Die Gibson Les Paul Faded HP 2017 aus der High Performance Reihe kommt in der klassischen Kombination mit einem Korpus aus Mahagoni und einer Ahorndecke und trägt zumindest auf den ersten Blick alle Insignien, die man bei einer gestandenen Les Paul erwartet. Allerdings wäre sie nicht in der High-Performance-Reihe zuhause, wenn sie nicht zusätzlich mit weniger traditionellen Ausstattungsmerkmalen glänzen könnte.
Dazu gehören beispielsweise der etwas breitere Ahornhals mit Slim Taper Neck Shape oder das G-Force Tuning System, das schnelles Stimmen und vor allem entspanntes Umstimmen auf Open Tunings erlaubt. Wir haben die Gitarre auf dem Prüfstand gehabt und versucht herauszufinden, was Gibson außerdem noch unter High Performance versteht.
Details
Korpus
Der Korpus kommt im Worn Brown Finish, einem dunklen Braun, bei dem die Maserung sichtbar ist und durch das dezente Auftragen des Nitrolacks die leichten Unebenheiten der Oberfläche fühlbar bleiben. Das meine ich durchaus positiv! Alternativ dazu ist dieses Modell auch in Worn Cherry Finish erhältlich. Den farblichen Gegenpol zur Natur-Holz-Optik bietet die Hardware, die komplett verchromt bzw. in Chrom-Optik gehalten ist. Hier sind die üblichen Verdächtigen anzutreffen, zwei Humbucker, die Tune-O-Matic Bridge mit Titanium-Reiter für besseres Sustain, ein Stop Tailpiece, der klassische Dreiwege-Kippschalter und die vier Potis, die mit modernen Potiknöpfen in Hutform bestückt sind. Viel Wert auf sorgsamen Einbau hat man allerdings nicht gelegt, denn die Knöpfe laufen recht unrund.
Bei einer Gitarre für unter 300 Euro muss man vielleicht mit solchen Nachlässigkeiten leben, aber nicht bei einer Gibson Made in USA für mehr als 1000 Euro! Hier muss auf jeden Fall in der Fertigung und bei den Qualitätskontrollen noch ein Zahn zugelegt werden. Der Korpus kommt mit einem Ultra Modern Weight Relief, also mehreren Ausfräsungen für eine Gewichtsreduzierung, aber trotzdem legt unsere Probandin noch 3,8 kg auf die Waage.
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Pickups
Der Les Paul Faded 2017 HP hat man einen 61 Rhythm Humbucker an die Halsposition und einen 61 Lead an den Steg gesetzt. Beide Pickups sind mit Alnico V Magneten bestückt und der Hersteller bescheinigt ihnen einen klassischen Gibson-Sound, angelehnt an einen PAF-Humbucker, aber mit etwas mehr Output für modernere Styles. Über den Toggle-Switch können die Tonabnehmer einzeln (Position 1 und 3) oder gemeinsam (Position 2) geschaltet werden. Split-Möglichkeiten oder Coil-Tap ist bei unserem Testmodell nicht vorgesehen, hier gibt es lediglich die drei klassischen Grundsounds, die mit je einem Volume- und einem Tone-Regler pro Pickup eingestellt werden können.
Hals
Bei der Les Paul ist selbstverständlich der Hals mit dem Korpus verleimt, allerdings mit einer kleinen kosmetischen Korrektur am Übergang: Hier wurde etwas Holz abgetragen, um den Halsfuß abzuflachen und die hohen Lagen entspannter erreichen zu können. Die Operation kann man als gelungen bezeichnen – es fühlt sich auf jeden Fall besser an als bei der traditionellen Les Paul. Der Hals hat aber noch andere moderne Features mit auf den Weg bekommen. Wir haben es hier mit einem einteiligen Ahorn-Hals mit Palisandergriffbrett und einem asymmetrischen Slim-Taper-Shaping zu tun. Die Halsdicke nimmt nach oben nicht stark zu, außerdem hat das Griffbrett einen Compound-Radius, die Wölbung wird in den höheren Lagen etwas flacher. Alles in allem lässt sich der Hals sehr gut bespielen, vor allem für Flitzefinger, die sich gerne in den hohen Lagen aufhalten, ist dieses Shaping sehr gut geeignet. Zur Navigation gibt es Punkteinlagen im Griffbrett und an der Halsleiste. Insgesamt ist der Hals etwas breiter, der Abstand zwischen den Saiten ist zwar am Steg nicht anders als bei einer traditionellen Les Paul, aber am Sattel liegen sie etwas weiter auseinander.
Im Vergleich zu meiner Les Paul Studio, bei der die Distanz zwischen tiefer und hoher E-Saite 35,3 mm beträgt, liegt sie bei der Les Paul Faded 2017 HP bei 36,3 mm. Und auch wenn es nur ein einziger Millimeter ist, erleichtert es Spielern mit etwas breiteren Fingern das Greifen. Akkorde in tieferen Lagen lassen sich sauberer spielen und die Gefahr, dass Finger die Nachbarsaiten abdämpfen, ist geringer. Am Übergang zur Kopfplatte finden wir den Titan-Sattel mit Null-Bund, der außerdem in der Höhe verstellbar ist. Somit kann die Saitenlage komfortabel in drei Punkten (Sattel, Steg, Halsneigung) vom Besitzer selbst auf seine Bedürfnisse eingestellt werden. Ab Werk hatte das alles seine Richtigkeit, lediglich zum Polieren der Bünde hat es nicht gereicht. Die zeigen sich leider sehr kratzig, was bei einer Gitarre in diesem Preissegment auch nicht vorkommen darf. Wie alle Instrumente aus der High-Performance-Reihe ist auch die Les Paul Faded mit einem automatischen G-Force Tuning System ausgestattet.
G-Force Tuning System
Das G-Force Tuning System ist der Nachfolger des Min-eTune Systems von Tronical und schon länger auf diversen Gibsons im Einsatz. Wir haben einen speziellen Beitrag zum Umgang mit der Stimm-Automatik erstellt, den ihr hier findet:
Gibson G-Force Tuning System Workshop
Das System lässt sich einfach bedienen, man schaltet es ein, schlägt einmal leicht durch alle Saiten, die Tuner beginnen zu arbeiten, eventuell justiert man noch einmal eine oder zwei nach, wenn sie noch rot angezeigt werden, und fertig! Das geht recht fix, aber manchmal klappt es nicht auf Anhieb mit der hundertprozentigen Stimm-Genauigkeit. Dafür gibt es dann den etwas langsameren Modus, den man durch längeres Drücken des On/Off-Schalters aktiviert. In ihm wird jede Saite einzeln angeschlagen und gestimmt und das G-Force System zeigt sich wesentlich präziser – und viel länger dauert diese Prozedur auch nicht. Der große Pluspunkt automatischer Tuningsysteme ist die Geschwindigkeit, wenn man schnell auf ein Open-Tuning wechseln möchte. Von DADGAD auf Standard-Tuning dauerte es bei unserer Testgitarre im schnellen Modus gerade einmal 10:41 Sekunden! Das ist beachtlich, und auch wenn für ein perfektes Tuning noch einmal nachgestimmt werden muss, bleibt es weit kürzer als ein manuelles Stimmen. Und stressfreier ist es allemal. Es gibt eine Menge an voreingestellten Tunings in den Main Tuning Presets und die Low Tuning Presets, wenn es richtig in den Keller gehen soll. In den Grafiken seht ihr die unterschiedlichen Presets dargestellt. Die Anwahl ist recht einfach: Man drückt den On/Off-Schalter zweimal, dann kann mit den links/rechts Tastern das Tuning gewählt werden (Saitennamen-Buchstaben) und die Preset Bank (z.B. rot, grün, blau) wird mit den Up/Down-Tastern ausgesucht.