Für die Soundfiles spiele ich zunächst direkt in ein 73er Fender Bassman Topteil und gehe von dort in die Faltung eines 4×12″ Celestion PreRola Greenbacks.
Beim trockenen Anspielen fällt sofort die tolle Schwingungsfreudigkeit und die schnelle Ansprache auf. Das Instrument liegt sehr gut in der Hand, wobei ich gestehen muss, dass mir die etwas kräftigeren Halsmaße extrem zusagen, die sicherlich auch zum Grundsound des Instrumentes beitragen. Das Gewicht ist zwar mit 3,7 kg kein Pappenstiel, aber trotzdem ist das Handling insgesamt noch relativ bequem.
Das Werks-Setup ist tadellos ausgeführt und bietet eine komfortable Saitenlage sowie perfekte Oktavreinheit, wozu der faded-matt-lackierte Hals mit einem sehr natürlichen Spielgefühl beiträgt. Eingestöpselt erhält man den typischen Sound einer guten Les Paul im 50er-Jahre-Stil, bei der man stets das Gefühl hat, es würde ein gewisser akustischer Anteil mit durchklingen. Der Sound ist mächtig und kraftvoll, kann aber durchaus leicht hohl und auch twangig in der Mittelposition werden. Der Satz “In jeder Les Paul muss auch eine Tele stecken”, mag zwar etwas übertrieben sein, aber funkig-spritzige Sounds gehen mit der Testkandidatin in der Tat sehr gut von der Hand. Jazzige Chords klingen ebenfalls sehr authentisch, was nicht verwundert, denn der Erfinder Les Paul entstammt ja schließlich auch diesem Genre.
Nun parke ich einen Wampler Tumnus vor dem Bassman und höre mir ein paar mildere Zerrsounds an. Bluesig warme „Edge-of-Break-Up”-Sounds kommen mit einer tollen Lebendigkeit und die Dynamik der Pickups überzeugt auf ganzer Linie. Mit einem etwas strafferen Attack kann die Paula in der Stegposition richtig bissige, aber trotzdem stets harmonische Midgain-Rockriffs abliefern, die an frühe Free-Platten erinnern. Auch in der Zwischenposition bleibt alles definiert und die Kombination der beiden Burstbucker liefert charakterstarke Sounds mit nasalen Mitten.
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Als Nächstes setze ich einen Marshall Plexi ein und stöpsele mich in den Input I bei gebrückten Kanälen. Die Kombination von mittigen, britischen Zerrsounds ist eine wahre Traumhochzeit mit der Les Paul. Hier erhält man kräftige, aber dennoch sehr spritzige und direkte Sounds, die sich super durchbeißen, ohne dabei zu aggressiv oder schrill zu wirken. Selbst hier hat man immer noch das Gefühl, man hört das Holz des Instrumentes durchscheinen. Die Burstbucker liefern dabei eine tolle Dynamik und ein nuanciertes Spiel sowie die Arbeit mit dem Volume-Poti werden sehr gut abgebildet. Auch die Tone-Potis ermöglichen sehr harmonisches Arbeiten über den kompletten Regelweg, sodass selbst Minimalstellungen immer noch musikalisch klingen. Eine leichte Höhenbedämpfung für jazzige Sounds klingt ebenso überzeugend wie Wah-artige oder Knopfler-mäßige Klänge im Stile von Brothers in Arms mit dem Halspickup. Das Solieren macht ebenfalls richtig Spaß, wenn man ein Freund von kräftigen Halsprofilen ist. Der Sound hat eine tolle Autorität und bringt einen starken Mittenanteil bei ausgeprägtem singendem Sustain.
Zum Abschluss setze ich einen Peavey 5150 ein und höre mir ein paar High-Gain-Sounds an. Natürlich ist eine 50er Les Paul jetzt nicht die erste Wahl für den modernen Metaller, dennoch wird sie auch hier ihrem Ruf als Allrounder gerecht. Mit hohen Zerrtexturen weiß das Instrument sehr gut umzugehen, die sie transparent mit klaren und definierten Bässen wiedergibt.
Olaf sagt:
#1 - 12.12.2023 um 22:25 Uhr
Schöner Test! Wundere mich immer, dass ich auch nach tausenden (gelesenen) Gitarrentests sowas noch lesen kann, ohne gelangweilt zu sein. Hat sicher auch was mit den Verfassern zu tun. Ein Satz ist allerdings etwas missverständlich. Ihr schreibt "auch die Verdrahtung ist traditionell gehalten". Hat die Gitarre denn ein "50s Wiring"? Weil das wäre ja meines Wissens traditionell bzw. "period correct".
Christoph sagt:
#2 - 29.03.2024 um 09:57 Uhr
Super Test, da kann ich Olaf nur zustimmen. Aber genau die Info zum 50s Wiring oder Modern Wiring habe ich ebenfalls vermisst. Gibt es denn dazu schon eine Antwort?