PRAXIS
Das Zubehör der Studio Les Paul fällt zwar etwas dünner aus, aber glücklicherweise bezieht sich das auf mehr oder weniger entbehrlichen Gimmicks wie Ersatzsaiten, Pick oder Schlüsselanhänger. Wichtig ist beispielsweise eine sichere Transportmöglichkeit, und die bietet der sehr stabile Formkoffer, der zum Lieferumfang gehört.
Allerdings wird schon beim trockenen Anspielen deutlich, dass bei unserem Testinstrument die Voreinstellung nicht ganz so sorgfältig vorgenommen wurde, wie das üblicherweise bei den preislich höher angesiedelten Paulas der Fall war, die ich bereits im Test hatte. So sind die Bünde nicht so gut poliert wie bei diesen, erst nach einigem Spielen und eventuell auch einer Justierung der Saitenlage kommt das entspannte Spielgefühl auf.
Zu Beginn des Praxisteils wollen wir zuerst eine nüchterne Bestandsaufnahme der unterschiedlichen Pickup-Kombinationen und der daraus resultierenden Soundmöglichkeiten vornehmen. Mit den Coil Tap Funktionen bietet die Studio Les Paul acht verschiedenen Variationen, die ihr in den folgenden Beispielen mit einem Cleansound hören könnt.
Der Halspickup legt auf jeden Fall ein gutes Bassfundament, recht kraftvoll bei Cleansounds, aber keinesfalls störend oder mulmig. Power haben beide Pickups, den Gainregler am Verstärker muss ich ziemlich weit zurücknehmen – im Vergleich zur 2012er Standard bringt sie einen Hauch mehr Output. Bei den gesplitteten Sounds wird der Klang im Mittenbereich entsprechend dünner, vor allem bei Clean- und Crunchsounds werden diese Variationen mit Sicherheit zum Einsatz kommen. So zum Beispiel für schlanke Funk-Rhythmsounds, die beim fetten Basiston der Les Paul normalerweise nicht so knackig kommen. Die Kombination beider Pickups ist angewählt und nur der Halspickup gesplittet.
Die Splitfunktion lässt sich auch wunderbar mit einem Mid Gain Sound einsetzen, zum Beispiel, um den Verzerrungsgrad etwas zu reduzieren. Nimmt man die “Single Coil”-Version, erhält man logischerweise einen etwas dünneren Ton, beim Tippen auf den Volume-Regler wird dann der Humbucker aktiviert und das Brett ausgefahren. Das Schöne an dieser Schaltung ist, dass man mit der Gitarre auch im Einzelspulbetrieb keinen Stress mit Nebengeräuschen hat. Hier ein Beispiel mit dem Marshall Amp bei amtlicher Zerre und dem Stegpickup, zuerst im Split-Modus, dann als Humbucker.
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Logisch, dass man sich die Frage stellt, wie denn der Sound im direkten Vergleich zur 2012er Standard ist, die ich zufälligerweise gerade zum Testen im Studio habe, oder auch zu meiner eigenen 2004er Studio. Ihr hört beide Gitarren mit demselben Amp und Sound, ich habe einfach nur das Kabel umgesteckt. Bei der Standard zuerst den Stegpickup mit Split-Funktion und dann als Humbucker, meine Studio hat keine Splitfunktion, daher gibt es da nur den Humbucker zu hören.
Die Standard klingt deutlich am fettesten und die ältere Studio hat etwas weniger Höhen. Wenn ich jetzt ganz kleinlich bin, dann fehlen mir bei der 2012er Studio ein wenig die Mitten und die Wärme im Ton, sie klingt etwas schriller, und vor allem zeigt sich die Tonübertragung der Pickups nicht so sauber wie bei der Standard Les Paul, die in diesem Bereich ein gutes Stück präziser arbeitet.
Meine anfängliche Befürchtung, dass der Halspickup bei verzerrten Sounds zu basslastig sein könnte, weil es bei den Cleansounds schon recht gewaltig aus den Boxen drückt, bestätigt sich definitiv nicht. In dieser Hinsicht gibt es keinerlei Probleme, der Tonabnehmer macht eine recht gute Figur und präsentiert sich schön knackig über meinen Marshall Amp. Bei diesen bluesig angezerrten Sounds hat der Humbucker die richtige Portion Biss. Aktiviert man die Coil Tap Funktion, wird der Sound etwas dumpfer, ebenfalls eine sehr brauchbare Variante. Ihr hört jetzt beides hintereinander, zuerst die Coil Tap Version, dann der komplette Humbucker.
Der Tone-Regler arbeitet im Vergleich zum Volume-Poti nicht linear, das bedeutet, dass sich in den oberen beiden Dritteln, also etwa von 10 bis 4 der Klang nur geringfügig verändert. Erreicht man die 3, wird es allerdings rapide dumpfer. So lässt sich eine leichte Höhenabsenkung sehr feinfühlig einstellen, was ich in Verbindung mit dem etwas spitzen Ausgangston sehr gut finde. Wer es gerne muffiger hat, der wird selbstverständlich auch bedient, denn bei zugedrehtem Klangregeler sind die Höhen stark abgesenkt. Hier ist ein Beispiel mit beiden Extremeinstellungen, Tone zuerst auf 0, dann auf 10.
Die Regelung des Verzerrungsgrades mit dem Volume-Poti macht richtig Spaß, weil die Abstimmung sehr gut gelungen ist. Der etwas dumpfere Ton des zurückgenommenen Lautstärkereglers passt perfekt für den Steg-Pickup. Damit lässt sich ein gut verzerrter Amp zum leicht dreckigen Cleansound überreden und Akkordstrummings mit aktivierter Coil Tap Funktion spielen. Dann aufdrehen, Knöpfchen drücken und Vollgas geben. Ihr hört es im nächsten Beispiel.
Der etwas spitze Grundsound der Gitarre kommt besonders gut bei High Gain und Mid Scoop Sounds. Besonders bei hoher Verzerrung setzt sich der präsente Ton sehr gut durch, vor allem bei Riffs auf den tiefen Saiten. Die Bässe kommen satt, ohne zu wummern oder undifferenziert zu klingen. So soll das sein.