Praxis
Wer mit einer Flying V liebäugelt, weiß natürlich, dass sich diese Gitarre im Sitzen nicht ganz so komfortabel spielen lässt wie beispielsweise Les Pauls, Strat-Style-Gitarren – oder auch einer Explorer. Für Abhilfe sorgt ein Gurt, oder man klemmt sich die Gitarre zwischen die Beine.
Wie unterschiedlich das von Gibson “Slim Taper” genannte Halsprofil ausfallen kann, wird beim direkten Vergleich der beiden Instrumente deutlich. Der Hals der Flying V fällt definitiv massiger und dicker aus als der der Explorer, deren Hals im Vergleich einen modernen und somit schmaleren Zuschnitt hat.
Trocken angespielt liefert die Flying V ein durchschnittlich lang anhaltendes, ausgewogenes Klangbild und sie lässt sich – vorausgesetzt, man hat die für sich richtige Position gefunden – recht komfortabel bespielen. Die Explorer besitzt etwas mehr “Fleisch” im Ton, dieser wirkt insgesamt dicker und auch mittiger.
Für die folgenden Audiofiles verwende ich einen Marshall JVM 410, der eine Universal Audio OX Box füttert, bei der ich wiederum eine Vintage 30 Box angewählt habe. Weitere Klangveränderungen vor oder nach den Aufnahmen habe ich natürlich nicht vorgenommen!
Los geht es mit dem cleanen Kanal des Marshalls und allen drei Positionen des Dreiwegschalters, beginnend mit dem Hals-Pickup. Bei allen folgenden Beispielen ist erst die Flying V zu hören, dann im direkten Vergleich die Explorer.
Der Klangeindruck, den ich ohne Amp gewonnen habe, bestätigt sich auch verstärkt. Die Explorer liefert einen leicht mittigeren, direkteren Sound in der Hals- und Stegposition, wohingegen die Flying V sich etwas zurücknimmt. Beide entlocken dem clean eingestellten Amp leichte Verzerrungen und fokussieren klanglich den Mittenbereich.
Ich schalte nun in den nächsthöheren Kanal des Marshalls und beginne wieder mit der Flying V.
Hier ist der Unterschied deutlicher zu vernehmen. Die Explorer geht aggressiver ans Werk und liefert in allen drei Positionen gute Rocksounds, die mit schönen Attacks fast schon frech erscheinen – sehr schön! Die Flying V zeigt sich hier wie schon bei den Beispielen zuvor etwas zahmer, gefällt mir aber auch gut, da sie einen schönen Vintage-Crunchsound erzeugt. Auch hier dominiert bei beiden Gitarren das Mittenbild, was natürlich für ordentlich Durchsetzung im Bandgefüge sorgt.
Wie sich die beiden mit dem High-Gain-Kanal verstehen, zeigen die folgenden Beispiele:
Hier wird der Unterschied deutlich dargestellt, denn die Explorer geht klanglich wesentlich forscher nach vorn und klingt im Vergleich zur Flying V frischer. Natürlich verdichtet sich das Klangbild, sobald der Steg-Hubmucker aktiviert wird, der jeden Attack des Plektrums mit einem satten Schmatzen quittiert. Die Flying V liefert prinzipiell ein sehr ähnliches Bild, nur eben etwas verhaltener.
Ich bleibe im selben Kanal des Amps, spiele jetzt aber ein Single-Note-Riff auf den tiefen Saiten.
Hier fällt es mir schwerer zu entscheiden, welche der beiden Kandidatinnen ihr Näschen vorn hat, zu unterschiedlich ist der Sound im Vergleich. Soll es ein eher ein vintage angehauchter Metal-Sound sein, dann würde ich zur Flying V greifen. Wenn es etwas moderner und forscher klingen soll, dann definitiv zur Explorer, die insgesamt mehr Agilität besitzt.
Natürlich darf ein Beispiel im Lead-Kanal des Marshalls auch nicht fehlen.
Für dich ausgesucht
Mir gefällt die Explorer allein schon aufgrund des für meinen Geschmack komfortableren Halsprofils und der damit einhergehenden leichteren Bespielbarkeit besser. Klanglich ist der Unterschied beim Abhören der Beispiele marginal, während des Einspielens machte es mir die Explorer aufgrund ihres etwas agileren Klanges leichter.