Die Gibson Les Paul Futura 2014 im bonedo-Test – Es ist wirklich kein leichtes Unterfangen, wenn man einen Klassiker im Rennstall hat, der Welt aber trotzdem etwas Neues präsentieren möchte – für den Hersteller Segen und Fluch zugleich. Man kennt es auch aus der Musikbranche. Als Kiss ohne Make Up und mit Akustikgitarren unterwegs waren und sich neu erfinden wollten, war die Resonanz nicht sonderlich groß. Als sich die vier Herren wieder in Originalbesetzung mit Masken und großer Bühnenshow zeigten und ihre Klassiker spielten, waren die größten Hallen ausverkauft. Auch in unserer Branche gibt es nur wenige Instrumente, die in der Lage sind, sich erfolgreich ständig neu zu erfinden.
Eines davon ist die Les Paul. Die meisten Gitarristen schätzen das Instrument in seiner ursprünglichen Art, mit zwei Humbuckern und ohne großen Schnickschnack. Daher wird bei Gibson in letzter Zeit nur noch leicht modifiziert, aber auch dabei setzt man gute Ideen um, ohne dafür die Tradition zu opfern. Ob der Namenszusatz Futura tatsächlich auf signifikante Änderungen hindeutet, wird unser Test zeigen.
Details
Korpus
Das Erscheinungsbild der Les Paul Futura ist auf jeden Fall ausdrucksstark. Sie kommt in kräftigen Vintage Gloss Finishes, sechs davon stehen insgesamt zur Auswahl: Plum Insane, Pacific Blue, Brillant Red, Champagne, Bullion Gold und Inverness Green, die Farbe unseres Testinstrumentes. Bei der Fertigung des Korpus gab es offensichtlich keine Experimente, Mahagoni ist nach wie vor das Holz der Wahl und den Body mit Modern Weight Relief krönt eine Ahorndecke. Auch an die Form wurde selbstverständlich keine Hand angelegt und die Bestückung präsentiert sich auf den ersten Blick wie gehabt: Zwei Pickups, vier Regler, ein Toggle Switch und eine verchromte Tune-O-Matic Bridge mit Stop Tailpiece sind auf der Korpusoberfläche zu Hause. Lediglich auf ein Schlagbrett hat man verzichtet. Schaut man aber genauer hin, erkennt man ein paar kleine Unterschiede zum traditionellen Modell. Die Potiknöpfe sind anders geformt und mit starken Einkerbungen an der Seite für mehr Grip. Gibson hat sie Black Supreme Grip Speed Knobs getauft. Auch bei den Tonabnehmern ist man andere Wege gegangen.
Pickups
Die unterschiedliche Tonabnehmer-Bestückung der Les Paul Futura fällt sofort ins Auge. Am Hals sitzt ein neues Modell aus dem Hause Gibson, ein P90H Sidewinder (Alnico V) Pickup. Der ist mit zwei Spulen bestückt, die allerdings um 90° gedreht sind, und aus seiner Mitte ragt lediglich eine Reihe Pole Pieces. Zielsetzung war ein P90-Sound ohne Brumm-Probleme. Ganz neu ist dieses Konzept nicht, es wurde früher schon erfolgreich in den Gibson Ebo und Grabber Bässen eingesetzt. Den Gegensatz dazu bildet der BB3 Humbucker (Alnico II) am Steg, im klassischen Outfit mit doppelreihig sichtbaren Polepieces und ohne verchromte Kappe. Allein das ist schon eine interessante Kombination, aber um das Ganze noch variabler zu gestalten, sind die Pickups einzeln splitbar.
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Der Splitmodus wird über die jeweiligen Volume-Regler aktiviert, die als Push/Push-Potis ausgeführt sind. Mit einem leichten Druck auf das Poti springt es nach oben und der entsprechende Pickup ist im Singlecoil-Modus. Ein weiteres Push/Push-Poti gibt es zu vermelden, nämlich den Tone-Regler des Hals-Pickups. Drückt man diesen, schaltet man in den Turbo-Modus, denn damit wird ein 15 dB Boost aktiviert. Nicht schlecht! So hat man den Solo-go-to-eleven-Schalter gleich in der Gitarre integriert. Dass dafür Energie benötigt wird, ist klar. Und die wird von einer 9V Batterie geliefert, deren Fach auf der Korpus-Rückseite zu finden ist. Im Praxisteil werden ihr sämtliche Sounds, die mit dem 3-Wege Toggle Switch und den Split-Kombinationen möglich sind, zu hören bekommen.
Hals
Der eingeleimte Hals ist bei der Les Paul Futura aus Ahorn gefertigt, auch eine kleine Veränderung zum traditionellen Mahagoni. Auf dem Palisandergriffbrett warten 22 gut polierte Bünde auf ihren Einsatz und das 60′ Slim Taper Halsprofil liegt gut in der Hand. Die Gitarre ist ab Werk in Sachen Saitenlage und Halsneigung recht gut eingestellt, lediglich das Griffbrett hätte etwas passgenauer sein können, der Hals ist am Übergang minimal breiter, man spürt eine leichte Kante an dieser Stelle. Am Übergang zur Kopfplatte sitzt ein schwarzer TekToid Sattel aus Graphit, der zur Stimmstabilität beiträgt. Zum Thema Stimmung gibt es noch ein weiteres Special zu vermelden: Was von vorne wie eine normale Kopfplatte einer Les Paul mit Vintage Perloid Stimmknöpfen aussieht, ist rückseitig betrachtet ein klarer Schritt in die Zukunft und passt zum Namen Futura. Die Gitarre ist mit einem Min-eTune System ausgestattet, das die Futura automatisch in Stimmung bringt.
Min-eTune System
Das System der deutschen Firma Tronical ist auf der Rückseite der Kopfplatte befestigt und mit den Stimm-Mechaniken verbunden. Auf Knopfdruck beginnt ein automatischer Stimmvorgang, der die Gitarre in wenigen Sekunden komplett stimmt. Die Buchstaben der Saiten werden dann grün angezeigt. Dabei sind selbstverständlich auch verschiedene Open Tunings einprogrammiert, insgesamt zwölf, es können aber auch noch sechs eigene erstellt werden. Hier eine Übersicht der verschiedenen Möglichkeiten:
So ein Selbststimm-Mechanismus ist natürlich eine schöne Sache. Zum einen geht’s in Sekundenschnelle vom Standard- in ein DADGAD-Tuning, und während die Gitarre gestimmt wird, nippt der Künstler entspannt an seinem Lieblingsgetränk. Besonders für gitarrespielende Frontleute ist diese Vorrichtung eine Erleichterung: Kurz während der Ansage des nächsten Songs auf das Knöpfchen gedrückt, und wenn der Drummer einzählt, ist die Axt wieder in Tune.
Soweit die Theorie, die man mit leichten Abstrichen bestätigen kann. Sind die Saiten eingespielt, ist die Gitarre in ca. zehn Sekunden nachgestimmt, meist reicht ein Stimmvorgang. Aber auch Nachstimmen ist kein Problem und geht recht fix. Und ein komplettes Umstimmen, zum Beispiel einen Halbton tiefer, ist ebenfalls in lediglich 20 Sekunden erledigt. Die Genauigkeit ist in Ordnung, ich habe sie mit meinem zickigen Peterson Tuner abgeglichen und kann bestätigen, dass sich die kleinen Meinungsverschiedenheiten im Millimeter-Bereich halten. Bei den Hörbeispielen habe ich die Gitarre immer mit dem Min-eTune System gestimmt, der Peterson hatte Pause.