Die Gibson Hummingbird HCS im bonedo Test – So mancher Akustikgitarrist wäre gerne stolzer Besitzer einer alten Gitarre aus der “Goldenen Ära”, weil damit ein ganz besonderes Feeling und ein ganz besonderer Sound verbunden sind. Leider sind diese alten Instrumente, die bis etwa 1970 ohnehin nur in sehr kleinen Stückzahlen produziert wurden, inzwischen sehr rar und unerschwinglich teuer geworden. Oder sie stehen dem Markt nicht mehr zur Verfügung, weil sie von Sammlern als Kapitalanlage gehortet werden. In der freien Marktwirtschaft generiert bekanntermaßen eine Nachfrage auch ein Angebot, das in diesem Fall allerdings nicht so ohne Weiteres funktioniert, weil die alten Schätzchen nicht einfach vermehrt werden können.
Ein Grund, warum sich zum Beispiel Gibson und Martin seit geraumer Zeit unter anderem darauf verlegt haben, von ihren besten Stücken Replikate anzufertigen, die auf jeden Fall preiswerter sind und sich zumindest laut Hersteller auch sonst nicht vor dem Original verstecken müssen.
Unsere Testkandidatin trägt den schönen Namen Hummingbird, und ihr Vorbild stammt aus einer Zeit, als die Beatles in Liverpool die ersten Akkorde zusammen spielten und Elvis seinen Wehrdienst in Deutschland beendete. Wie viel vom Geist des Originals noch in dem Remake aus dem Jahr 2012 steckt, ist die große Frage.
History
1960 brachte Gibson eine Gitarre mit eckigen Schultern (Square Shoulder) unter dem Namen Hummingbird auf den Markt, die bei ihrer Markteinführung nach der J-200 die teuerste Gitarre im Line-up der Firma war. Weil sie auf Anhieb Erfolg hatte, produzierte man gleich noch eine aufgemotzte Luxusversion mit den gleichen Korpusabmessungen und dem Namen Dove. Allerdings schlug dieses Modell, dessen Korpus aus Ahorn war, nicht so ein, wie man es erhofft hatte.
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Die Hummingbird mit Mahagonikorpus wurde zwar seit 1960 bis heute ohne Unterbrechung produziert, aber ihr Erscheinungsbild wandelte sich im Laufe der Zeit erheblich. Der Paradiesvogel büßte vor allem in den 70er Jahren, als Gibson nicht einmal dem i in seinem Logo das i-Tüpfelchen gönnte, viel von seinem ursprünglichen Charme und seinen ursprünglichen Sound ein. Seit 1984 bemüht man sich mit Erfolg, dem gebeutelten Kolibri wieder die ursprüngliche charismatische Ausstrahlung und seine unwiderstehliche „Stimme“ zurückzugeben.
Details
Die Form des Resonanzkörpers erinnert an eine Dreadnought, und nicht wenige Musiker deklarierten damals wie heute die Hummingbird zur einfachen Kopie. In der Vergangenheit stellte Gibson immer wieder die Unterschiede, vor allem auch die unterschiedlichen Größenverhältnisse in den Vordergrund. Messungen zeigen, dass der Body im direkten Vergleich mit dem der Dreadnought tatsächlich größer ist. Mit einer Breite von 30,0 cm (HD-28 = 29,7 cm) am Oberbug und einer Länge von 50,5 cm (50,5 cm) sind die Unterschiede jedoch eher filigran. Lediglich am Unterbug beträgt der Unterschied mit einer Breite von 40,5 cm (HD-28 = 39,7 cm) satte 0,8 cm.
Am Hals ist die Zarge der Hummingbird geringfügig tiefer dimensioniert. Dort werden 9,8 cm (HD-28 = 9,6) gemessen, am Strapjack gibt es keine Größenunterschiede (12,2 cm). Damit wollen wir die „ewigen“ Vergleiche mit der Dreadnought aber auch ad acta legen, den Kolibri mit seinem Vorbild aus dem Jahr 1960 vergleichen und uns der weitaus wichtigeren Frage zuwenden, ob das Remake der alten Hummingbird gelungen ist.
Betrachten wir unser Remake, dann werden auf den ersten Blick zahlreiche Übereinstimmungen mit der Hummingbird von 1960/61 offenkundig. Angefangen beim verbauten Material, nämlich Siktafichte und Mahagoni, über das originelle Pickguard, die Form des Saitenhalters, das Cherry-Sunburst Finish, die doppelten Parallelogramm-Griffbretteinlagen, die Mensur u.v.m. Zu den Unterschieden, die es auch gibt, später mehr.
Doch nehmen wir erst einmal die massive Sitkafichtendecke ins Visier, denn bei der Schwingungs- und Klangentfaltung leistet sie einen entscheidenden Beitrag und auch die alte Hummingbird punktete damals mit einer solchen.
Die beiden Deckenhälften mit feingezeichneten Maserungen vermitteln hier ein (fast) symmetrisches Erscheinungsbild, die Nahtstelle in der Mitte ist schnell zu lokalisieren. Natürlich darf bei unserem Remake auch die zweifarbige Cherry-Sunburst-Lackierung nicht fehlen, immerhin ist sie ein echtes und vor allem optisches Vintage-Attribut. Zwei Farbschichten, eine deckend rote am Deckenrand und eine klare im Zentrum, werden bei diesem Verfahren kunstvoll übereinanderlegt, wobei die Übergänge fließend sind. Auch die alte Hummingbird wurde 1960 mit einer solchen Lackierung vorgestellt, aber aus verschiedenen Gründen verabschiedete sich damals schon nach kurzer Zeit die rote Farbschicht bei einigen Exemplaren (Bj. 62 – 63), sodass schließlich eine nicht unattraktiv wirkende honiggelbe Naturdecke (faded sunburst) ihr ungeschminktes Gesicht zeigte. Dieses Problem hat man aber längst im Griff.
Eine schwarz-weiß gestreifte Randeinlage verziert – wie damals – rundum diskret den Deckenrand und korrespondiert mit mehreren konzentrischen schwarzen und weißen Ringen, die das Schallloch umrunden. Letzteres hatte in den 60er Jahren noch einen geringfügig kleineren Durchmesser von 9,56 cm, eine Maßnahme, die ursprünglich den „Druck“ im unteren Frequenzbereich erhöhen sollte. Später wurde der Durchmesser jedoch vergrößert, und auch unser Remake kommt mit dem vergrößerten, 10 cm spannenden Schallloch, und das mit Recht, denn über mangelnde Reserven im Bass braucht sich unser frischgebackener Paradiesvogel keinesfalls zu beklagen.
Funkelnde bunte Einlagen aus Abalone oder Perlmutt werden – heute wie damals – nicht vermisst und können kompensiert werden, denn ein echter Hingucker ist das großflächige, einzigartige Pickguard, das der Designer Hartford Snyder damals der Hummingbird schenkte.
Aber passt ein großes Drachenflügel-Pickguard zu einem zierlichen feinsinnigen Kolibri? Dieses Thema wurde bereits in den 60er Jahren kontrovers diskutiert. Wir wollen die alten Argumente nicht mehr gegenüberstellen, denn das bunte Pickguard wird inzwischen fest mit der Geschichte (und der Decke) der Hummingbird verbunden. Unser Drachenflügel ist – wie damals – reichlich mit Blattornamenten (Farne) und Blütenkelchen verziert, und passt so wunderbar zur Flower-Power-Ära der 60er. Auf der einen Seite erkennt man außerdem einen Schmetterling und auf der anderen einen Nektar trinkenden Kolibri. Für die einen Kitsch, für die anderen großes Kino. So mancher Musiker möchte heute noch diesen Drachenflügel, als Kunstwerk eingerahmt, an seiner Wohnzimmerwand hängen sehen. Die größten Kritiker durften aber schon um 1963 aufatmen, denn Gibson montierte zu diesem Zeitpunkt auch ein kleineres Schlagbrett.
Weiter geht es mit dem Saitenhalter, einem weiteren wichtigen Bindeglied in der Übertragungskette. Der unserer aktuellen Kandidatin besteht aus indischem und nicht mehr – wie damals – aus einem Stück brasilianischem Palisander, das schon seit 1968 unter Artenschutz steht.
Was die Saitenhalter angeht, kamen schon in den 30er Jahren auffällig robuste Formen mit größeren Verleimflächen auf den Decken von Stahlsaitengitarren zum Zuge. Der breite Saitenhalter unserer Kandidatin brüstet sich mit einem „Oberbauch“ (Top-Belly). Mit diesem „Top-Belly“ konnte sich die alte Hummingbird in den frühen 60er Jahren von der ähnlich dimensionierten Dreadnought optisch absetzen, die sich zur gleichen Zeit bereits mit einem „Unterbauch“ (Bottom-Belly) im Showgeschäft etabliert hatte. Allerdings trat die Hummingbird in den Jahren 1967 und 1968 dann ebenfalls mit einem „Bottom-Belly“ in der Öffentlichkeit auf. Dabei wurde im Prinzip der gleiche Saitenhalter um 180 Grad gedreht.
Unser „Top-Belly“ beherbergt einen einteiligen längenkompensierten Knochensteg, diagonal eingelegt, um die Intonation zu optimieren. Diese Konstruktion hatte sich schon in den 30er Jahren bewährt, also zu einem Zeitpunkt, als man die Hummingbird noch gar nicht auf dem Schirm hatte. Für die B-Saite wurde erst später die „Nase“ geschaffen, die das Intonationsproblem löste und auch unserem Kolibri gutsteht. Diese Nase zeigte der Steg der alten Hummingbird aber noch nicht. Die Saiten werden aber – wie damals – per Ball-End und weißen Pins arretiert.
1960 war es ein Body aus Honduras-Mahagoni, ein Tonholz, das einen unverwechselbar warmen, weichen und tiefen Ton produzierte, der die Hummingbird berühmt machte. Unser Remake punktet auch mit einem Korpus aus leichtem, verwindungssteifem Mahagoni mit einem rötlich-braunen Farbton. Woher das Holz stammt, konnte ich leider nicht in Erfahrung bringen. Jedenfalls vermitteln die beiden gewölbten Bodenhälften ein harmonisches Spiegelbild mit attraktiv gezeichneten Maserungen. Die Nahtstelle ist gekonnt kaschiert, ein Bodenmittelstreifen wird deshalb nicht benötigt.
Weißes Binding fügt – wie damals – rundherum die Bodenhälften an die beiden Zargen und schützt die Stoßkanten vor Beschädigungen. Dazu kommt eine perfekte Hochglanzlackierung. Der Strapjack dient als Gurthalterung, eine zweite Halterung sollte der Besitzer bei Bedarf anbringen (lassen).
Ein prüfender Blick ins Innere der Gitarre bestätigt den guten äußeren Eindruck. Die Decke ist wie beim Original mit einem Single-X-Bracing unterbaut, wobei das X im Laufe der Zeit mehrmals seine Winkelmaße und seine Position änderte. Gibson versetzte mehrmals den Schnittpunkt der beiden gekreuzten Leisten. In den 60er Jahren wurde der Kreuzpunkt noch direkt am Schallloch platziert, d. h. 1,6 cm hinter der Öffnung. Leider kamen damals auch mehr Rückläufer in die Werkstatt. Um die Decke weiter zu stabilisieren, versetzte man den Schnittpunkt immer weiter nach hinten, und diese Maßnahme griff. Der Abstand beträgt nun ca. 3,5 cm.
Das Ende der „Goldenen Ära“ wurde (bei Gibson) schon im Jahr 1968 eingeläutet. Gibson produzierte in den Jahren 68 bis 70, als die Folkwelle die westliche Welt überrollte, ca. 5000 Hummingbirds. Ein vernünftiges Gleichgewicht zwischen Massenproduktion und Qualität hatte man damals aber noch nicht gefunden. 1968 verpasste man der Hummingbird auch die robusten Balken, die damals der Decke buchstäblich den Raum zum Atmen nahmen und leider auch mit einem Klangverlust einhergingen. Unser Kolibri kommt aber nun wieder mit leichteren und schmaleren (aber ziemlich tiefen) Leisten angeflogen, die auch am Deckenrand angespitzt sind, um ihr ein gesteigertes Schwingungsmoment zu belassen.
Ein wuchtiger Halsblock bildet das Herzstück im Innenraum. Dort ist auch die Batterie befestigt, die den aktiven Pre-Amp speist, ein L.R. Baggs Element Active System. Vier Querverstrebungen und eine längs angeordnete dünne Bodenmittelleiste verleihen dem Boden die nötige Stabilität. Die Reifchen, die an den Rändern der Vergrößerung der Verleimflächen von Decke und Boden dienen, sind in gleichmäßigen Abständen sauber eingesetzt.
Das Griffbrett aus attraktiv gemasertem Palisander ist passgenau auf dem schlanken Hals aus Mahagoni verleimt. Ein sanftes Shaping erleichert das Spiel mit Barrégriffen. Das Griffbrett stellt den Raum für 20 sauber abgerichtete Bünde mit schmalen Kronen bereit. Acht reflektierende Parallelogramm-Einlagen aus Perlmutt im 1., 3., 5., 7., 9, 12., 15. und 17. Bund erregen Aufmerksamkeit, denn schon in den 40er und 50er Jahren wurden damit nur die besten Gitarren bestückt. Auch heute werten sie die Hummingbird erheblich auf. Das glänzend-weiße Perlmutt nutzt kaum ab. Eine sinnvolle Ergänzung bilden schwarze Punkteinlagen im Binding auf der Halsoberkante.
Die Original-Hummingbird überraschte bei ihrer Markteinführung mit einer ungewöhnlichen kurzen Mensur von 628,7 mm, erst 1963 gab es sie auch in einer Standardvariante. Im Allgemeinen gilt, dass die kleinere Mensur auch zur Verminderung der Saitenspannung beiträgt. Einerseits kann das Instrument dadurch leichter bespielt werden, andererseits soll die verminderte Spannkraft aber die Übertragung der hohen Frequenzen negativ beeinflussen. Unsere Hummingbird jedenfalls kommt mit der kleinen Mensur bestens klar. Dazu passt auch wunderbar der relativ dünne Hals. Der Halsumfang beträgt lediglich 11,4 cm am Sattel und 13 cm im 10. Bund. So könnte auch eine kleine Greifhand unter Umständen mit dem Daumen die dicke E- und die A-Saite greifen bzw. dämpfen.
Die sechs Saiten laufen über einen sorgfältig gearbeiteten Knochensattel mit einer Breite von 4,3 cm, im 12. Bund misst das Griffbrett 5,5 cm. Diese Maße entsprechen – heute wie damals – der Norm.
Der „Neck Joint“ befindet sich standardgerecht am 14. Bund, von dort gehen Halsfuß und Griffbrett getrennte Wege. Unser Vogel punktet mit einem flachen Halsfuß, denn die Bünde in den oberen Lagen lassen sich ohne Widerstand erschließen. Der Halsfuß wird traditionell bei der Hummingbird mit einem Schwalbenschwanz (Single-Dovetail) stabil mit dem Halsblock verzapft.
Die geschlossene Kopfplatte ist angewinkelt am Hals aus Mahagoni angesetzt. Der Winkel betrug bei der Markteinführung im Jahr 1960 noch üppige 17 Grad und ging mit einer höheren Saitenspannung einher, was zusammen einen klareren Sound produzieren sollte. Der höhere Zug verursachte aber wohl auch Schäden und Rückläufer, sodass schon 1965 der Winkel (nicht nur) bei der Hummingbird um 3 Grad reduziert wurde. Negative Auswirkungen auf das Soundbild konnte man damals jedenfalls nicht feststellen und auch unser Remake kommt mit dem kleineren Winkel offensichtlich gut klar. Die Saiten sitzen auch bei harten Anschlägen mit dem Plektrum sicher in den Kerben.
Die Kopfplatte präsentierte schon bei der Markteinführung des Originals ihr formschönes Design, das seitdem nicht mehr verändert wurde. Ihre Oberseite ist mit einem hauchdünnen schwarzen Furnier verblendet, auf dem das Gibson-Logo in einer bunten Abalone-Einlage glänzt. Im Zentrum prangt eine Crown-Einlage, die auch die alte Hummingbird an gleicher Stelle präsentierte. In den 70er Jahre wurde diese Crown-Einlage in der Nähe des Sattels platziert und auch deshalb kann man diese späteren Modelle von den wertvollen Gitarren aus den frühen 60ern unterscheiden.
Drei verchromte, geschlossene Grover-Mechaniken in Standardgröße mit griffigen Flügeln sorgen für perfekte Stimmung, und da Zahnrad und Gewindeachse durch das mit Schmierfett gefüllte Gehäuse geschützt werden, kann sich dort kein Schmutz ansammeln.
Bis etwa 1968 arbeitete Gibson allerdings noch mit dem Zulieferer Kluson aus Chicago zusammen, der ebenfalls für seine hochwertigen Mechaniken bekannt war. Auch die Stimmflügel aus Pearloid verschwanden Ende der 60er Jahre und wurden durch solche aus Metall ersetzt. Jedenfalls verrichten die leichtgängigen Mechaniken unserer Testkandidatin einen makelosen Job.
Elektronik
Die erste Hummingbird musste sich noch ohne Tonabnehmer Gehör verschaffen, auf der Bühne vermutlich mit einem Mikro. Erst 1963 stellte Barcus-Berry den ersten Piezo vor. Unser Paradiesvogel ist mit einem modernen piezokeramischen Untersatteltonabnehmer von L.R. Baggs ausgestattet, der mit dem L.R. Baggs Element Active Pre-Amp eine perfekte Symbiose bildet. Der Pre-Amp ist im Inneren des Korpus versteckt und das Bedienpaneel spartanisch mit nur einem Regler bestückt, der an der Decke im Schallloch sitzt und mit dem man die Lautstärke regeln kann. Eine Klangreglung sucht man vergeblich, aber ehrlich gesagt wird sie auch nicht vermisst. Wozu hat man einen Akustikverstärker mit einem EQ? Das Batteriefach ist am Halsblock im Innenraum aufgehängt. Der Gurtpin dient auch als Ausgangsbuchse.
Max sagt:
#1 - 07.02.2013 um 15:34 Uhr
Die Gitarre scheint interessant zu sein, der Artikel ist aber unglaublich schlecht geschrieben
bonedo_Hansi sagt:
#2 - 07.02.2013 um 17:37 Uhr
Hallo Max,
grundsätzlich sind wir für Kritik ja immer offen, aber kannst du das mal spezifizieren? Damit wäre uns echt geholfen. Viele Grüße Hansi
Frank sagt:
#3 - 14.06.2013 um 13:50 Uhr
Ein toller Test, da gibts nix zu meckern!