällt mir beim Spielen der G-Saite eine schnarrende Resonanz auf. Nach kurzer Untersuchung lokalisiert sich das Problem an der Brücke, hervorgerufen durch eine nicht fest angezogene Schraube, die das Verschieben des Reiterchens verhindern soll. Wiederum ein Makel, den man nicht der Qualität des Basses anlasten kann, wohl aber der Sorgfältigkeit in der Kontrolle vor Auslieferung. Die Saitenlage ist ab Werk etwas höher eingestellt als ich es normalerweise bevorzuge, bietet aber immer noch ausreichend Spielkomfort. Der Vorteil ist, dass man absolut kein Schnarren oder Scheppern hört, selbst bei harter Spielweise nicht. Ich habe mich deshalb entschieden, an der Grundeinstellung nichts zu ändern. Im Sitzen liegt der Bass hervorragend am Körper und die Schwerpunktverteilung ist sehr gut. Am Gurt hängend tritt eine leichte, aber nicht allzu fordernde Kopflastigkeit hervor, zum einen bedingt durch den extrem leichten Korpus, zum anderen durch die überdimensional große Kopfplatte, die den Halsschwerpunkt unweigerlich etwas weiter nach außen verlagert. Andererseits ist genau diese Kopfplatte eben eine klassische Gibson Kopfplatte – man wollte offensichtlich nicht mit allen Traditionen brechen.
Spielen lässt sich der EB14 recht komfortabel. In der Position der Anschlaghand über dem Stegtonabnehmer fühlt er ich etwas weniger geschmeidig an als über dem Halstonabnehmer. Die Saitenspannung erscheint relativ straff – wie bereits erwähnt, ist dafür Schnarren Fehlanzeige. Der Ton klingt absolut sauber, es seid denn, man selbst spielt unsauber. Durch die zwei Tonabnehmer und die Möglichkeit, diese jeweils als Humbucker oder Singlecoil zu schalten, ergeben sich insgesamt acht Kombinationsmöglichkeiten, dazu kommen noch Zwischenabstufungen, wenn man mittels Lautstärkeregler die Tonabnehmer unterschiedlich miteinander mischt. Diese Zwischenmöglichkeiten wirken aber meines Erachtens eher minimal. Die Balance zwischen den Humbucker-und Singlecoil-Schaltungen ist gut abgestimmt, man erlebt weder Lautstärkesprünge noch massive Nebengeräusche beim Schaltvorgang.
Hören wir also mal rein:
Dreht man die passive Tonblende zu 80% zu, erhält man mit beiden Tonabnehmern zusammen einen schönen, runden Motown-Sound:
Auf perkussive Spielweise mit Deadnotes reagiert der EB14 sehr dynamisch, das heißt, man kann die perkussiven Elemente gut hervorheben. Hier gefällt mir das Soundverhalten außerordentlich gut, wobei ich die Singlecoil-Varianten in puncto Klarheit und Definition favorisiere:
Eine große Stärke des EB14 ist für mich das Klangverhalten und die Bespielbarkeit mit dem Plektrum. So, wie der Bass am Körper hängt, und so, wie die Saiten über die Tonabnehmer laufen, nämlich etwas höher als bei vergleichbaren Bässen, ergibt sich für den Pickbetrieb ein sehr komfortables Spielgefühl. Man kann diesen Bass sprichwörtlich treten, also mit einem sehr harten Anschlag bearbeiten und er bleibt stets kontrolliert im Sound. Eine Eigenschaft, die ich auch der höheren Saitenspannung zuschreibe, die mitunter ein Resultat der langen Kopfplatte ist, die ich ursprünglich kritisiert habe:
Für dich ausgesucht
Auch im Slapbereich macht der EB14 eine gute Figur, allerdings muss man sich hier erst einmal eingewöhnen, denn sowohl der Saitenabstand als auch die Saitenhöhe über dem Korpus entsprechen nicht den optimalen Bedingungen für Daumen- und Poppgewitter.
Sven sagt:
#1 - 30.05.2014 um 11:56 Uhr
Ein wirklich schöner Bass und ein toller, ausführlicher Test! +1